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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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Zehntes Kapitel.


Hier könnten wir diese Erzählung beschließen, wenn
wir nicht dem Leser einen Bericht von dem physischen Ende
des geistig schon längst untergegangenen Kambyses und
dem ferneren Schicksale einiger Nebenpersonen dieser Ge-
schichte geben zu müssen glaubten.

Kurze Zeit nach der Abreise der Königinnen kam die
Kunde nach Naukratis, der Satrap von Lydien, Oroetes,
habe seinen alten Feind Polykrates durch List nach Sardes
gelockt und an's Kreuz schlagen lassen *). Somit war
das traurige Ende, welches Amasis dem Tyrannen vor-
ausgesagt hatte, zur Wahrheit geworden. Der Satrap
hatte diese That ohne den Willen des Königs kühnlich
begangen, weil im medischen Reiche Veränderungen einge-
treten waren, welche die Dynastie der Achämeniden zu
stürzen drohten 166).

Der lange Aufenthalt des Königs in einem fernen
Lande hatte die Furcht geschwächt oder gebrochen, welche
sein bloßer Name in früherer Zeit allen zum Widerstande
Geneigten einzuflößen pflegte. Die Nachricht von seinem

*) Siehe III. Theil. Anmerk. 42.
Zehntes Kapitel.


Hier könnten wir dieſe Erzählung beſchließen, wenn
wir nicht dem Leſer einen Bericht von dem phyſiſchen Ende
des geiſtig ſchon längſt untergegangenen Kambyſes und
dem ferneren Schickſale einiger Nebenperſonen dieſer Ge-
ſchichte geben zu müſſen glaubten.

Kurze Zeit nach der Abreiſe der Königinnen kam die
Kunde nach Naukratis, der Satrap von Lydien, Oroetes,
habe ſeinen alten Feind Polykrates durch Liſt nach Sardes
gelockt und an’s Kreuz ſchlagen laſſen *). Somit war
das traurige Ende, welches Amaſis dem Tyrannen vor-
ausgeſagt hatte, zur Wahrheit geworden. Der Satrap
hatte dieſe That ohne den Willen des Königs kühnlich
begangen, weil im mediſchen Reiche Veränderungen einge-
treten waren, welche die Dynaſtie der Achämeniden zu
ſtürzen drohten 166).

Der lange Aufenthalt des Königs in einem fernen
Lande hatte die Furcht geſchwächt oder gebrochen, welche
ſein bloßer Name in früherer Zeit allen zum Widerſtande
Geneigten einzuflößen pflegte. Die Nachricht von ſeinem

*) Siehe III. Theil. Anmerk. 42.
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[[249]/0259] Zehntes Kapitel. Hier könnten wir dieſe Erzählung beſchließen, wenn wir nicht dem Leſer einen Bericht von dem phyſiſchen Ende des geiſtig ſchon längſt untergegangenen Kambyſes und dem ferneren Schickſale einiger Nebenperſonen dieſer Ge- ſchichte geben zu müſſen glaubten. Kurze Zeit nach der Abreiſe der Königinnen kam die Kunde nach Naukratis, der Satrap von Lydien, Oroetes, habe ſeinen alten Feind Polykrates durch Liſt nach Sardes gelockt und an’s Kreuz ſchlagen laſſen *). Somit war das traurige Ende, welches Amaſis dem Tyrannen vor- ausgeſagt hatte, zur Wahrheit geworden. Der Satrap hatte dieſe That ohne den Willen des Königs kühnlich begangen, weil im mediſchen Reiche Veränderungen einge- treten waren, welche die Dynaſtie der Achämeniden zu ſtürzen drohten 166). Der lange Aufenthalt des Königs in einem fernen Lande hatte die Furcht geſchwächt oder gebrochen, welche ſein bloßer Name in früherer Zeit allen zum Widerſtande Geneigten einzuflößen pflegte. Die Nachricht von ſeinem *) Siehe III. Theil. Anmerk. 42.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. [249]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/259>, abgerufen am 20.05.2024.