Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

lage sey, und ich habe den lustigen Einfall gehabt, ihm
eins zu machen. Ich schrieb an ihn und er war es zu¬
frieden; aber ein Pferd wollte er haben. Gut! sagte
ich, ein Pferd sollst du haben, aber eins mit Flü¬
geln. -- Sehen Sie sich einmal um, hinter Ihnen
liegt ein Papier, ich habe darauf mit einer Bleifeder
den Entwurf gemacht."

Ich nahm das Blatt und betrachtete die Zeichnung.
Das Wappen sah sehr stattlich aus und die Erfindung
mußte ich loben. Das untere Feld zeigte die Thurm¬
zinne einer Stadtmauer, um anzudeuten, daß Zelter in
früherer Zeit ein tüchtiger Maurer gewesen. Ein ge¬
flügeltes Pferd hebt sich dahinter hervor, nach höheren
Regionen strebend, wodurch sein Genius und Aufschwung
zum Höheren ausgesprochen war. Dem Wappenschilde
oben fügte sich eine Lyra auf, über welcher ein Stern
leuchtete, als ein Symbol der Kunst, wodurch der treff¬
liche Freund, unter dem Einfluß und Schutz günstiger
Gestirne, sich Ruhm erworben. Unten, dem Wappen
an, hing der Orden, womit sein König ihn beglückt
und geehrt, als Zeichen gerechter Anerkennung großer
Verdienste.

"Ich habe es von Facius stechen lassen, sagte
Goethe, und Sie sollen einen Abdruck sehen. Ist es
aber nicht artig, daß ein Freund dem andern ein Wap¬
pen macht, und ihm dadurch gleichsam den Adel giebt?"
Wir freuten uns über den heiteren Gedanken, und

lage ſey, und ich habe den luſtigen Einfall gehabt, ihm
eins zu machen. Ich ſchrieb an ihn und er war es zu¬
frieden; aber ein Pferd wollte er haben. Gut! ſagte
ich, ein Pferd ſollſt du haben, aber eins mit Fluͤ¬
geln. — Sehen Sie ſich einmal um, hinter Ihnen
liegt ein Papier, ich habe darauf mit einer Bleifeder
den Entwurf gemacht.“

Ich nahm das Blatt und betrachtete die Zeichnung.
Das Wappen ſah ſehr ſtattlich aus und die Erfindung
mußte ich loben. Das untere Feld zeigte die Thurm¬
zinne einer Stadtmauer, um anzudeuten, daß Zelter in
fruͤherer Zeit ein tuͤchtiger Maurer geweſen. Ein ge¬
fluͤgeltes Pferd hebt ſich dahinter hervor, nach hoͤheren
Regionen ſtrebend, wodurch ſein Genius und Aufſchwung
zum Hoͤheren ausgeſprochen war. Dem Wappenſchilde
oben fuͤgte ſich eine Lyra auf, uͤber welcher ein Stern
leuchtete, als ein Symbol der Kunſt, wodurch der treff¬
liche Freund, unter dem Einfluß und Schutz guͤnſtiger
Geſtirne, ſich Ruhm erworben. Unten, dem Wappen
an, hing der Orden, womit ſein Koͤnig ihn begluͤckt
und geehrt, als Zeichen gerechter Anerkennung großer
Verdienſte.

