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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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derselben vorbereiten. Wenn die Stunde da ist, und sie
kann nicht fern sein, so werde ich weder meinen Arm, noch
meinen Rath Denen vorenthalten, die mich bezüchtigen, um
meiner persönlichen Rache willen, die Sicherheit Griechen-
lands gefährdet zu haben.

"Wohl kann es geschehen, daß die Perser, nach der
Eroberung von Aegypten, versuchen werden, sich zu Herren
aller Länder, die das Meer bespült, zu machen; und ich
gestehe, daß ich diese Möglichkeit, als ich Kambyses zum
Nile führte, wohl erwogen hatte.

"Trotzdem nenne ich mich den wärmsten Freund der
Hellenen, denn ich bin der Meinung, daß ihre Einheit
und Freiheit nur durch einen großen, ihre Selbstständig-
keit bedrohenden Krieg gefördert werden kann. Wenn die
asiatischen Horden heranziehen, dann wird, wie weiland
zum Rachezuge gegen Troja, ganz Griechenland zusammen-
strömen, und die spartanische Kraft und Strenge vereint
mit der attischen Rührigkeit des Körpers und Geistes die
Barbaren vernichten, und Hellas, durch den Sieg über
scheinbar unbezwingliche Feinde, zum vollen Bewußtsein
seines Werthes und seiner Kraft gelangt, die schönste
Blüte entwickeln.

"Glaube meiner Erfahrung und meiner Kenntniß
beider Theile, wenn ich Dich versichere, daß die ganze
Heeresmacht des Kambyses, welche zum größten Theile
mit Schlägen in den Kampf gejagt werden muß, nicht im
Stande sein wird, der Begeisterung des geistig und körper-
lich begabtesten und geübtesten aller Völker die Spitze
zu bieten.

"Sollte jener Kampf entbrennen, so wird es sich um
mehr als Ruhm und Länderbesitz handeln! Die letzte
Schlacht in diesem furchtbaren Kriege wird vielmehr ent-

derſelben vorbereiten. Wenn die Stunde da iſt, und ſie
kann nicht fern ſein, ſo werde ich weder meinen Arm, noch
meinen Rath Denen vorenthalten, die mich bezüchtigen, um
meiner perſönlichen Rache willen, die Sicherheit Griechen-
lands gefährdet zu haben.

„Wohl kann es geſchehen, daß die Perſer, nach der
Eroberung von Aegypten, verſuchen werden, ſich zu Herren
aller Länder, die das Meer beſpült, zu machen; und ich
geſtehe, daß ich dieſe Möglichkeit, als ich Kambyſes zum
Nile führte, wohl erwogen hatte.

„Trotzdem nenne ich mich den wärmſten Freund der
Hellenen, denn ich bin der Meinung, daß ihre Einheit
und Freiheit nur durch einen großen, ihre Selbſtſtändig-
keit bedrohenden Krieg gefördert werden kann. Wenn die
aſiatiſchen Horden heranziehen, dann wird, wie weiland
zum Rachezuge gegen Troja, ganz Griechenland zuſammen-
ſtrömen, und die ſpartaniſche Kraft und Strenge vereint
mit der attiſchen Rührigkeit des Körpers und Geiſtes die
Barbaren vernichten, und Hellas, durch den Sieg über
ſcheinbar unbezwingliche Feinde, zum vollen Bewußtſein
ſeines Werthes und ſeiner Kraft gelangt, die ſchönſte
Blüte entwickeln.

„Glaube meiner Erfahrung und meiner Kenntniß
beider Theile, wenn ich Dich verſichere, daß die ganze
Heeresmacht des Kambyſes, welche zum größten Theile
mit Schlägen in den Kampf gejagt werden muß, nicht im
Stande ſein wird, der Begeiſterung des geiſtig und körper-
lich begabteſten und geübteſten aller Völker die Spitze
zu bieten.

„Sollte jener Kampf entbrennen, ſo wird es ſich um
mehr als Ruhm und Länderbeſitz handeln! Die letzte
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[246/0256] derſelben vorbereiten. Wenn die Stunde da iſt, und ſie kann nicht fern ſein, ſo werde ich weder meinen Arm, noch meinen Rath Denen vorenthalten, die mich bezüchtigen, um meiner perſönlichen Rache willen, die Sicherheit Griechen- lands gefährdet zu haben. „Wohl kann es geſchehen, daß die Perſer, nach der Eroberung von Aegypten, verſuchen werden, ſich zu Herren aller Länder, die das Meer beſpült, zu machen; und ich geſtehe, daß ich dieſe Möglichkeit, als ich Kambyſes zum Nile führte, wohl erwogen hatte. „Trotzdem nenne ich mich den wärmſten Freund der Hellenen, denn ich bin der Meinung, daß ihre Einheit und Freiheit nur durch einen großen, ihre Selbſtſtändig- keit bedrohenden Krieg gefördert werden kann. Wenn die aſiatiſchen Horden heranziehen, dann wird, wie weiland zum Rachezuge gegen Troja, ganz Griechenland zuſammen- ſtrömen, und die ſpartaniſche Kraft und Strenge vereint mit der attiſchen Rührigkeit des Körpers und Geiſtes die Barbaren vernichten, und Hellas, durch den Sieg über ſcheinbar unbezwingliche Feinde, zum vollen Bewußtſein ſeines Werthes und ſeiner Kraft gelangt, die ſchönſte Blüte entwickeln. „Glaube meiner Erfahrung und meiner Kenntniß beider Theile, wenn ich Dich verſichere, daß die ganze Heeresmacht des Kambyſes, welche zum größten Theile mit Schlägen in den Kampf gejagt werden muß, nicht im Stande ſein wird, der Begeiſterung des geiſtig und körper- lich begabteſten und geübteſten aller Völker die Spitze zu bieten. „Sollte jener Kampf entbrennen, ſo wird es ſich um mehr als Ruhm und Länderbeſitz handeln! Die letzte Schlacht in dieſem furchtbaren Kriege wird vielmehr ent-

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/256>, abgerufen am 20.05.2024.