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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

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lese, bin ich veranlaßt, dieses an die Seite zu legen
und mich in den Sängerkrieg auf der Wartburg zu
begeben.

"Gegen so große Ausländer, sagte Goethe, können
freylich die neueren Deutschen keine Probe halten; aber
es ist gut, daß Sie sich nach und nach mit allem In-
und Ausländischen bekannt machen, um zu sehen, wo
denn eigentlich eine höhere Weltbildung, wie sie der
Dichter bedarf, zu holen ist."

Frau von Goethe trat herein und setzte sich zu uns
an den Tisch.

"Aber nicht wahr? fuhr Goethe heiter fort, Walter
Scott's Fair maid of Perth ist gut! -- Das ist gemacht!
Das ist eine Hand! -- Im Ganzen die sichere Anlage
und im Einzelnen kein Strich, der nicht zum Ziele
führte. Und welch ein Detail! sowohl im Dialog als
in der beschreibenden Darstellung, die beyde gleich vor¬
trefflich sind. -- Seine Scenen und Situationen glei¬
chen Gemälden von Teniers; im Ganzen der Anord¬
nung zeigen sie die Höhe der Kunst, die einzelnen Figuren
haben eine sprechende Wahrheit und die Ausführung
erstreckt sich mit künstlerischer Liebe bis aufs Kleinste,
so daß uns kein Strich geschenkt wird. -- Bis wie
weit haben Sie jetzt gelesen?"

Ich bin bis zu der Stelle gekommen, sagte ich, wo
Henri Smith das schöne Zittermädchen durch Straßen
und Umwege nach Hause führt, und wo ihm zu seinem

leſe, bin ich veranlaßt, dieſes an die Seite zu legen
und mich in den Saͤngerkrieg auf der Wartburg zu
begeben.

„Gegen ſo große Auslaͤnder, ſagte Goethe, koͤnnen
freylich die neueren Deutſchen keine Probe halten; aber
es iſt gut, daß Sie ſich nach und nach mit allem In-
und Auslaͤndiſchen bekannt machen, um zu ſehen, wo
denn eigentlich eine hoͤhere Weltbildung, wie ſie der
Dichter bedarf, zu holen iſt.“

Frau von Goethe trat herein und ſetzte ſich zu uns
an den Tiſch.

„Aber nicht wahr? fuhr Goethe heiter fort, Walter
Scott's Fair maid of Perth iſt gut! — Das iſt gemacht!
Das iſt eine Hand! — Im Ganzen die ſichere Anlage
und im Einzelnen kein Strich, der nicht zum Ziele
fuͤhrte. Und welch ein Detail! ſowohl im Dialog als
in der beſchreibenden Darſtellung, die beyde gleich vor¬
trefflich ſind. — Seine Scenen und Situationen glei¬
chen Gemaͤlden von Teniers; im Ganzen der Anord¬
nung zeigen ſie die Hoͤhe der Kunſt, die einzelnen Figuren
haben eine ſprechende Wahrheit und die Ausfuͤhrung
erſtreckt ſich mit kuͤnſtleriſcher Liebe bis aufs Kleinſte,
ſo daß uns kein Strich geſchenkt wird. — Bis wie
weit haben Sie jetzt geleſen?“

Ich bin bis zu der Stelle gekommen, ſagte ich, wo
Henri Smith das ſchoͤne Zittermaͤdchen durch Straßen
und Umwege nach Hauſe fuͤhrt, und wo ihm zu ſeinem

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[15/0025] leſe, bin ich veranlaßt, dieſes an die Seite zu legen und mich in den Saͤngerkrieg auf der Wartburg zu begeben. „Gegen ſo große Auslaͤnder, ſagte Goethe, koͤnnen freylich die neueren Deutſchen keine Probe halten; aber es iſt gut, daß Sie ſich nach und nach mit allem In- und Auslaͤndiſchen bekannt machen, um zu ſehen, wo denn eigentlich eine hoͤhere Weltbildung, wie ſie der Dichter bedarf, zu holen iſt.“ Frau von Goethe trat herein und ſetzte ſich zu uns an den Tiſch. „Aber nicht wahr? fuhr Goethe heiter fort, Walter Scott's Fair maid of Perth iſt gut! — Das iſt gemacht! Das iſt eine Hand! — Im Ganzen die ſichere Anlage und im Einzelnen kein Strich, der nicht zum Ziele fuͤhrte. Und welch ein Detail! ſowohl im Dialog als in der beſchreibenden Darſtellung, die beyde gleich vor¬ trefflich ſind. — Seine Scenen und Situationen glei¬ chen Gemaͤlden von Teniers; im Ganzen der Anord¬ nung zeigen ſie die Hoͤhe der Kunſt, die einzelnen Figuren haben eine ſprechende Wahrheit und die Ausfuͤhrung erſtreckt ſich mit kuͤnſtleriſcher Liebe bis aufs Kleinſte, ſo daß uns kein Strich geſchenkt wird. — Bis wie weit haben Sie jetzt geleſen?“ Ich bin bis zu der Stelle gekommen, ſagte ich, wo Henri Smith das ſchoͤne Zittermaͤdchen durch Straßen und Umwege nach Hauſe fuͤhrt, und wo ihm zu ſeinem

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/25>, abgerufen am 23.11.2024.