habe diese Frage vielleicht bejaht; denn, weißt Du, in sechzig Jahren sieht man seinem Herrn schon etwas ab. Da klagt mir der elende Mensch, Bubares dolmetschte mir Alles, daß er sich wegen eines schrecklichen Uebels an seinen Augen beunruhige. Als ich ihn frage, worin dieß bestehe, läßt er mir antworten, daß er im Dunkeln nichts zu er- kennen vermöge!"
"Du hättest ihm antworten sollen, das einzige Mittel gegen diese Krankheit sei, Licht anzustecken!"
"O, wie ich diese Bösewichter hasse! Wenn ich noch eine Stunde lang bei ihnen bleiben muß, so gehe ich zu Grunde!"
Nebenchari lächelte und gab seinem Diener zurück: "Du wirst Dich den Fremden gegenüber wunderbar genug geberdet und ihren Uebermuth gereizt haben. Die Perser sind im Allgemeinen sehr artige, höfliche Leute 6). Ver- such's nur noch einmal mit ihnen! Heute Abend will ich Dich gern bei mir aufnehmen; eher aber kann ich nicht."
"Dacht' ich's doch! Auch er hat sich verändert! Osiris ist todt, und Typhon herrscht wieder auf Erden!"
"Gehab' Dich wohl! Wenn das Siebengestirn auf- geht, so erwartet Dich der Sklave Nebununf, unser alter Aethioper, an dieser selben Stelle."
"Nebununf, der alte Spitzbube, den ich nicht sehen mag?!"
"Derselbe!"
"Hm, 's ist immer noch was Gutes, wenn man bleibt wie man war. Jch kenne freilich Leute, die das nicht ge- rade von sich sagen können, die statt sich auf ihre Kunst zu beschränken, auch innere Krankheiten heilen wollen, die einem alten treuen Diener ..."
habe dieſe Frage vielleicht bejaht; denn, weißt Du, in ſechzig Jahren ſieht man ſeinem Herrn ſchon etwas ab. Da klagt mir der elende Menſch, Bubares dolmetſchte mir Alles, daß er ſich wegen eines ſchrecklichen Uebels an ſeinen Augen beunruhige. Als ich ihn frage, worin dieß beſtehe, läßt er mir antworten, daß er im Dunkeln nichts zu er- kennen vermöge!“
„Du hätteſt ihm antworten ſollen, das einzige Mittel gegen dieſe Krankheit ſei, Licht anzuſtecken!“
„O, wie ich dieſe Böſewichter haſſe! Wenn ich noch eine Stunde lang bei ihnen bleiben muß, ſo gehe ich zu Grunde!“
Nebenchari lächelte und gab ſeinem Diener zurück: „Du wirſt Dich den Fremden gegenüber wunderbar genug geberdet und ihren Uebermuth gereizt haben. Die Perſer ſind im Allgemeinen ſehr artige, höfliche Leute 6). Ver- ſuch’s nur noch einmal mit ihnen! Heute Abend will ich Dich gern bei mir aufnehmen; eher aber kann ich nicht.“
„Dacht’ ich’s doch! Auch er hat ſich verändert! Oſiris iſt todt, und Typhon herrſcht wieder auf Erden!“
„Gehab’ Dich wohl! Wenn das Siebengeſtirn auf- geht, ſo erwartet Dich der Sklave Nebununf, unſer alter Aethioper, an dieſer ſelben Stelle.“
„Nebununf, der alte Spitzbube, den ich nicht ſehen mag?!“
„Derſelbe!“
„Hm, ’s iſt immer noch was Gutes, wenn man bleibt wie man war. Jch kenne freilich Leute, die das nicht ge- rade von ſich ſagen können, die ſtatt ſich auf ihre Kunſt zu beſchränken, auch innere Krankheiten heilen wollen, die einem alten treuen Diener ...“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0017"n="9"/>
habe dieſe Frage vielleicht bejaht; denn, weißt Du, in<lb/>ſechzig Jahren ſieht man ſeinem Herrn ſchon etwas ab.<lb/>
Da klagt mir der elende Menſch, Bubares dolmetſchte mir<lb/>
