Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.Geh' hin und nimm Dir, nach vollbrachter Arbeit, soviel Bei diesen Worten leerte er einen neuen Becher voll Als er längst den Saal verlassen hatte, stand Pre- Geh’ hin und nimm Dir, nach vollbrachter Arbeit, ſoviel Bei dieſen Worten leerte er einen neuen Becher voll Als er längſt den Saal verlaſſen hatte, ſtand Pre- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0211" n="201"/> Geh’ hin und nimm Dir, nach vollbrachter Arbeit, ſoviel<lb/> Du willſt, aus der Schatzkammer! Sei auch vorſichtig,<lb/> denn der Knabe hat einen ſtarken Arm und verſteht die<lb/> Kunſt, ſich Freunde zu gewinnen. Bedenke, wenn er Dich<lb/> mit glatten Worten verſuchen wird, daß Dein Weib und<lb/> Deine Kinder in meiner Gewalt ſind!“</p><lb/> <p>Bei dieſen Worten leerte er einen neuen Becher voll<lb/> ungemiſchten Weins, taumelte unſicheren Schrittes durch<lb/> das Thor des Gemaches und rief mit lallender Stimme:<lb/> „Wehe Dir und den Deinen, wenn der Bube ent-<lb/> kommt!“</p><lb/> <p>Als er längſt den Saal verlaſſen hatte, ſtand Pre-<lb/> xaspes noch immer regungslos auf dem alten Platze. Der<lb/> ehrgeizige, aber nicht unedle Deſpotendiener war nieder-<lb/> geſchmettert von der Furchtbarkeit der ihm zuertheilten<lb/> Aufgabe. Er wußte, daß ihm und den Seinen, wenn er<lb/> ſich dieſelbe zu vollziehen weigern würde, Tod oder Un-<lb/> gnade drohe; doch, er liebte Bartja, und ſein ganzes<lb/> Weſen empörte ſich bei dem bloßen Gedanken, zum gemei-<lb/> nen Mörder werden zu ſollen. Ein furchtbarer Kampf<lb/> entſpann ſich in ſeinem Jnnern, der in ihm forttobte, als<lb/> er den Palaſt ſchon längſt verlaſſen hatte. Auf dem Wege<lb/> zu ſeinem Hauſe begegnete er Kröſus und Darius. Er<lb/> verſteckte ſich vor denſelben hinter das vorſpringende Thor<lb/> eines großen ägyptiſchen Hauſes, denn er meinte, dieſelben<lb/> müßten ihm anſehen, daß er den Pfad des Verbrechens<lb/> wandle. Als die Beiden an ihm vorübergingen, vernahm<lb/> er, wie Kröſus ſagte: „Jch habe dem trefflichen Jüngling<lb/> ſeine unzeitige Kraftprobe bitter vorgeworfen, und wir<lb/> müſſen in der That den Göttern danken, daß ſich Kam-<lb/> byſes nicht in einem Anfall von Jähzorn an ihm ver-<lb/> griffen hat. Jetzt iſt er meinem Rathe gefolgt und mit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [201/0211]
Geh’ hin und nimm Dir, nach vollbrachter Arbeit, ſoviel
Du willſt, aus der Schatzkammer! Sei auch vorſichtig,
denn der Knabe hat einen ſtarken Arm und verſteht die
Kunſt, ſich Freunde zu gewinnen. Bedenke, wenn er Dich
mit glatten Worten verſuchen wird, daß Dein Weib und
Deine Kinder in meiner Gewalt ſind!“
Bei dieſen Worten leerte er einen neuen Becher voll
ungemiſchten Weins, taumelte unſicheren Schrittes durch
das Thor des Gemaches und rief mit lallender Stimme:
„Wehe Dir und den Deinen, wenn der Bube ent-
kommt!“
Als er längſt den Saal verlaſſen hatte, ſtand Pre-
xaspes noch immer regungslos auf dem alten Platze. Der
ehrgeizige, aber nicht unedle Deſpotendiener war nieder-
geſchmettert von der Furchtbarkeit der ihm zuertheilten
Aufgabe. Er wußte, daß ihm und den Seinen, wenn er
ſich dieſelbe zu vollziehen weigern würde, Tod oder Un-
gnade drohe; doch, er liebte Bartja, und ſein ganzes
Weſen empörte ſich bei dem bloßen Gedanken, zum gemei-
nen Mörder werden zu ſollen. Ein furchtbarer Kampf
entſpann ſich in ſeinem Jnnern, der in ihm forttobte, als
er den Palaſt ſchon längſt verlaſſen hatte. Auf dem Wege
zu ſeinem Hauſe begegnete er Kröſus und Darius. Er
verſteckte ſich vor denſelben hinter das vorſpringende Thor
eines großen ägyptiſchen Hauſes, denn er meinte, dieſelben
müßten ihm anſehen, daß er den Pfad des Verbrechens
wandle. Als die Beiden an ihm vorübergingen, vernahm
er, wie Kröſus ſagte: „Jch habe dem trefflichen Jüngling
ſeine unzeitige Kraftprobe bitter vorgeworfen, und wir
müſſen in der That den Göttern danken, daß ſich Kam-
byſes nicht in einem Anfall von Jähzorn an ihm ver-
griffen hat. Jetzt iſt er meinem Rathe gefolgt und mit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |