Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

freylich grandios seyn muß. Sodann, wenn am Schlusse
des Stücks der Elephant herausgerufen wird, erscheint
er ganz alleine, macht seine Verbeugung und geht wie¬
der zurück. Sie sehen also, daß bey unserm Carneval
auf den Elephanten zu rechnen wäre. Aber das Ganze
ist viel zu groß und erfordert einen Regisseur wie es
deren nicht leicht giebt."

Es ist aber so voller Glanz und Wirkung, sagte
ich, daß eine Bühne es sich nicht leicht wird entgehen
lassen. Und wie es sich aufbaut und immer bedeutender
wird! Zuerst schöne Gärtnerinnen und Gärtner, die
das Theater decoriren und zugleich eine Masse bilden,
so daß es den immer bedeutender werdenden Erscheinun¬
gen nicht an Umgebung und Zuschauern mangelt. Dann,
nach dem Elephanten, das Drachengespann aus dem
Hintergrunde durch die Lüfte kommend, über den Köpfen
hervor. Ferner die Erscheinung des großen Pan und
wie zuletzt alles in scheinbarem Feuer steht und schlie߬
lich von herbeyziehenden feuchten Nebelwolken gedämpft
und gelöscht wird! -- Wenn das alles so zur Erschei¬
nung käme wie Sie es gedacht haben, das Publicum
müßte vor Erstaunen dasitzen und gestehen, daß es ihm
an Geist und Sinnen fehle, den Reichthum solcher Er¬
scheinungen würdig aufzunehmen.

"Geht nur, sagte Goethe, und laßt mir das Publi¬
cum, von dem ich nichts hören mag. Die Haupsache
ist, daß es geschrieben steht; mag nun die Welt damit

II. 11

freylich grandios ſeyn muß. Sodann, wenn am Schluſſe
des Stuͤcks der Elephant herausgerufen wird, erſcheint
er ganz alleine, macht ſeine Verbeugung und geht wie¬
der zuruͤck. Sie ſehen alſo, daß bey unſerm Carneval
auf den Elephanten zu rechnen waͤre. Aber das Ganze
iſt viel zu groß und erfordert einen Regiſſeur wie es
deren nicht leicht giebt.“

Es iſt aber ſo voller Glanz und Wirkung, ſagte
ich, daß eine Buͤhne es ſich nicht leicht wird entgehen
laſſen. Und wie es ſich aufbaut und immer bedeutender
wird! Zuerſt ſchoͤne Gaͤrtnerinnen und Gaͤrtner, die
das Theater decoriren und zugleich eine Maſſe bilden,
ſo daß es den immer bedeutender werdenden Erſcheinun¬
gen nicht an Umgebung und Zuſchauern mangelt. Dann,
nach dem Elephanten, das Drachengeſpann aus dem
Hintergrunde durch die Luͤfte kommend, uͤber den Koͤpfen
hervor. Ferner die Erſcheinung des großen Pan und
wie zuletzt alles in ſcheinbarem Feuer ſteht und ſchlie߬
lich von herbeyziehenden feuchten Nebelwolken gedaͤmpft
und geloͤſcht wird! — Wenn das alles ſo zur Erſchei¬
nung kaͤme wie Sie es gedacht haben, das Publicum
muͤßte vor Erſtaunen daſitzen und geſtehen, daß es ihm
an Geiſt und Sinnen fehle, den Reichthum ſolcher Er¬
ſcheinungen wuͤrdig aufzunehmen.

„Geht nur, ſagte Goethe, und laßt mir das Publi¬
cum, von dem ich nichts hoͤren mag. Die Haupſache
iſt, daß es geſchrieben ſteht; mag nun die Welt damit

II. 11
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="3">
        <div n="4">
          <p><pb facs="#f0171" n="161"/>
freylich grandios &#x017F;eyn muß. Sodann, wenn am Schlu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
des Stu&#x0364;cks der Elephant herausgerufen wird, er&#x017F;cheint<lb/>
er ganz alleine, macht &#x017F;eine Verbeugung und geht wie¬<lb/>
der zuru&#x0364;ck. Sie &#x017F;ehen al&#x017F;o, daß bey un&#x017F;erm Carneval<lb/>
auf den Elephanten zu rechnen wa&#x0364;re. Aber das Ganze<lb/>
i&#x017F;t viel zu groß und erfordert einen Regi&#x017F;&#x017F;eur wie es<lb/>
deren nicht leicht giebt.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t aber &#x017F;o voller Glanz und Wirkung, &#x017F;agte<lb/>
ich, daß eine Bu&#x0364;hne es &#x017F;ich nicht leicht wird entgehen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Und wie es &#x017F;ich aufbaut und immer bedeutender<lb/>
wird! Zuer&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;ne Ga&#x0364;rtnerinnen und Ga&#x0364;rtner, die<lb/>
das Theater decoriren und zugleich eine Ma&#x017F;&#x017F;e bilden,<lb/>
&#x017F;o daß es den immer bedeutender werdenden Er&#x017F;cheinun¬<lb/>
gen nicht an Umgebung und Zu&#x017F;chauern mangelt. Dann,<lb/>
nach dem Elephanten, das Drachenge&#x017F;pann aus dem<lb/>
Hintergrunde durch die Lu&#x0364;fte kommend, u&#x0364;ber den Ko&#x0364;pfen<lb/>
hervor. Ferner die Er&#x017F;cheinung des großen Pan und<lb/>
wie zuletzt alles in &#x017F;cheinbarem Feuer &#x017F;teht und &#x017F;chlie߬<lb/>
lich von herbeyziehenden feuchten Nebelwolken geda&#x0364;mpft<lb/>
und gelo&#x0364;&#x017F;cht wird! &#x2014; Wenn das alles &#x017F;o zur Er&#x017F;chei¬<lb/>
nung ka&#x0364;me wie Sie es gedacht haben, das Publicum<lb/>
mu&#x0364;ßte vor Er&#x017F;taunen da&#x017F;itzen und ge&#x017F;tehen, daß es ihm<lb/>
an Gei&#x017F;t und Sinnen fehle, den Reichthum &#x017F;olcher Er¬<lb/>
&#x017F;cheinungen wu&#x0364;rdig aufzunehmen.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Geht nur, &#x017F;agte Goethe, und laßt mir das Publi¬<lb/>
cum, von dem ich nichts ho&#x0364;ren mag. Die Haup&#x017F;ache<lb/>
i&#x017F;t, daß es ge&#x017F;chrieben &#x017F;teht; mag nun die Welt damit<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi>. 11<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0171] freylich grandios ſeyn muß. Sodann, wenn am Schluſſe des Stuͤcks der Elephant herausgerufen wird, erſcheint er ganz alleine, macht ſeine Verbeugung und geht wie¬ der zuruͤck. Sie ſehen alſo, daß bey unſerm Carneval auf den Elephanten zu rechnen waͤre. Aber das Ganze iſt viel zu groß und erfordert einen Regiſſeur wie es deren nicht leicht giebt.“ Es iſt aber ſo voller Glanz und Wirkung, ſagte ich, daß eine Buͤhne es ſich nicht leicht wird entgehen laſſen. Und wie es ſich aufbaut und immer bedeutender wird! Zuerſt ſchoͤne Gaͤrtnerinnen und Gaͤrtner, die das Theater decoriren und zugleich eine Maſſe bilden, ſo daß es den immer bedeutender werdenden Erſcheinun¬ gen nicht an Umgebung und Zuſchauern mangelt. Dann, nach dem Elephanten, das Drachengeſpann aus dem Hintergrunde durch die Luͤfte kommend, uͤber den Koͤpfen hervor. Ferner die Erſcheinung des großen Pan und wie zuletzt alles in ſcheinbarem Feuer ſteht und ſchlie߬ lich von herbeyziehenden feuchten Nebelwolken gedaͤmpft und geloͤſcht wird! — Wenn das alles ſo zur Erſchei¬ nung kaͤme wie Sie es gedacht haben, das Publicum muͤßte vor Erſtaunen daſitzen und geſtehen, daß es ihm an Geiſt und Sinnen fehle, den Reichthum ſolcher Er¬ ſcheinungen wuͤrdig aufzunehmen. „Geht nur, ſagte Goethe, und laßt mir das Publi¬ cum, von dem ich nichts hoͤren mag. Die Haupſache iſt, daß es geſchrieben ſteht; mag nun die Welt damit II. 11

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/171
Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/171>, abgerufen am 27.04.2024.