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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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Stolz und Selbstbewußtsein strahlenden Bartja an-
schauten.

Kambyses bot einen wilden, Entsetzen erregenden An-
blick dar. Es war ihm, als habe der in die Scheibe
dringende Pfeil sein eignes Herz, seine Würde, seine Kraft,
seine Ehre durchbohrt. Funken sprühten vor seinen Augen,
während seine Wangen tief erbleichten, und sich seine Rechte
krampfhaft um den Arm des neben ihm stehenden Pre-
xaspes klammerte. Dieser wußte den Druck der königlichen
Hand wohl zu deuten und murmelte: "Armer Bartja!"

Endlich gelang es dem Könige, die nöthige Fassung
wieder zu gewinnen. Schweigend warf er seinem Bruder
eine goldne Kette zu, befahl seinen Großen, ihm zu folgen,
und verließ den Garten, um in seinen Gemächern ruhelos
auf und ab zu wandern und seinen Groll im Wein zu
ertränken. Plötzlich schien er einen Entschluß gefaßt zu
haben, befahl allen Höflingen, außer Prexaspes, die Halle
zu verlassen, und rief demselben, als sie allein waren, mit
trunkenen Blicken und heiserer Stimme zu: "Dieß Leben
ist nicht länger zu ertragen! Schaffe meinen Feind aus der
Welt, und ich will Dich meinen Freund und Wohlthäter
nennen!"

Prexaspes erbebte, warf sich vor dem Herrscher nieder
und hob seine Hände flehend zu demselben empor; Kam-
byses aber war zu berauscht und von seinem Haß zu sehr
verblendet, um diese Bewegung des Höflings zu verstehen.
Er glaubte, daß der Botschafter durch jenen Fußfall seine
Ergebenheit bezeugen wolle, winkte ihm, sich vom Boden
zu erheben und flüsterte, als wenn er sich seine eignen
Worte zu vernehmen fürchtete: "Handle schnell und ge-
heimnißvoll! Niemand außer Dir und mir darf, so lieb
Dir Dein Leben ist, von dem Tode des Glückspilzes wissen.

Stolz und Selbſtbewußtſein ſtrahlenden Bartja an-
ſchauten.

Kambyſes bot einen wilden, Entſetzen erregenden An-
blick dar. Es war ihm, als habe der in die Scheibe
dringende Pfeil ſein eignes Herz, ſeine Würde, ſeine Kraft,
ſeine Ehre durchbohrt. Funken ſprühten vor ſeinen Augen,
während ſeine Wangen tief erbleichten, und ſich ſeine Rechte
krampfhaft um den Arm des neben ihm ſtehenden Pre-
xaspes klammerte. Dieſer wußte den Druck der königlichen
Hand wohl zu deuten und murmelte: „Armer Bartja!“

Endlich gelang es dem Könige, die nöthige Faſſung
wieder zu gewinnen. Schweigend warf er ſeinem Bruder
eine goldne Kette zu, befahl ſeinen Großen, ihm zu folgen,
und verließ den Garten, um in ſeinen Gemächern ruhelos
auf und ab zu wandern und ſeinen Groll im Wein zu
ertränken. Plötzlich ſchien er einen Entſchluß gefaßt zu
haben, befahl allen Höflingen, außer Prexaspes, die Halle
zu verlaſſen, und rief demſelben, als ſie allein waren, mit
trunkenen Blicken und heiſerer Stimme zu: „Dieß Leben
iſt nicht länger zu ertragen! Schaffe meinen Feind aus der
Welt, und ich will Dich meinen Freund und Wohlthäter
nennen!“

Prexaspes erbebte, warf ſich vor dem Herrſcher nieder
und hob ſeine Hände flehend zu demſelben empor; Kam-
byſes aber war zu berauſcht und von ſeinem Haß zu ſehr
verblendet, um dieſe Bewegung des Höflings zu verſtehen.
Er glaubte, daß der Botſchafter durch jenen Fußfall ſeine
Ergebenheit bezeugen wolle, winkte ihm, ſich vom Boden
zu erheben und flüſterte, als wenn er ſich ſeine eignen
Worte zu vernehmen fürchtete: „Handle ſchnell und ge-
heimnißvoll! Niemand außer Dir und mir darf, ſo lieb
Dir Dein Leben iſt, von dem Tode des Glückspilzes wiſſen.

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[200/0210] Stolz und Selbſtbewußtſein ſtrahlenden Bartja an- ſchauten. Kambyſes bot einen wilden, Entſetzen erregenden An- blick dar. Es war ihm, als habe der in die Scheibe dringende Pfeil ſein eignes Herz, ſeine Würde, ſeine Kraft, ſeine Ehre durchbohrt. Funken ſprühten vor ſeinen Augen, während ſeine Wangen tief erbleichten, und ſich ſeine Rechte krampfhaft um den Arm des neben ihm ſtehenden Pre- xaspes klammerte. Dieſer wußte den Druck der königlichen Hand wohl zu deuten und murmelte: „Armer Bartja!“ Endlich gelang es dem Könige, die nöthige Faſſung wieder zu gewinnen. Schweigend warf er ſeinem Bruder eine goldne Kette zu, befahl ſeinen Großen, ihm zu folgen, und verließ den Garten, um in ſeinen Gemächern ruhelos auf und ab zu wandern und ſeinen Groll im Wein zu ertränken. Plötzlich ſchien er einen Entſchluß gefaßt zu haben, befahl allen Höflingen, außer Prexaspes, die Halle zu verlaſſen, und rief demſelben, als ſie allein waren, mit trunkenen Blicken und heiſerer Stimme zu: „Dieß Leben iſt nicht länger zu ertragen! Schaffe meinen Feind aus der Welt, und ich will Dich meinen Freund und Wohlthäter nennen!“ Prexaspes erbebte, warf ſich vor dem Herrſcher nieder und hob ſeine Hände flehend zu demſelben empor; Kam- byſes aber war zu berauſcht und von ſeinem Haß zu ſehr verblendet, um dieſe Bewegung des Höflings zu verſtehen. Er glaubte, daß der Botſchafter durch jenen Fußfall ſeine Ergebenheit bezeugen wolle, winkte ihm, ſich vom Boden zu erheben und flüſterte, als wenn er ſich ſeine eignen Worte zu vernehmen fürchtete: „Handle ſchnell und ge- heimnißvoll! Niemand außer Dir und mir darf, ſo lieb Dir Dein Leben iſt, von dem Tode des Glückspilzes wiſſen.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/210>, abgerufen am 12.05.2024.