zu rächen. Dieselben würden ihm Truppen übergeben, mit denen er, um das Vertrauen der Bürger vollkommen zu erwerben, einige glückliche Ausfälle zu machen gedenke. Endlich wolle er sich die Schlüssel der Thore verschaffen und mit denselben die Pforte der Semiramis seinen Freun- den öffnen.
Diese in scherzhaftem Ton gesprochenen Worte und der traurige Anblick seines einst so schönen Freundes rührten den König bis zu Thränen; als aber die beinah' unein- nehmbare Festung durch die List des Zopyros in der That erobert worden war, rief er aus: "Jch würde hundert Babylon hingeben, wenn sich mein Zopyros nicht also ver- stümmelt hätte!"
Dann ernannte er den Freund zum Herrn der Riesenstadt, überließ ihm die ganzen Einkünfte dersel- ben und beehrte ihn alljährlich mit den seltensten Ge- schenken. Jn später Zeit pflegte er noch zu sagen, daß, außer Kyros, mit dem kein Mensch verglichen werden könne, Niemand eine so edle That als Zopyros begangen habe 183).
Wenige Herrscher konnten sich so opferwilliger Freunde rühmen, als Darius, weil Wenige gleich ihm Dankbarkeit zu üben verstanden.
Als Syloson, der Bruder des gemordeten Polykrates, eines Tags nach Susa kam und ihn daran erinnerte, welche Dienste er ihm erwiesen habe, empfing Darius denselben als seinen Freund, stellte ihm viele Schiffe und Soldaten zur Verfügung und half ihm, sich der Herrschaft über die Samier zu bemächtigen.
Die Jnselbewohner wehrten sich verzweifelt gegen die fremden Kriegsvölker des neuen Tyrannen und sagten, als sie sich endlich ergeben mußten:
zu rächen. Dieſelben würden ihm Truppen übergeben, mit denen er, um das Vertrauen der Bürger vollkommen zu erwerben, einige glückliche Ausfälle zu machen gedenke. Endlich wolle er ſich die Schlüſſel der Thore verſchaffen und mit denſelben die Pforte der Semiramis ſeinen Freun- den öffnen.
Dieſe in ſcherzhaftem Ton geſprochenen Worte und der traurige Anblick ſeines einſt ſo ſchönen Freundes rührten den König bis zu Thränen; als aber die beinah’ unein- nehmbare Feſtung durch die Liſt des Zopyros in der That erobert worden war, rief er aus: „Jch würde hundert Babylon hingeben, wenn ſich mein Zopyros nicht alſo ver- ſtümmelt hätte!“
Dann ernannte er den Freund zum Herrn der Rieſenſtadt, überließ ihm die ganzen Einkünfte derſel- ben und beehrte ihn alljährlich mit den ſeltenſten Ge- ſchenken. Jn ſpäter Zeit pflegte er noch zu ſagen, daß, außer Kyros, mit dem kein Menſch verglichen werden könne, Niemand eine ſo edle That als Zopyros begangen habe 183).
Wenige Herrſcher konnten ſich ſo opferwilliger Freunde rühmen, als Darius, weil Wenige gleich ihm Dankbarkeit zu üben verſtanden.
Als Syloſon, der Bruder des gemordeten Polykrates, eines Tags nach Suſa kam und ihn daran erinnerte, welche Dienſte er ihm erwieſen habe, empfing Darius denſelben als ſeinen Freund, ſtellte ihm viele Schiffe und Soldaten zur Verfügung und half ihm, ſich der Herrſchaft über die Samier zu bemächtigen.
Die Jnſelbewohner wehrten ſich verzweifelt gegen die fremden Kriegsvölker des neuen Tyrannen und ſagten, als ſie ſich endlich ergeben mußten:
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zu rächen. Dieſelben würden ihm Truppen übergeben,
mit denen er, um das Vertrauen der Bürger vollkommen
zu erwerben, einige glückliche Ausfälle zu machen gedenke.
Endlich wolle er ſich die Schlüſſel der Thore verſchaffen
und mit denſelben die Pforte der Semiramis ſeinen Freun-
den öffnen.
Dieſe in ſcherzhaftem Ton geſprochenen Worte und
der traurige Anblick ſeines einſt ſo ſchönen Freundes rührten
den König bis zu Thränen; als aber die beinah’ unein-
nehmbare Feſtung durch die Liſt des Zopyros in der That
erobert worden war, rief er aus: „Jch würde hundert
Babylon hingeben, wenn ſich mein Zopyros nicht alſo ver-
ſtümmelt hätte!“
Dann ernannte er den Freund zum Herrn der
Rieſenſtadt, überließ ihm die ganzen Einkünfte derſel-
ben und beehrte ihn alljährlich mit den ſeltenſten Ge-
ſchenken. Jn ſpäter Zeit pflegte er noch zu ſagen, daß,
außer Kyros, mit dem kein Menſch verglichen werden
könne, Niemand eine ſo edle That als Zopyros begangen
habe 183).
Wenige Herrſcher konnten ſich ſo opferwilliger Freunde
rühmen, als Darius, weil Wenige gleich ihm Dankbarkeit
zu üben verſtanden.
Als Syloſon, der Bruder des gemordeten Polykrates,
eines Tags nach Suſa kam und ihn daran erinnerte,
welche Dienſte er ihm erwieſen habe, empfing Darius
denſelben als ſeinen Freund, ſtellte ihm viele Schiffe und
Soldaten zur Verfügung und half ihm, ſich der Herrſchaft
über die Samier zu bemächtigen.
Die Jnſelbewohner wehrten ſich verzweifelt gegen die
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/277>, abgerufen am 16.07.2024.
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