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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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tes machen. Alle eigenen Erfindungen dagegen erfor¬
dern sehr viel und sind eine schwere Sache."

Hieran knüpften sich manche Betrachtungen über
die Productionen unserer neuesten jungen Dichter und
es ward bemerkt, daß fast keiner von ihnen mit einer
guten Prosa aufgetreten.

"Die Sache ist sehr einfach, sagte Goethe. Um
Prosa zu schreiben, muß man etwas zu sagen haben;
wer aber nichts zu sagen hat, der kann doch Verse und
Reime machen, wo denn ein Wort das andere giebt
und zuletzt etwas herauskommt, das zwar nichts ist
aber doch aussieht, als wäre es was."


Bey Goethe zu Tisch. "In diesen Tagen, seit ich
Sie nicht gesehen, sagte er, habe ich vieles und man¬
cherley gelesen, besonders auch einen chinesischen Roman,
der mich noch beschäftiget und der mir im hohen Grade
merkwürdig erscheint." Chinesischen Roman? sagte ich,
der muß wohl sehr fremdartig aussehen. "Nicht so
sehr als man glauben sollte, sagte Goethe. Die Men¬
schen denken handeln und empfinden fast eben so wie
wir und man fühlt sich sehr bald als ihres Gleichen
nur daß bey ihnen alles klarer, reinlicher und sittlicher
zugeht. Es ist bey ihnen alles verständig, bürgerlich,

tes machen. Alle eigenen Erfindungen dagegen erfor¬
dern ſehr viel und ſind eine ſchwere Sache.“

Hieran knuͤpften ſich manche Betrachtungen uͤber
die Productionen unſerer neueſten jungen Dichter und
es ward bemerkt, daß faſt keiner von ihnen mit einer
guten Proſa aufgetreten.

„Die Sache iſt ſehr einfach, ſagte Goethe. Um
Proſa zu ſchreiben, muß man etwas zu ſagen haben;
wer aber nichts zu ſagen hat, der kann doch Verſe und
Reime machen, wo denn ein Wort das andere giebt
und zuletzt etwas herauskommt, das zwar nichts iſt
aber doch ausſieht, als waͤre es was.“


Bey Goethe zu Tiſch. „In dieſen Tagen, ſeit ich
Sie nicht geſehen, ſagte er, habe ich vieles und man¬
cherley geleſen, beſonders auch einen chineſiſchen Roman,
der mich noch beſchaͤftiget und der mir im hohen Grade
merkwuͤrdig erſcheint.“ Chineſiſchen Roman? ſagte ich,
der muß wohl ſehr fremdartig ausſehen. „Nicht ſo
ſehr als man glauben ſollte, ſagte Goethe. Die Men¬
ſchen denken handeln und empfinden faſt eben ſo wie
wir und man fuͤhlt ſich ſehr bald als ihres Gleichen
nur daß bey ihnen alles klarer, reinlicher und ſittlicher
zugeht. Es iſt bey ihnen alles verſtaͤndig, buͤrgerlich,

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[322/0342] tes machen. Alle eigenen Erfindungen dagegen erfor¬ dern ſehr viel und ſind eine ſchwere Sache.“ Hieran knuͤpften ſich manche Betrachtungen uͤber die Productionen unſerer neueſten jungen Dichter und es ward bemerkt, daß faſt keiner von ihnen mit einer guten Proſa aufgetreten. „Die Sache iſt ſehr einfach, ſagte Goethe. Um Proſa zu ſchreiben, muß man etwas zu ſagen haben; wer aber nichts zu ſagen hat, der kann doch Verſe und Reime machen, wo denn ein Wort das andere giebt und zuletzt etwas herauskommt, das zwar nichts iſt aber doch ausſieht, als waͤre es was.“ Mittwoch den 31. Januar 1827. Bey Goethe zu Tiſch. „In dieſen Tagen, ſeit ich Sie nicht geſehen, ſagte er, habe ich vieles und man¬ cherley geleſen, beſonders auch einen chineſiſchen Roman, der mich noch beſchaͤftiget und der mir im hohen Grade merkwuͤrdig erſcheint.“ Chineſiſchen Roman? ſagte ich, der muß wohl ſehr fremdartig ausſehen. „Nicht ſo ſehr als man glauben ſollte, ſagte Goethe. Die Men¬ ſchen denken handeln und empfinden faſt eben ſo wie wir und man fuͤhlt ſich ſehr bald als ihres Gleichen nur daß bey ihnen alles klarer, reinlicher und ſittlicher zugeht. Es iſt bey ihnen alles verſtaͤndig, buͤrgerlich,

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/342>, abgerufen am 23.11.2024.