Alles, daß er ſich wegen eines ſchrecklichen Uebels an ſeinen<lb/>
Augen beunruhige. Als ich ihn frage, worin dieß beſtehe,<lb/>
läßt er mir antworten, daß er im Dunkeln nichts zu er-<lb/>
kennen vermöge!“</p><lb/><p>„Du hätteſt ihm antworten ſollen, das einzige Mittel<lb/>
gegen dieſe Krankheit ſei, Licht anzuſtecken!“</p><lb/><p>„O, wie ich dieſe Böſewichter haſſe! Wenn ich noch<lb/>
eine Stunde lang bei ihnen bleiben muß, ſo gehe ich zu<lb/>
Grunde!“</p><lb/><p>Nebenchari lächelte und gab ſeinem Diener zurück:<lb/>„Du wirſt Dich den Fremden gegenüber wunderbar genug<lb/>
geberdet und ihren Uebermuth gereizt haben. Die Perſer<lb/>ſind im Allgemeinen ſehr artige, höfliche Leute <hirendition="#sup">6</hi>). Ver-<lb/>ſuch’s nur noch einmal mit ihnen! Heute Abend will ich<lb/>
Dich gern bei mir aufnehmen; eher aber kann ich<lb/>
nicht.“</p><lb/><p>„Dacht’ ich’s doch! Auch er hat ſich verändert! Oſiris<lb/>
iſt todt, und Typhon herrſcht wieder auf Erden!“</p><lb/><p>„Gehab’ Dich wohl! Wenn das Siebengeſtirn auf-<lb/>
geht, ſo erwartet Dich der Sklave Nebununf, unſer alter<lb/>
Aethioper, an dieſer ſelben Stelle.“</p><lb/><p>„Nebununf, der alte Spitzbube, den ich nicht ſehen<lb/>
mag?!“</p><lb/><p>„Derſelbe!“</p><lb/><p>„Hm, ’s iſt immer noch was Gutes, wenn man bleibt<lb/>
wie man war. Jch kenne freilich Leute, die das nicht ge-<lb/>
rade von ſich ſagen können, die ſtatt ſich auf ihre Kunſt<lb/>
zu beſchränken, auch innere Krankheiten heilen wollen, die<lb/>
einem alten treuen Diener ...“</p><lb/></div></body></text></TEI>
[9/0017]
habe dieſe Frage vielleicht bejaht; denn, weißt Du, in
ſechzig Jahren ſieht man ſeinem Herrn ſchon etwas ab.
Da klagt mir der elende Menſch, Bubares dolmetſchte mir
Alles, daß er ſich wegen eines ſchrecklichen Uebels an ſeinen
Augen beunruhige. Als ich ihn frage, worin dieß beſtehe,
läßt er mir antworten, daß er im Dunkeln nichts zu er-
kennen vermöge!“
„Du hätteſt ihm antworten ſollen, das einzige Mittel
gegen dieſe Krankheit ſei, Licht anzuſtecken!“
„O, wie ich dieſe Böſewichter haſſe! Wenn ich noch
eine Stunde lang bei ihnen bleiben muß, ſo gehe ich zu
Grunde!“
Nebenchari lächelte und gab ſeinem Diener zurück:
„Du wirſt Dich den Fremden gegenüber wunderbar genug
geberdet und ihren Uebermuth gereizt haben. Die Perſer
ſind im Allgemeinen ſehr artige, höfliche Leute 6). Ver-
ſuch’s nur noch einmal mit ihnen! Heute Abend will ich
Dich gern bei mir aufnehmen; eher aber kann ich
nicht.“
„Dacht’ ich’s doch! Auch er hat ſich verändert! Oſiris
iſt todt, und Typhon herrſcht wieder auf Erden!“
„Gehab’ Dich wohl! Wenn das Siebengeſtirn auf-
geht, ſo erwartet Dich der Sklave Nebununf, unſer alter
Aethioper, an dieſer ſelben Stelle.“
„Nebununf, der alte Spitzbube, den ich nicht ſehen
mag?!“
„Derſelbe!“
„Hm, ’s iſt immer noch was Gutes, wenn man bleibt
wie man war. Jch kenne freilich Leute, die das nicht ge-
rade von ſich ſagen können, die ſtatt ſich auf ihre Kunſt
zu beſchränken, auch innere Krankheiten heilen wollen, die
einem alten treuen Diener ...“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/17>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.