Wahnsinn entzog ihm die Ehrfurcht seiner Unterthanen, während die Kunde, daß er Tausende von Landeskindern, aus bloßem Uebermuth, einem sichern Tode in der äthio- pischen und libyschen Wüste preisgegeben habe, den auf- gebrachten Asiaten einen Haß einflößte, der, von den mäch- tigen Magiern genährt und geschürt, sehr bald, erst die Meder und Assyrer, dann aber auch die Perser zum Ab- fall und zur offenen Empörung reizte.
Der von Kambyses zum Statthalter eingesetzte ehr- geizige Oberpriester Oropastes stellte sich in eigennütziger Absicht an die Spitze dieser Bewegung, schmeichelte dem Volke durch den Erlaß von Steuern, große Geschenke und noch größere Versprechungen, und versuchte endlich, als er sah, wie dankbar man seine Milde anerkannte, durch einen Betrug die persische Königskrone für sein Haus zu ge- winnen.
Eingedenk der wunderbaren Aehnlichkeit seines der Ohren beraubten Bruders Gaumata mit Bartja, dem Sohne des Kyros, faßte er, sobald er Kunde von dem Verschwinden des allen Persern so theuren Jünglings er- halten hatte, den Entschluß, Gaumata für den Gemorde- ten auszugeben, und denselben an Stelle des Kambyses auf den Thron zu setzen. Diese List gelang um so leichter, je verhaßter der wahnsinnige König im ganzen Reiche ge- worden war, mit je größerer Liebe dasselbe an Bart- ja hing.
Als endlich zahlreiche Boten des Oropastes alle Pro- vinzen des Landes bereisten und den unzufriedenen Bür- gern die Nachricht brachten, der jüngere Sohn des Kyros befinde sich, trotz des entgegengesetzten Gerüchtes, noch am Leben, sei von seinem Bruder abgefallen, habe den Thron seines Vaters bestiegen und gewähre allen Unterthanen
Wahnſinn entzog ihm die Ehrfurcht ſeiner Unterthanen, während die Kunde, daß er Tauſende von Landeskindern, aus bloßem Uebermuth, einem ſichern Tode in der äthio- piſchen und libyſchen Wüſte preisgegeben habe, den auf- gebrachten Aſiaten einen Haß einflößte, der, von den mäch- tigen Magiern genährt und geſchürt, ſehr bald, erſt die Meder und Aſſyrer, dann aber auch die Perſer zum Ab- fall und zur offenen Empörung reizte.
Der von Kambyſes zum Statthalter eingeſetzte ehr- geizige Oberprieſter Oropaſtes ſtellte ſich in eigennütziger Abſicht an die Spitze dieſer Bewegung, ſchmeichelte dem Volke durch den Erlaß von Steuern, große Geſchenke und noch größere Verſprechungen, und verſuchte endlich, als er ſah, wie dankbar man ſeine Milde anerkannte, durch einen Betrug die perſiſche Königskrone für ſein Haus zu ge- winnen.
Eingedenk der wunderbaren Aehnlichkeit ſeines der Ohren beraubten Bruders Gaumata mit Bartja, dem Sohne des Kyros, faßte er, ſobald er Kunde von dem Verſchwinden des allen Perſern ſo theuren Jünglings er- halten hatte, den Entſchluß, Gaumata für den Gemorde- ten auszugeben, und denſelben an Stelle des Kambyſes auf den Thron zu ſetzen. Dieſe Liſt gelang um ſo leichter, je verhaßter der wahnſinnige König im ganzen Reiche ge- worden war, mit je größerer Liebe daſſelbe an Bart- ja hing.
Als endlich zahlreiche Boten des Oropaſtes alle Pro- vinzen des Landes bereisten und den unzufriedenen Bür- gern die Nachricht brachten, der jüngere Sohn des Kyros befinde ſich, trotz des entgegengeſetzten Gerüchtes, noch am Leben, ſei von ſeinem Bruder abgefallen, habe den Thron ſeines Vaters beſtiegen und gewähre allen Unterthanen
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Wahnſinn entzog ihm die Ehrfurcht ſeiner Unterthanen,
während die Kunde, daß er Tauſende von Landeskindern,
aus bloßem Uebermuth, einem ſichern Tode in der äthio-
piſchen und libyſchen Wüſte preisgegeben habe, den auf-
gebrachten Aſiaten einen Haß einflößte, der, von den mäch-
tigen Magiern genährt und geſchürt, ſehr bald, erſt die
Meder und Aſſyrer, dann aber auch die Perſer zum Ab-
fall und zur offenen Empörung reizte.
Der von Kambyſes zum Statthalter eingeſetzte ehr-
geizige Oberprieſter Oropaſtes ſtellte ſich in eigennütziger
Abſicht an die Spitze dieſer Bewegung, ſchmeichelte dem
Volke durch den Erlaß von Steuern, große Geſchenke und
noch größere Verſprechungen, und verſuchte endlich, als er
ſah, wie dankbar man ſeine Milde anerkannte, durch einen
Betrug die perſiſche Königskrone für ſein Haus zu ge-
winnen.
Eingedenk der wunderbaren Aehnlichkeit ſeines der
Ohren beraubten Bruders Gaumata mit Bartja, dem
Sohne des Kyros, faßte er, ſobald er Kunde von dem
Verſchwinden des allen Perſern ſo theuren Jünglings er-
halten hatte, den Entſchluß, Gaumata für den Gemorde-
ten auszugeben, und denſelben an Stelle des Kambyſes
auf den Thron zu ſetzen. Dieſe Liſt gelang um ſo leichter,
je verhaßter der wahnſinnige König im ganzen Reiche ge-
worden war, mit je größerer Liebe daſſelbe an Bart-
ja hing.
Als endlich zahlreiche Boten des Oropaſtes alle Pro-
vinzen des Landes bereisten und den unzufriedenen Bür-
gern die Nachricht brachten, der jüngere Sohn des Kyros
befinde ſich, trotz des entgegengeſetzten Gerüchtes, noch am
Leben, ſei von ſeinem Bruder abgefallen, habe den Thron
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/260>, abgerufen am 25.02.2025.
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