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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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"Befehlen seinen Mund zu halten und den Abend in
Geduld zu erwarten."

Diese letzten mit Ernst gesprochenen Worte verfehlten
ihren Eindruck auf den Alten keineswegs. Derselbe ver-
neigte sich nochmals und sagte, ehe sein Herr ihn verließ:
"Jch bin unter dem Schutze des früheren Söldner-Ober-
sten Phanes hierher gekommen. Derselbe hat dringend
mit Dir zu sprechen."

"Das ist seine Sache; er möge mich aufsuchen!"

"Du steckst ja den ganzen Tag bei dieser Kranken,
deren Augen so gesund sind ..."

"Hib!!"

"Meinetwegen mag sie den Sta[a]r auf beiden haben!
Darf Phanes heut' Abend mit mir kommen?"

"Jch wünschte mit Dir allein zu sprechen."

"Und ich mit Dir; der Hellene scheint aber sehr eilig
zu sein und weiß fast Alles, was ich Dir zu erzählen
habe."

"Hast Du geplaudert?"

"Das gerade nicht, aber ..."

"Bis dahin kenne ich Dich nur als einen verschwie-
genen Menschen."

"Das war ich auch immer. Dieser Hellene wußte
aber schon viel von dem, was ich weiß, und das An-
dere ..."

"Nun?"

"Das Andere hat er aus mir herausgeholt, ich weiß
selbst nicht wie! Trüge ich nicht dieß Amulet gegen den
bösen Blick, so würde ..."

"Jch kenne den Athener und verzeihe Dir! Es würde
mir lieb sein, wenn Dich derselbe heut' Abend begleitete.
Wie hoch die Sonne schon steht! Die Zeit drängt!

„Befehlen ſeinen Mund zu halten und den Abend in
Geduld zu erwarten.“

Dieſe letzten mit Ernſt geſprochenen Worte verfehlten
ihren Eindruck auf den Alten keineswegs. Derſelbe ver-
neigte ſich nochmals und ſagte, ehe ſein Herr ihn verließ:
„Jch bin unter dem Schutze des früheren Söldner-Ober-
ſten Phanes hierher gekommen. Derſelbe hat dringend
mit Dir zu ſprechen.“

„Das iſt ſeine Sache; er möge mich aufſuchen!“

„Du ſteckſt ja den ganzen Tag bei dieſer Kranken,
deren Augen ſo geſund ſind ...“

„Hib!!“

„Meinetwegen mag ſie den Sta[a]r auf beiden haben!
Darf Phanes heut’ Abend mit mir kommen?“

„Jch wünſchte mit Dir allein zu ſprechen.“

„Und ich mit Dir; der Hellene ſcheint aber ſehr eilig
zu ſein und weiß faſt Alles, was ich Dir zu erzählen
habe.“

„Haſt Du geplaudert?“

„Das gerade nicht, aber ...“

„Bis dahin kenne ich Dich nur als einen verſchwie-
genen Menſchen.“

„Das war ich auch immer. Dieſer Hellene wußte
aber ſchon viel von dem, was ich weiß, und das An-
dere ...“

„Nun?“

„Das Andere hat er aus mir herausgeholt, ich weiß
ſelbſt nicht wie! Trüge ich nicht dieß Amulet gegen den
böſen Blick, ſo würde ...“

„Jch kenne den Athener und verzeihe Dir! Es würde
mir lieb ſein, wenn Dich derſelbe heut’ Abend begleitete.
Wie hoch die Sonne ſchon ſteht! Die Zeit drängt!

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[10/0018] „Befehlen ſeinen Mund zu halten und den Abend in Geduld zu erwarten.“ Dieſe letzten mit Ernſt geſprochenen Worte verfehlten ihren Eindruck auf den Alten keineswegs. Derſelbe ver- neigte ſich nochmals und ſagte, ehe ſein Herr ihn verließ: „Jch bin unter dem Schutze des früheren Söldner-Ober- ſten Phanes hierher gekommen. Derſelbe hat dringend mit Dir zu ſprechen.“ „Das iſt ſeine Sache; er möge mich aufſuchen!“ „Du ſteckſt ja den ganzen Tag bei dieſer Kranken, deren Augen ſo geſund ſind ...“ „Hib!!“ „Meinetwegen mag ſie den Staar auf beiden haben! Darf Phanes heut’ Abend mit mir kommen?“ „Jch wünſchte mit Dir allein zu ſprechen.“ „Und ich mit Dir; der Hellene ſcheint aber ſehr eilig zu ſein und weiß faſt Alles, was ich Dir zu erzählen habe.“ „Haſt Du geplaudert?“ „Das gerade nicht, aber ...“ „Bis dahin kenne ich Dich nur als einen verſchwie- genen Menſchen.“ „Das war ich auch immer. Dieſer Hellene wußte aber ſchon viel von dem, was ich weiß, und das An- dere ...“ „Nun?“ „Das Andere hat er aus mir herausgeholt, ich weiß ſelbſt nicht wie! Trüge ich nicht dieß Amulet gegen den böſen Blick, ſo würde ...“ „Jch kenne den Athener und verzeihe Dir! Es würde mir lieb ſein, wenn Dich derſelbe heut’ Abend begleitete. Wie hoch die Sonne ſchon ſteht! Die Zeit drängt!

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/18>, abgerufen am 27.04.2024.