Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

So einst in goldgeschmückter Rosenlaube
Erlabt' er sich am süßen Saft der Traube;

Zu einem Höfling unterdessen trat
Ein Diw, in Sängertracht gehüllt, und bat
Um Einlaß bei dem Schah. So hub er an:
"Jch bin ein Sänger von Masenderan 105);
Der Schah, wenn ihm genehm ist, mich zu hören,
Mag Zutritt mir zu seinem Thron' gewähren."
Und Kawus spricht: "Man führ' ihn gleich herein!
Er nehme Platz in meiner Sänger Reih'n!" --
Da schlägt der Diw die Saiten, und dem schönen
Masenderan läßt er ein Lied ertönen:

"Wollt ihr das Lied von Masenderan hören?"

"Singe, singe weiter!"

"Gepriesen sei mein Land Masenderan!
Glück lache seine Au'n und Länder an,
Wo in den Gärten stets die Rose blüht,
Am Berghang Tulp' und Anemone blüht,
Wo immer rein die Luft und grün das Land,
Den ew'gen Lenz nicht Frost noch Hitze bannt,
Wo stets die Nachtigall im Walde singt,
Die Hindin an der Bergeshalde springt
Und nie von ihrem muntern Laufe ruht;
Wo Alles prangt in Duft und Farbenglut;
Wo Rosenwasser in den Strömen fließt
Und Wohlgerüche in die Seele gießt.
Jm Bahman, Ader, Ferwerdin und Di 106)
Blühn dort die Tulpen; sie verwelken nie;
Der Rand der Bäche grünt das ganze Jahr,
Die Falken sind beim Jagen immerdar;
Das ganze Land, so weit es sich erstreckt,
Jst mit Geschmeide, Seid' und Gold bedeckt;
Die Priester dort sind goldbediademt,
Die Großen tragen Gürtel, goldverbrämt;

So einſt in goldgeſchmückter Roſenlaube
Erlabt’ er ſich am ſüßen Saft der Traube;

Zu einem Höfling unterdeſſen trat
Ein Diw, in Sängertracht gehüllt, und bat
Um Einlaß bei dem Schah. So hub er an:
„Jch bin ein Sänger von Maſenderan 105);
Der Schah, wenn ihm genehm iſt, mich zu hören,
Mag Zutritt mir zu ſeinem Thron’ gewähren.“
Und Kawus ſpricht: „Man führ’ ihn gleich herein!
Er nehme Platz in meiner Sänger Reih’n!“ —
Da ſchlägt der Diw die Saiten, und dem ſchönen
Maſenderan läßt er ein Lied ertönen:

„Wollt ihr das Lied von Maſenderan hören?“

„Singe, ſinge weiter!“

„Geprieſen ſei mein Land Maſenderan!
Glück lache ſeine Au’n und Länder an,
Wo in den Gärten ſtets die Roſe blüht,
Am Berghang Tulp’ und Anemone blüht,
Wo immer rein die Luft und grün das Land,
Den ew’gen Lenz nicht Froſt noch Hitze bannt,
Wo ſtets die Nachtigall im Walde ſingt,
Die Hindin an der Bergeshalde ſpringt
Und nie von ihrem muntern Laufe ruht;
Wo Alles prangt in Duft und Farbenglut;
Wo Roſenwaſſer in den Strömen fließt
Und Wohlgerüche in die Seele gießt.
Jm Bahman, Ader, Ferwerdin und Di 106)
Blühn dort die Tulpen; ſie verwelken nie;
Der Rand der Bäche grünt das ganze Jahr,
Die Falken ſind beim Jagen immerdar;
Das ganze Land, ſo weit es ſich erſtreckt,
Jſt mit Geſchmeide, Seid’ und Gold bedeckt;
Die Prieſter dort ſind goldbediademt,
Die Großen tragen Gürtel, goldverbrämt;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <pb facs="#f0174" n="172"/>
            <l>So ein&#x017F;t in goldge&#x017F;chmückter Ro&#x017F;enlaube</l><lb/>
            <l>Erlabt&#x2019; er &#x017F;ich am &#x017F;üßen Saft der Traube;</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Zu einem Höfling unterde&#x017F;&#x017F;en trat</l><lb/>
            <l>Ein Diw, in Sängertracht gehüllt, und bat</l><lb/>
            <l>Um Einlaß bei dem Schah. So hub er an:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Jch bin ein Sänger von Ma&#x017F;enderan <hi rendition="#sup">105</hi>);</l><lb/>
            <l>Der Schah, wenn ihm genehm i&#x017F;t, mich zu hören,</l><lb/>
            <l>Mag Zutritt mir zu &#x017F;einem Thron&#x2019; gewähren.&#x201C;</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Und Kawus &#x017F;pricht: &#x201E;Man führ&#x2019; ihn gleich herein!</l><lb/>
            <l>Er nehme Platz in meiner Sänger Reih&#x2019;n!&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;chlägt der Diw die Saiten, und dem &#x017F;chönen</l><lb/>
            <l>Ma&#x017F;enderan läßt er ein Lied ertönen:</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <p>&#x201E;Wollt ihr das Lied von Ma&#x017F;enderan hören?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Singe, &#x017F;inge weiter!&#x201C;</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>&#x201E;Geprie&#x017F;en &#x017F;ei mein Land Ma&#x017F;enderan!</l><lb/>
          <l>Glück lache &#x017F;eine Au&#x2019;n und Länder an,</l><lb/>
          <l>Wo in den Gärten &#x017F;tets die Ro&#x017F;e blüht,</l><lb/>
          <l>Am Berghang Tulp&#x2019; und Anemone blüht,</l><lb/>
          <l>Wo immer rein die Luft und grün das Land,</l><lb/>
          <l>Den ew&#x2019;gen Lenz nicht Fro&#x017F;t noch Hitze bannt,</l><lb/>
          <l>Wo &#x017F;tets die Nachtigall im Walde &#x017F;ingt,</l><lb/>
          <l>Die Hindin an der Bergeshalde &#x017F;pringt</l><lb/>
          <l>Und nie von ihrem muntern Laufe ruht;</l><lb/>
          <l>Wo Alles prangt in Duft und Farbenglut;</l><lb/>
          <l>Wo Ro&#x017F;enwa&#x017F;&#x017F;er in den Strömen fließt</l><lb/>
          <l>Und Wohlgerüche in die Seele gießt.</l><lb/>
          <l>Jm Bahman, Ader, Ferwerdin und Di <hi rendition="#sup">106</hi>)</l><lb/>
          <l>Blühn dort die Tulpen; &#x017F;ie verwelken nie;</l><lb/>
          <l>Der Rand der Bäche grünt das ganze Jahr,</l><lb/>
          <l>Die Falken &#x017F;ind beim Jagen immerdar;</l><lb/>
          <l>Das ganze Land, &#x017F;o weit es &#x017F;ich er&#x017F;treckt,</l><lb/>
          <l>J&#x017F;t mit Ge&#x017F;chmeide, Seid&#x2019; und Gold bedeckt;</l><lb/>
          <l>Die Prie&#x017F;ter dort &#x017F;ind goldbediademt,</l><lb/>
          <l>Die Großen tragen Gürtel, goldverbrämt;</l><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0174] So einſt in goldgeſchmückter Roſenlaube Erlabt’ er ſich am ſüßen Saft der Traube; Zu einem Höfling unterdeſſen trat Ein Diw, in Sängertracht gehüllt, und bat Um Einlaß bei dem Schah. So hub er an: „Jch bin ein Sänger von Maſenderan 105); Der Schah, wenn ihm genehm iſt, mich zu hören, Mag Zutritt mir zu ſeinem Thron’ gewähren.“ Und Kawus ſpricht: „Man führ’ ihn gleich herein! Er nehme Platz in meiner Sänger Reih’n!“ — Da ſchlägt der Diw die Saiten, und dem ſchönen Maſenderan läßt er ein Lied ertönen: „Wollt ihr das Lied von Maſenderan hören?“ „Singe, ſinge weiter!“ „Geprieſen ſei mein Land Maſenderan! Glück lache ſeine Au’n und Länder an, Wo in den Gärten ſtets die Roſe blüht, Am Berghang Tulp’ und Anemone blüht, Wo immer rein die Luft und grün das Land, Den ew’gen Lenz nicht Froſt noch Hitze bannt, Wo ſtets die Nachtigall im Walde ſingt, Die Hindin an der Bergeshalde ſpringt Und nie von ihrem muntern Laufe ruht; Wo Alles prangt in Duft und Farbenglut; Wo Roſenwaſſer in den Strömen fließt Und Wohlgerüche in die Seele gießt. Jm Bahman, Ader, Ferwerdin und Di 106) Blühn dort die Tulpen; ſie verwelken nie; Der Rand der Bäche grünt das ganze Jahr, Die Falken ſind beim Jagen immerdar; Das ganze Land, ſo weit es ſich erſtreckt, Jſt mit Geſchmeide, Seid’ und Gold bedeckt; Die Prieſter dort ſind goldbediademt, Die Großen tragen Gürtel, goldverbrämt;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/174
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/174>, abgerufen am 28.04.2024.