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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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und die Lebensmittel für unser nach Aethiopien ziehendes
Heer führen. Unsre Reise leidet keinen Verzug. Nimm
von Deinem Weibe Abschied und sei, -- so befiehlt es
der König, -- bevor es dunkelt, zum Aufbruche bereit.
Du wirst mindestens einen Monat unterwegs bleiben. Jch
begleite Dich bis nach Pelusium. Kassandane wünscht
unterdessen Dein Weib und Kind in ihrer Nähe zu haben.
Sende dieselben sobald als möglich nach Memphis, wo sie,
von der hohen Mutter des Königs bewacht, am sichersten
sein werden."

Bartja hörte Prexaspes an, ohne daß ihm die kurze
und verlegene Art des Botschafters aufgefallen wäre. Er
freute sich über die vermeinte Mäßigung seines Bruders
und jenen Auftrag, der ihn aller Zweifel in Betreff seiner
Entfernung von Aegypten enthob, reichte dem vermeinten
Freunde die Hand zum Kusse und forderte denselben auf,
ihm in den Palast zu folgen.

Als er kühler zu werden anfing, nahm er von Sappho
und dem Kinde, das auf Melitta's Armen ruhte, einen
kurzen, aber herzlichen Abschied, befahl seiner Gattin, die
Reise zu Kassandane sobald als möglich anzutreten, rief
seiner Schwiegermutter neckend zu, daß sie sich dießmal
doch in der Beurtheilung eines Menschen, nämlich seines
Bruders, getäuscht habe, und schwang sich auf sein Roß.

Als Prexaspes das seine besteigen wollte, flüsterte
ihm Sappho zu: "Gib Acht auf ihn und erinnere den
Wagehals an mich und das Kind, wenn er sich unnöthigen
Gefahren aussetzen will!"

"Jch muß ihn schon zu Pelusium verlassen," antwor-
tete der Botschafter, indem er sich, um den Blicken des
jungen Weibes auszuweichen, mit dem Zaumzeuge seines
Pferdes zu schaffen machte.

und die Lebensmittel für unſer nach Aethiopien ziehendes
Heer führen. Unſre Reiſe leidet keinen Verzug. Nimm
von Deinem Weibe Abſchied und ſei, — ſo befiehlt es
der König, — bevor es dunkelt, zum Aufbruche bereit.
Du wirſt mindeſtens einen Monat unterwegs bleiben. Jch
begleite Dich bis nach Peluſium. Kaſſandane wünſcht
unterdeſſen Dein Weib und Kind in ihrer Nähe zu haben.
Sende dieſelben ſobald als möglich nach Memphis, wo ſie,
von der hohen Mutter des Königs bewacht, am ſicherſten
ſein werden.“

Bartja hörte Prexaspes an, ohne daß ihm die kurze
und verlegene Art des Botſchafters aufgefallen wäre. Er
freute ſich über die vermeinte Mäßigung ſeines Bruders
und jenen Auftrag, der ihn aller Zweifel in Betreff ſeiner
Entfernung von Aegypten enthob, reichte dem vermeinten
Freunde die Hand zum Kuſſe und forderte denſelben auf,
ihm in den Palaſt zu folgen.

Als er kühler zu werden anfing, nahm er von Sappho
und dem Kinde, das auf Melitta’s Armen ruhte, einen
kurzen, aber herzlichen Abſchied, befahl ſeiner Gattin, die
Reiſe zu Kaſſandane ſobald als möglich anzutreten, rief
ſeiner Schwiegermutter neckend zu, daß ſie ſich dießmal
doch in der Beurtheilung eines Menſchen, nämlich ſeines
Bruders, getäuſcht habe, und ſchwang ſich auf ſein Roß.

Als Prexaspes das ſeine beſteigen wollte, flüſterte
ihm Sappho zu: „Gib Acht auf ihn und erinnere den
Wagehals an mich und das Kind, wenn er ſich unnöthigen
Gefahren ausſetzen will!“

„Jch muß ihn ſchon zu Peluſium verlaſſen,“ antwor-
tete der Botſchafter, indem er ſich, um den Blicken des
jungen Weibes auszuweichen, mit dem Zaumzeuge ſeines
Pferdes zu ſchaffen machte.

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[211/0221] und die Lebensmittel für unſer nach Aethiopien ziehendes Heer führen. Unſre Reiſe leidet keinen Verzug. Nimm von Deinem Weibe Abſchied und ſei, — ſo befiehlt es der König, — bevor es dunkelt, zum Aufbruche bereit. Du wirſt mindeſtens einen Monat unterwegs bleiben. Jch begleite Dich bis nach Peluſium. Kaſſandane wünſcht unterdeſſen Dein Weib und Kind in ihrer Nähe zu haben. Sende dieſelben ſobald als möglich nach Memphis, wo ſie, von der hohen Mutter des Königs bewacht, am ſicherſten ſein werden.“ Bartja hörte Prexaspes an, ohne daß ihm die kurze und verlegene Art des Botſchafters aufgefallen wäre. Er freute ſich über die vermeinte Mäßigung ſeines Bruders und jenen Auftrag, der ihn aller Zweifel in Betreff ſeiner Entfernung von Aegypten enthob, reichte dem vermeinten Freunde die Hand zum Kuſſe und forderte denſelben auf, ihm in den Palaſt zu folgen. Als er kühler zu werden anfing, nahm er von Sappho und dem Kinde, das auf Melitta’s Armen ruhte, einen kurzen, aber herzlichen Abſchied, befahl ſeiner Gattin, die Reiſe zu Kaſſandane ſobald als möglich anzutreten, rief ſeiner Schwiegermutter neckend zu, daß ſie ſich dießmal doch in der Beurtheilung eines Menſchen, nämlich ſeines Bruders, getäuſcht habe, und ſchwang ſich auf ſein Roß. Als Prexaspes das ſeine beſteigen wollte, flüſterte ihm Sappho zu: „Gib Acht auf ihn und erinnere den Wagehals an mich und das Kind, wenn er ſich unnöthigen Gefahren ausſetzen will!“ „Jch muß ihn ſchon zu Peluſium verlaſſen,“ antwor- tete der Botſchafter, indem er ſich, um den Blicken des jungen Weibes auszuweichen, mit dem Zaumzeuge ſeines Pferdes zu ſchaffen machte.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/221>, abgerufen am 12.05.2024.