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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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sie vorher nie gesehen. Sie hatte zu sagen: "Ich
kenne Dich zwar nicht, aber ich setze mein ganzes
Vertrauen in den Edelmuth Deiner Züge." Da sie
aber das Ü. wie I. sprach, so sagte sie: "Ich kenne Dich
zwar nicht, aber ich setze mein ganzes Vertrauen in
den Edelmuth Deiner Ziege." Es entstand ein großes
Gelächter.

"Dieser Fall ist abermals gar nicht schlecht, erwie¬
derte Goethe, und wir wollen ihn uns gleichfalls
merken. So auch, fuhr er fort, wird hier das G. und
K. häufig mit einander verwechselt, und statt G. -- K.
und statt K. -- G. gesprochen, wahrscheinlich abermals
aus der Ungewißheit, ob ein Buchstabe weich oder hart
sey, eine Folge der hier so beliebten Lehre. Sie werden
im hiesigen Theater wahrscheinlich sehr oft Kartenhaus
für Gartenhaus, Kasse für Gasse, klauben für glauben,
bekränzen für begrenzen, und Kunst für Gunst bereits
gehört haben, oder noch künftig hören."

Etwas Aehnliches, erwiederte ich, ist mir allerdings
vorgekommen. Ein hiesiger Schauspieler hatte zu sagen:
"Dein Gram geht mir zu Herzen." Er sprach aber
das G. wie K. und sagte sehr deutlich: "Dein Kram
geht mir zu Herzen."

"Dergleichen Verwechselungen von G. und K.,
versetzte Goethe, hören wir übrigens nicht bloß von
Schauspielern, sondern auch wohl von sehr gelehrten

III. 4

ſie vorher nie geſehen. Sie hatte zu ſagen: „Ich
kenne Dich zwar nicht, aber ich ſetze mein ganzes
Vertrauen in den Edelmuth Deiner Züge.“ Da ſie
aber das Ü. wie I. ſprach, ſo ſagte ſie: „Ich kenne Dich
zwar nicht, aber ich ſetze mein ganzes Vertrauen in
den Edelmuth Deiner Ziege.“ Es entſtand ein großes
Gelächter.

„Dieſer Fall iſt abermals gar nicht ſchlecht, erwie¬
derte Goethe, und wir wollen ihn uns gleichfalls
merken. So auch, fuhr er fort, wird hier das G. und
K. häufig mit einander verwechſelt, und ſtatt G. — K.
und ſtatt K. — G. geſprochen, wahrſcheinlich abermals
aus der Ungewißheit, ob ein Buchſtabe weich oder hart
ſey, eine Folge der hier ſo beliebten Lehre. Sie werden
im hieſigen Theater wahrſcheinlich ſehr oft Kartenhaus
für Gartenhaus, Kaſſe für Gaſſe, klauben für glauben,
bekränzen für begrenzen, und Kunſt für Gunſt bereits
gehört haben, oder noch künftig hören.“

Etwas Aehnliches, erwiederte ich, iſt mir allerdings
vorgekommen. Ein hieſiger Schauſpieler hatte zu ſagen:
„Dein Gram geht mir zu Herzen.“ Er ſprach aber
das G. wie K. und ſagte ſehr deutlich: „Dein Kram
geht mir zu Herzen.“

„Dergleichen Verwechſelungen von G. und K.,
verſetzte Goethe, hören wir übrigens nicht bloß von
Schauſpielern, ſondern auch wohl von ſehr gelehrten

III. 4
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[49/0071] ſie vorher nie geſehen. Sie hatte zu ſagen: „Ich kenne Dich zwar nicht, aber ich ſetze mein ganzes Vertrauen in den Edelmuth Deiner Züge.“ Da ſie aber das Ü. wie I. ſprach, ſo ſagte ſie: „Ich kenne Dich zwar nicht, aber ich ſetze mein ganzes Vertrauen in den Edelmuth Deiner Ziege.“ Es entſtand ein großes Gelächter. „Dieſer Fall iſt abermals gar nicht ſchlecht, erwie¬ derte Goethe, und wir wollen ihn uns gleichfalls merken. So auch, fuhr er fort, wird hier das G. und K. häufig mit einander verwechſelt, und ſtatt G. — K. und ſtatt K. — G. geſprochen, wahrſcheinlich abermals aus der Ungewißheit, ob ein Buchſtabe weich oder hart ſey, eine Folge der hier ſo beliebten Lehre. Sie werden im hieſigen Theater wahrſcheinlich ſehr oft Kartenhaus für Gartenhaus, Kaſſe für Gaſſe, klauben für glauben, bekränzen für begrenzen, und Kunſt für Gunſt bereits gehört haben, oder noch künftig hören.“ Etwas Aehnliches, erwiederte ich, iſt mir allerdings vorgekommen. Ein hieſiger Schauſpieler hatte zu ſagen: „Dein Gram geht mir zu Herzen.“ Er ſprach aber das G. wie K. und ſagte ſehr deutlich: „Dein Kram geht mir zu Herzen.“ „Dergleichen Verwechſelungen von G. und K., verſetzte Goethe, hören wir übrigens nicht bloß von Schauſpielern, ſondern auch wohl von ſehr gelehrten III. 4

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/71>, abgerufen am 23.11.2024.