Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864."Jch aber möcht' ein Spiegel sein, Dann säh'st Du stets in mich hinein; Jch würde gern zu Deinem Kleid, Dann trügest Du mich allezeit! "Jch wollte, daß ich Wasser wär', Dann plätschert' ich rings um Dich her; Auch möcht' ich gern, o Mägdelein, Um Dich zu salben, Balsam sein! "Zum Gürtel dient' ich gerne Dir, Zur Perle, Deines Halses Zier, Zum Schuh, den Du Dir angeschnürt, Damit mich nur Dein Fuß berührt'! 84)." "Zürnst Du dem unbescheidenen Sänger?" "Wie sollt' ich! Dem Dichter muß man schon eine "Und noch dazu solchem Dichter!" "Der einen so meisterhaften Sänger zum Ueberbringer "Schmeichlerin! Ja, als ich zwanzig Jahre jünger "Du willst nur neues Lob ernten; ich lasse mir aber "Ganz gewiß! Stimme das Plektron 85) und versuche "Jch kann nicht singen, denn ich bin der Ausblei- "Oder Du fühlst mit andern Worten, daß Dir vor Ebers, Eine ägyptische Königstochter. III. 9
„Jch aber möcht’ ein Spiegel ſein, Dann ſäh’ſt Du ſtets in mich hinein; Jch würde gern zu Deinem Kleid, Dann trügeſt Du mich allezeit! „Jch wollte, daß ich Waſſer wär’, Dann plätſchert’ ich rings um Dich her; Auch möcht’ ich gern, o Mägdelein, Um Dich zu ſalben, Balſam ſein! „Zum Gürtel dient’ ich gerne Dir, Zur Perle, Deines Halſes Zier, Zum Schuh, den Du Dir angeſchnürt, Damit mich nur Dein Fuß berührt’! 84).“ „Zürnſt Du dem unbeſcheidenen Sänger?“ „Wie ſollt’ ich! Dem Dichter muß man ſchon eine „Und noch dazu ſolchem Dichter!“ „Der einen ſo meiſterhaften Sänger zum Ueberbringer „Schmeichlerin! Ja, als ich zwanzig Jahre jünger „Du willſt nur neues Lob ernten; ich laſſe mir aber „Ganz gewiß! Stimme das Plektron 85) und verſuche „Jch kann nicht ſingen, denn ich bin der Ausblei- „Oder Du fühlſt mit andern Worten, daß Dir vor Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. III. 9
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0139" n="129"/> <lg n="2"> <l>„Jch aber möcht’ ein Spiegel ſein,</l><lb/> <l>Dann ſäh’ſt Du ſtets in mich hinein;</l><lb/> <l>Jch würde gern zu Deinem Kleid,</l><lb/> <l>Dann trügeſt Du mich allezeit!</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>„Jch wollte, daß ich Waſſer wär’,</l><lb/> <l>Dann plätſchert’ ich rings um Dich her;</l><lb/> <l>Auch möcht’ ich gern, o Mägdelein,</l><lb/> <l>Um Dich zu ſalben, Balſam ſein!</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>„Zum Gürtel dient’ ich gerne Dir,</l><lb/> <l>Zur Perle, Deines Halſes Zier,</l><lb/> <l>Zum Schuh, den Du Dir angeſchnürt,</l><lb/> <l>Damit mich nur Dein Fuß berührt’! <hi rendition="#sup">84</hi>).“</l> </lg> </lg><lb/> <p>„Zürnſt Du dem unbeſcheidenen Sänger?“</p><lb/> <p>„Wie ſollt’ ich! Dem Dichter muß man ſchon eine<lb/> Freiheit geſtatten!“</p><lb/> <p>„Und noch dazu ſolchem Dichter!“</p><lb/> <p>„Der einen ſo meiſterhaften Sänger zum Ueberbringer<lb/> ſeiner Lieder wählt!“</p><lb/> <p>„Schmeichlerin! Ja, als ich zwanzig Jahre jünger<lb/> war, wurde meine Stimme und mein Vortrag mit Recht<lb/> gerühmt; jetzt iſt’s aber vorbei mit der Herrlichkeit!“</p><lb/> <p>„Du willſt nur neues Lob ernten; ich laſſe mir aber<lb/> Nichts abzwingen! Doch möcht’ ich gern wiſſen, ob dieſe<lb/> ſogenannte Barbiton mit ihren weichen Klängen auch für<lb/> andre Lieder als die des Teiers geeignet iſt?“</p><lb/> <p>„Ganz gewiß! Stimme das Plektron <hi rendition="#sup">85</hi>) und verſuche<lb/> ſelbſt, die Saiten zu ſchlagen.“</p><lb/> <p>„Jch kann nicht ſingen, denn ich bin der Ausblei-<lb/> benden wegen gar zu unruhig!“</p><lb/> <p>„Oder Du fühlſt mit andern Worten, daß Dir vor<lb/> Sehnſucht die Stimme verſagt. Kennſt Du das Lied Dei-<lb/> ner lesbiſchen Muhme, der großen Sappho, welches die<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Ebers,</hi> Eine ägyptiſche Königstochter. <hi rendition="#aq">III.</hi> 9</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [129/0139]
„Jch aber möcht’ ein Spiegel ſein,
Dann ſäh’ſt Du ſtets in mich hinein;
Jch würde gern zu Deinem Kleid,
Dann trügeſt Du mich allezeit!
„Jch wollte, daß ich Waſſer wär’,
Dann plätſchert’ ich rings um Dich her;
Auch möcht’ ich gern, o Mägdelein,
Um Dich zu ſalben, Balſam ſein!
„Zum Gürtel dient’ ich gerne Dir,
Zur Perle, Deines Halſes Zier,
Zum Schuh, den Du Dir angeſchnürt,
Damit mich nur Dein Fuß berührt’! 84).“
„Zürnſt Du dem unbeſcheidenen Sänger?“
„Wie ſollt’ ich! Dem Dichter muß man ſchon eine
Freiheit geſtatten!“
„Und noch dazu ſolchem Dichter!“
„Der einen ſo meiſterhaften Sänger zum Ueberbringer
ſeiner Lieder wählt!“
„Schmeichlerin! Ja, als ich zwanzig Jahre jünger
war, wurde meine Stimme und mein Vortrag mit Recht
gerühmt; jetzt iſt’s aber vorbei mit der Herrlichkeit!“
„Du willſt nur neues Lob ernten; ich laſſe mir aber
Nichts abzwingen! Doch möcht’ ich gern wiſſen, ob dieſe
ſogenannte Barbiton mit ihren weichen Klängen auch für
andre Lieder als die des Teiers geeignet iſt?“
„Ganz gewiß! Stimme das Plektron 85) und verſuche
ſelbſt, die Saiten zu ſchlagen.“
„Jch kann nicht ſingen, denn ich bin der Ausblei-
benden wegen gar zu unruhig!“
„Oder Du fühlſt mit andern Worten, daß Dir vor
Sehnſucht die Stimme verſagt. Kennſt Du das Lied Dei-
ner lesbiſchen Muhme, der großen Sappho, welches die
Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. III. 9
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |