Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864."Wie oft hab' ich jenen Sturm gesegnet, der das "Wenn Du trotz dieses Berichtes meinen solltest, daß "Pisistratus war schon, als ich Aegypten verließ, ge- "Sollte es den Athenern nicht gelingen, diese zu stür- *) Siehe I. Theil. Jm Text.
„Wie oft hab’ ich jenen Sturm geſegnet, der das „Wenn Du trotz dieſes Berichtes meinen ſollteſt, daß „Piſiſtratus war ſchon, als ich Aegypten verließ, ge- „Sollte es den Athenern nicht gelingen, dieſe zu ſtür- *) Siehe I. Theil. Jm Text.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0255" n="245"/> <p>„Wie oft hab’ ich jenen Sturm geſegnet, der das<lb/> Schiff des Dir bekannten Oinophilos (derſelbe iſt jüngſt<lb/> zu Sybaris während eines Gaſtmahls in ſeinem Hauſe<lb/> plötzlich geſtorben) im Angeſicht des Hafens von Kroton<lb/> ſcheitern ließ.</p><lb/> <p>„Wenn Du trotz dieſes Berichtes meinen ſollteſt, daß<lb/> ich mein früheres thatenreiches Leben zurückwünſche, ſo irrſt<lb/> Du. Als ich Naukratis verließ, fühlte ich mich geiſtig<lb/> und körperlich zu krank und ſchwach, um meinem Vater-<lb/> lande nützen zu können. Jetzt, wo mich eine weit höhere,<lb/> als die alte Geſundheit durchdringt, folge ich den Ereig-<lb/> niſſen in Hellas mit der höchſten Theilnahme und bin der<lb/> Anſicht, daß ſich Alles zum Beſten wendet.</p><lb/> <p>„Piſiſtratus war ſchon, als ich Aegypten verließ, ge-<lb/> ſtorben, und die Athener müßten keine Athener ſein, das<lb/> heißt, ſie müßten ihren unwiderſtehlichen Drang nach Frei-<lb/> heit verloren haben, wenn ſie die Gewaltherrſchaft des<lb/> Hippias und Hipparchos lange ertragen würden. Der<lb/> verſtorbene Tyrann war ſo hochbegabt <note place="foot" n="*)">Siehe <hi rendition="#aq">I.</hi> Theil. Jm Text.</note>, ſo maßvoll und<lb/> milde, verſtand es ſo gut, dem Volke zu ſchmeicheln und<lb/> ſeiner Eitelkeit durch Prachtbauten und die Berufung der<lb/> bedeutendſten Geiſter Griechenlands genug zu thun, daß er,<lb/> der ſogar die Geſetze des Solon ſcheinbar achtete, das ihm<lb/> entriſſene Szepter zweimal wieder erobern konnte. Seine<lb/> Söhne ſind jedoch von ſo viel geringerer Art, daß ſie,<lb/> einmal vertrieben, nie wieder zur Tyrannis gelangen<lb/> werden.</p><lb/> <p>„Sollte es den Athenern nicht gelingen, dieſe zu ſtür-<lb/> zen, ſo wären ſie der Freiheit nicht werth! Mögen ſie,<lb/> mögeſt Du, mögen alle Feinde der Gewalthaber den Fall<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [245/0255]
„Wie oft hab’ ich jenen Sturm geſegnet, der das
Schiff des Dir bekannten Oinophilos (derſelbe iſt jüngſt
zu Sybaris während eines Gaſtmahls in ſeinem Hauſe
plötzlich geſtorben) im Angeſicht des Hafens von Kroton
ſcheitern ließ.
„Wenn Du trotz dieſes Berichtes meinen ſollteſt, daß
ich mein früheres thatenreiches Leben zurückwünſche, ſo irrſt
Du. Als ich Naukratis verließ, fühlte ich mich geiſtig
und körperlich zu krank und ſchwach, um meinem Vater-
lande nützen zu können. Jetzt, wo mich eine weit höhere,
als die alte Geſundheit durchdringt, folge ich den Ereig-
niſſen in Hellas mit der höchſten Theilnahme und bin der
Anſicht, daß ſich Alles zum Beſten wendet.
„Piſiſtratus war ſchon, als ich Aegypten verließ, ge-
ſtorben, und die Athener müßten keine Athener ſein, das
heißt, ſie müßten ihren unwiderſtehlichen Drang nach Frei-
heit verloren haben, wenn ſie die Gewaltherrſchaft des
Hippias und Hipparchos lange ertragen würden. Der
verſtorbene Tyrann war ſo hochbegabt *), ſo maßvoll und
milde, verſtand es ſo gut, dem Volke zu ſchmeicheln und
ſeiner Eitelkeit durch Prachtbauten und die Berufung der
bedeutendſten Geiſter Griechenlands genug zu thun, daß er,
der ſogar die Geſetze des Solon ſcheinbar achtete, das ihm
entriſſene Szepter zweimal wieder erobern konnte. Seine
Söhne ſind jedoch von ſo viel geringerer Art, daß ſie,
einmal vertrieben, nie wieder zur Tyrannis gelangen
werden.
„Sollte es den Athenern nicht gelingen, dieſe zu ſtür-
zen, ſo wären ſie der Freiheit nicht werth! Mögen ſie,
mögeſt Du, mögen alle Feinde der Gewalthaber den Fall
*) Siehe I. Theil. Jm Text.
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