Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Heda, ihr Ankleider! Bringt meine Gewänder und einen
tüchtigen Morgentrunk! Jch will den Persern zeigen, daß
ich zum Könige von Aethiopien tauge und sie allesammt
im Bogenspannen bemeistere! Noch einen Trunk! Jch
spanne das Geschoß, auch wenn die Sehne desselben ein
Schiffstau und das Bogenholz eine Cypresse wäre!"

Nach diesen Worten leerte er einen riesigen Humpen
voll Wein auf einen Zug und begab sich, im vollen Be-
wußtsein seiner riesigen Kraft, des Erfolges gewiß, in den
Schloßgarten, woselbst alle Großen des Reichs auf den
König warteten und ihn mit lautem Zuruf, den Boden
mit der Stirn berührend, empfingen.

Zwischen den geschorenen Hecken und geradlinigen
Baumgängen *) erhoben sich schnellerrichtete Säulen, welche
mit scharlachnen Stricken verbunden waren. An goldnen
und silbernen Ringen flatterten von diesen herab rothe,
gelbe und dunkelblaue Tücher 135). Zahlreiche Bänke von
edlen Metallen standen in weitem Kreise umher und luden
zur Ruhe ein, während behende Schenken Wein in goldnen
Gefässen herbeibrachten und den zum Bogenspannen Ver-
sammelten anboten.

Auf einen Wink des Königs erhoben sich die Achä-
meniden von der Erde.

Sein Blick überflog ihre Reihen und blitzte freudig
auf, als er die Abwesenheit seines Bruders bemerkte. Nun
überreichte Prexaspes seinem Gebieter den äthiopischen
Bogen und zeigte ihm eine in ziemlicher Entfernung auf-
gestellte Schießscheibe. Kambyses lachte über die Größe
derselben, wog das Geschoß mit der Rechten, forderte seine
Getreuen auf, ihr Glück vor ihm zu versuchen, und über-

*) Siehe I. Theil Anmerk. 7.

Heda, ihr Ankleider! Bringt meine Gewänder und einen
tüchtigen Morgentrunk! Jch will den Perſern zeigen, daß
ich zum Könige von Aethiopien tauge und ſie alleſammt
im Bogenſpannen bemeiſtere! Noch einen Trunk! Jch
ſpanne das Geſchoß, auch wenn die Sehne deſſelben ein
Schiffstau und das Bogenholz eine Cypreſſe wäre!“

Nach dieſen Worten leerte er einen rieſigen Humpen
voll Wein auf einen Zug und begab ſich, im vollen Be-
wußtſein ſeiner rieſigen Kraft, des Erfolges gewiß, in den
Schloßgarten, woſelbſt alle Großen des Reichs auf den
König warteten und ihn mit lautem Zuruf, den Boden
mit der Stirn berührend, empfingen.

Zwiſchen den geſchorenen Hecken und geradlinigen
Baumgängen *) erhoben ſich ſchnellerrichtete Säulen, welche
mit ſcharlachnen Stricken verbunden waren. An goldnen
und ſilbernen Ringen flatterten von dieſen herab rothe,
gelbe und dunkelblaue Tücher 135). Zahlreiche Bänke von
edlen Metallen ſtanden in weitem Kreiſe umher und luden
zur Ruhe ein, während behende Schenken Wein in goldnen
Gefäſſen herbeibrachten und den zum Bogenſpannen Ver-
ſammelten anboten.

Auf einen Wink des Königs erhoben ſich die Achä-
meniden von der Erde.

Sein Blick überflog ihre Reihen und blitzte freudig
auf, als er die Abweſenheit ſeines Bruders bemerkte. Nun
überreichte Prexaspes ſeinem Gebieter den äthiopiſchen
Bogen und zeigte ihm eine in ziemlicher Entfernung auf-
geſtellte Schießſcheibe. Kambyſes lachte über die Größe
derſelben, wog das Geſchoß mit der Rechten, forderte ſeine
Getreuen auf, ihr Glück vor ihm zu verſuchen, und über-

