dem Henker auftragen lassen, den Enkel des Amasis als ersten von allen Gefangenen hinzurichten. Jener Hörner- ton, den ihr vernommen haben werdet, gab Kunde von dem Tode des letzten am Nil gebornen Thronerben von Aegypten. Jch kenne mein Geschick, Kambyses, und bitte nicht um ein Leben, dessen Ziel erreicht ist. Auch Deinen vorwurfsvollen Blick, o Krösus, verstehe ich. Du beklagst die gemordeten Kinder; -- das Leben ist aber ein solches Gewebe von Jammer und Enttäuschungen, daß ich mit Deinem Warner Solon Denjenigen für den Glücklichsten halte, dem die Götter, wie einst dem Kleobis und Biton 114), einen frühen Tod bescheeren. Gestatte mir, wenn ich Dir jemals werth war, wenn mein Rath Dir je zum Heil gereichte, o Kambyses, als letzte Gnade, nur noch wenige Worte reden zu dürfen. Du, Psamtik, weißt, was uns entzweite. Jhr, an deren Achtung mir gelegen ist, sollt es jetzt Alle erfahren.
"Jch bin von dem Vater dieses Mannes an seiner Stelle zum Befehlshaber der gegen Kypros gesandten Truppen ernannt worden und errang große Erfolge, wo er Demüthigungen erntete; ich wurde ohne meinen Willen zum Mitwisser eines, seine Ansprüche auf den Thron ge- fährdenden Geheimnisses; ich verhinderte ihn endlich, eine tugendhafte Jungfrau aus dem Hause ihrer Großmutter, einer allen Hellenen ehrwürdigen Greisin, zu rauben. -- Das ist es, was er mir nicht verzeihen konnte, was ihn bewog, mich, als ich die Dienste seines Vaters verlassen mußte, zum Kampf auf Tod und Leben herauszufordern. Jetzt ist der Streit entschieden. Du hast meine unschul- digen Kinder morden und mich selbst, gleich einem schäd- lichen Thiere, hetzen lassen; das ist Deine ganze Rache! Jch habe Dich Deines Thrones beraubt und Dich und
dem Henker auftragen laſſen, den Enkel des Amaſis als erſten von allen Gefangenen hinzurichten. Jener Hörner- ton, den ihr vernommen haben werdet, gab Kunde von dem Tode des letzten am Nil gebornen Thronerben von Aegypten. Jch kenne mein Geſchick, Kambyſes, und bitte nicht um ein Leben, deſſen Ziel erreicht iſt. Auch Deinen vorwurfsvollen Blick, o Kröſus, verſtehe ich. Du beklagſt die gemordeten Kinder; — das Leben iſt aber ein ſolches Gewebe von Jammer und Enttäuſchungen, daß ich mit Deinem Warner Solon Denjenigen für den Glücklichſten halte, dem die Götter, wie einſt dem Kleobis und Biton 114), einen frühen Tod beſcheeren. Geſtatte mir, wenn ich Dir jemals werth war, wenn mein Rath Dir je zum Heil gereichte, o Kambyſes, als letzte Gnade, nur noch wenige Worte reden zu dürfen. Du, Pſamtik, weißt, was uns entzweite. Jhr, an deren Achtung mir gelegen iſt, ſollt es jetzt Alle erfahren.
„Jch bin von dem Vater dieſes Mannes an ſeiner Stelle zum Befehlshaber der gegen Kypros geſandten Truppen ernannt worden und errang große Erfolge, wo er Demüthigungen erntete; ich wurde ohne meinen Willen zum Mitwiſſer eines, ſeine Anſprüche auf den Thron ge- fährdenden Geheimniſſes; ich verhinderte ihn endlich, eine tugendhafte Jungfrau aus dem Hauſe ihrer Großmutter, einer allen Hellenen ehrwürdigen Greiſin, zu rauben. — Das iſt es, was er mir nicht verzeihen konnte, was ihn bewog, mich, als ich die Dienſte ſeines Vaters verlaſſen mußte, zum Kampf auf Tod und Leben herauszufordern. Jetzt iſt der Streit entſchieden. Du haſt meine unſchul- digen Kinder morden und mich ſelbſt, gleich einem ſchäd- lichen Thiere, hetzen laſſen; das iſt Deine ganze Rache! Jch habe Dich Deines Thrones beraubt und Dich und
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dem Henker auftragen laſſen, den Enkel des Amaſis als
erſten von allen Gefangenen hinzurichten. Jener Hörner-
ton, den ihr vernommen haben werdet, gab Kunde von
dem Tode des letzten am Nil gebornen Thronerben von
Aegypten. Jch kenne mein Geſchick, Kambyſes, und bitte
nicht um ein Leben, deſſen Ziel erreicht iſt. Auch Deinen
vorwurfsvollen Blick, o Kröſus, verſtehe ich. Du beklagſt
die gemordeten Kinder; — das Leben iſt aber ein ſolches
Gewebe von Jammer und Enttäuſchungen, daß ich mit
Deinem Warner Solon Denjenigen für den Glücklichſten
halte, dem die Götter, wie einſt dem Kleobis und Biton 114),
einen frühen Tod beſcheeren. Geſtatte mir, wenn ich Dir
jemals werth war, wenn mein Rath Dir je zum Heil
gereichte, o Kambyſes, als letzte Gnade, nur noch wenige
Worte reden zu dürfen. Du, Pſamtik, weißt, was uns
entzweite. Jhr, an deren Achtung mir gelegen iſt, ſollt
es jetzt Alle erfahren.
„Jch bin von dem Vater dieſes Mannes an ſeiner
Stelle zum Befehlshaber der gegen Kypros geſandten
Truppen ernannt worden und errang große Erfolge, wo
er Demüthigungen erntete; ich wurde ohne meinen Willen
zum Mitwiſſer eines, ſeine Anſprüche auf den Thron ge-
fährdenden Geheimniſſes; ich verhinderte ihn endlich, eine
tugendhafte Jungfrau aus dem Hauſe ihrer Großmutter,
einer allen Hellenen ehrwürdigen Greiſin, zu rauben. —
Das iſt es, was er mir nicht verzeihen konnte, was ihn
bewog, mich, als ich die Dienſte ſeines Vaters verlaſſen
mußte, zum Kampf auf Tod und Leben herauszufordern.
Jetzt iſt der Streit entſchieden. Du haſt meine unſchul-
digen Kinder morden und mich ſelbſt, gleich einem ſchäd-
lichen Thiere, hetzen laſſen; das iſt Deine ganze Rache!
Jch habe Dich Deines Thrones beraubt und Dich und
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/177>, abgerufen am 10.05.2024.
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