„Ich habe es von Facius ſtechen laſſen, ſagte
Goethe, und Sie ſollen einen Abdruck ſehen. Iſt es
aber nicht artig, daß ein Freund dem andern ein Wap¬
pen macht, und ihm dadurch gleichſam den Adel giebt?“
Wir freuten uns uͤber den heiteren Gedanken, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="3">
        <div n="4">
          <p><pb facs="#f0116" n="106"/>
lage &#x017F;ey, und ich habe den lu&#x017F;tigen Einfall gehabt, ihm<lb/>
eins zu machen. Ich &#x017F;chrieb an ihn und er war es zu¬<lb/>
frieden; aber ein Pferd wollte er haben. Gut! &#x017F;agte<lb/>
ich, ein Pferd &#x017F;oll&#x017F;t du haben, aber eins mit Flu&#x0364;¬<lb/>
geln. &#x2014; Sehen Sie &#x017F;ich einmal um, hinter Ihnen<lb/>
liegt ein Papier, ich habe darauf mit einer Bleifeder<lb/>
den Entwurf gemacht.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Ich nahm das Blatt und betrachtete die Zeichnung.<lb/>
Das Wappen &#x017F;ah &#x017F;ehr &#x017F;tattlich aus und die Erfindung<lb/>
mußte ich loben. Das untere Feld zeigte die Thurm¬<lb/>
zinne einer Stadtmauer, um anzudeuten, daß Zelter in<lb/>
fru&#x0364;herer Zeit ein tu&#x0364;chtiger Maurer gewe&#x017F;en. Ein ge¬<lb/>
flu&#x0364;geltes Pferd hebt &#x017F;ich dahinter hervor, nach ho&#x0364;heren<lb/>
Regionen &#x017F;trebend, wodurch &#x017F;ein Genius und Auf&#x017F;chwung<lb/>
zum Ho&#x0364;heren ausge&#x017F;prochen war. Dem Wappen&#x017F;childe<lb/>
oben fu&#x0364;gte &#x017F;ich eine Lyra auf, u&#x0364;ber welcher ein Stern<lb/>
leuchtete, als ein Symbol der Kun&#x017F;t, wodurch der treff¬<lb/>
liche Freund, unter dem Einfluß und Schutz gu&#x0364;n&#x017F;tiger<lb/>
Ge&#x017F;tirne, &#x017F;ich Ruhm erworben. Unten, dem Wappen<lb/>
an, hing der Orden, womit &#x017F;ein Ko&#x0364;nig ihn beglu&#x0364;ckt<lb/>
und geehrt, als Zeichen gerechter Anerkennung großer<lb/>
Verdien&#x017F;te.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ich habe es von <hi rendition="#g">Facius</hi> &#x017F;techen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;agte<lb/>
Goethe, und Sie &#x017F;ollen einen Abdruck &#x017F;ehen. I&#x017F;t es<lb/>
aber nicht artig, daß ein Freund dem andern ein Wap¬<lb/>
pen macht, und ihm dadurch gleich&#x017F;am den Adel giebt?&#x201C;<lb/>
Wir freuten uns u&#x0364;ber den heiteren Gedanken, und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0116] lage ſey, und ich habe den luſtigen Einfall gehabt, ihm eins zu machen. Ich ſchrieb an ihn und er war es zu¬ frieden; aber ein Pferd wollte er haben. Gut! ſagte ich, ein Pferd ſollſt du haben, aber eins mit Fluͤ¬ geln. — Sehen Sie ſich einmal um, hinter Ihnen liegt ein Papier, ich habe darauf mit einer Bleifeder den Entwurf gemacht.“ Ich nahm das Blatt und betrachtete die Zeichnung. Das Wappen ſah ſehr ſtattlich aus und die Erfindung mußte ich loben. Das untere Feld zeigte die Thurm¬ zinne einer Stadtmauer, um anzudeuten, daß Zelter in fruͤherer Zeit ein tuͤchtiger Maurer geweſen. Ein ge¬ fluͤgeltes Pferd hebt ſich dahinter hervor, nach hoͤheren Regionen ſtrebend, wodurch ſein Genius und Aufſchwung zum Hoͤheren ausgeſprochen war. Dem Wappenſchilde oben fuͤgte ſich eine Lyra auf, uͤber welcher ein Stern leuchtete, als ein Symbol der Kunſt, wodurch der treff¬ liche Freund, unter dem Einfluß und Schutz guͤnſtiger Geſtirne, ſich Ruhm erworben. Unten, dem Wappen an, hing der Orden, womit ſein Koͤnig ihn begluͤckt und geehrt, als Zeichen gerechter Anerkennung großer Verdienſte. „Ich habe es von Facius ſtechen laſſen, ſagte Goethe, und Sie ſollen einen Abdruck ſehen. Iſt es aber nicht artig, daß ein Freund dem andern ein Wap¬ pen macht, und ihm dadurch gleichſam den Adel giebt?“ Wir freuten uns uͤber den heiteren Gedanken, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/116
Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/116>, abgerufen am 27.04.2024.