*) Siehe I. Theil Anmerk. 7.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0206" n="196"/>
Heda, ihr Ankleider! Bringt meine Gewänder und einen<lb/>
tüchtigen Morgentrunk! Jch will den Per&#x017F;ern zeigen, daß<lb/>
ich zum Könige von Aethiopien tauge und &#x017F;ie alle&#x017F;ammt<lb/>
im Bogen&#x017F;pannen bemei&#x017F;tere! Noch einen Trunk! Jch<lb/>
&#x017F;panne das Ge&#x017F;choß, auch wenn die Sehne de&#x017F;&#x017F;elben ein<lb/>
Schiffstau und das Bogenholz eine Cypre&#x017F;&#x017F;e wäre!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Nach die&#x017F;en Worten leerte er einen rie&#x017F;igen Humpen<lb/>
voll Wein auf einen Zug und begab &#x017F;ich, im vollen Be-<lb/>
wußt&#x017F;ein &#x017F;einer rie&#x017F;igen Kraft, des Erfolges gewiß, in den<lb/>
Schloßgarten, wo&#x017F;elb&#x017F;t alle Großen des Reichs auf den<lb/>
König warteten und ihn mit lautem Zuruf, den Boden<lb/>
mit der Stirn berührend, empfingen.</p><lb/>
        <p>Zwi&#x017F;chen den ge&#x017F;chorenen Hecken und geradlinigen<lb/>
Baumgängen <note place="foot" n="*)">Siehe <hi rendition="#aq">I.</hi> Theil Anmerk. 7.</note> erhoben &#x017F;ich &#x017F;chnellerrichtete Säulen, welche<lb/>
mit &#x017F;charlachnen Stricken verbunden waren. An goldnen<lb/>
und &#x017F;ilbernen Ringen flatterten von die&#x017F;en herab rothe,<lb/>
gelbe und dunkelblaue Tücher <hi rendition="#sup">135</hi>). Zahlreiche Bänke von<lb/>
edlen Metallen &#x017F;tanden in weitem Krei&#x017F;e umher und luden<lb/>
zur Ruhe ein, während behende Schenken Wein in goldnen<lb/>
Gefä&#x017F;&#x017F;en herbeibrachten und den zum Bogen&#x017F;pannen Ver-<lb/>
&#x017F;ammelten anboten.</p><lb/>
        <p>Auf einen Wink des Königs erhoben &#x017F;ich die Achä-<lb/>
meniden von der Erde.</p><lb/>
        <p>Sein Blick überflog ihre Reihen und blitzte freudig<lb/>
auf, als er die Abwe&#x017F;enheit &#x017F;eines Bruders bemerkte. Nun<lb/>
überreichte Prexaspes &#x017F;einem Gebieter den äthiopi&#x017F;chen<lb/>
Bogen und zeigte ihm eine in ziemlicher Entfernung auf-<lb/>
ge&#x017F;tellte Schieß&#x017F;cheibe. Kamby&#x017F;es lachte über die Größe<lb/>
der&#x017F;elben, wog das Ge&#x017F;choß mit der Rechten, forderte &#x017F;eine<lb/>
Getreuen auf, ihr Glück vor ihm zu ver&#x017F;uchen, und über-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0206] Heda, ihr Ankleider! Bringt meine Gewänder und einen tüchtigen Morgentrunk! Jch will den Perſern zeigen, daß ich zum Könige von Aethiopien tauge und ſie alleſammt im Bogenſpannen bemeiſtere! Noch einen Trunk! Jch ſpanne das Geſchoß, auch wenn die Sehne deſſelben ein Schiffstau und das Bogenholz eine Cypreſſe wäre!“ Nach dieſen Worten leerte er einen rieſigen Humpen voll Wein auf einen Zug und begab ſich, im vollen Be- wußtſein ſeiner rieſigen Kraft, des Erfolges gewiß, in den Schloßgarten, woſelbſt alle Großen des Reichs auf den König warteten und ihn mit lautem Zuruf, den Boden mit der Stirn berührend, empfingen. Zwiſchen den geſchorenen Hecken und geradlinigen Baumgängen *) erhoben ſich ſchnellerrichtete Säulen, welche mit ſcharlachnen Stricken verbunden waren. An goldnen und ſilbernen Ringen flatterten von dieſen herab rothe, gelbe und dunkelblaue Tücher 135). Zahlreiche Bänke von edlen Metallen ſtanden in weitem Kreiſe umher und luden zur Ruhe ein, während behende Schenken Wein in goldnen Gefäſſen herbeibrachten und den zum Bogenſpannen Ver- ſammelten anboten. Auf einen Wink des Königs erhoben ſich die Achä- meniden von der Erde. Sein Blick überflog ihre Reihen und blitzte freudig auf, als er die Abweſenheit ſeines Bruders bemerkte. Nun überreichte Prexaspes ſeinem Gebieter den äthiopiſchen Bogen und zeigte ihm eine in ziemlicher Entfernung auf- geſtellte Schießſcheibe. Kambyſes lachte über die Größe derſelben, wog das Geſchoß mit der Rechten, forderte ſeine Getreuen auf, ihr Glück vor ihm zu verſuchen, und über- *) Siehe I. Theil Anmerk. 7.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/206
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/206>, abgerufen am 12.05.2024.