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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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sammlung einen wohlwollenden, seine Zufriedenheit andeu-
tenden Blick, versprach in blumenreicher Rede die Bitten
all' seiner lieben weißen Täubchen beim Könige zu befür-
worten, und befahl endlich seinen Untergebenen, sich in zwei
langen Reihen aufzustellen.

Die Frauen gehorchten und ließen sich wie Soldaten
von ihrem Befehlshaber, wie Sclaven von einem Käufer
mustern.

Boges war mit dem Putze der meisten zufrieden; eini-
gen Einzelnen befahl er aber röthere Schminke aufzulegen,
die allzugesunde Farbe durch weißes Pulver zu dämpfen,
die Haare höher aufzustecken, die Augenbrauen tiefer zu
schwärzen oder die Lippen besser zu salben.

Nach beendeter Musterung verließ er den Saal und
begab sich zu Phädyme, welche als Gattin des Kambyses,
wie alle rechtmäßigen Frauen desselben, von den Kebswei-
bern abgesonderte Gemächer bewohnte.

Die gestürzte Favoritin, die gedemüthigte Achämeniden-
Tochter erwartete den Eunuchen schon lange.

Sie war überaus glänzend gekleidet und beinahe über-
laden mit kostbaren Schmucksachen. Von ihrer kleinen
Frauentiara wehte ein dichter Schleier von golddurchwirk-
tem Flor, und um dieselbe schlang sich die weiß und blaue
Binde, welche in ihr eine Achämenidentochter erkennen ließ.
Man mußte sie schön nennen, obgleich sich an ihr jene allzu
starke Entwicklung der Formen schon bemerkbar machte, der
die Frauen des Orients nach einigen Jahren des trägen
Haremlebens anheimzufallen pflegen. Fast übervolles gold-
blondes Haar quoll, mit silbernen Kettchen und kleinen
Goldstücken durchflochten, unter ihrer Tiara hervor und
schmiegte sich an ihre weißen Schläfen.

Als Boges in das Zimmer trat, sprang sie ihm

ſammlung einen wohlwollenden, ſeine Zufriedenheit andeu-
tenden Blick, verſprach in blumenreicher Rede die Bitten
all’ ſeiner lieben weißen Täubchen beim Könige zu befür-
worten, und befahl endlich ſeinen Untergebenen, ſich in zwei
langen Reihen aufzuſtellen.

Die Frauen gehorchten und ließen ſich wie Soldaten
von ihrem Befehlshaber, wie Sclaven von einem Käufer
muſtern.

Boges war mit dem Putze der meiſten zufrieden; eini-
gen Einzelnen befahl er aber röthere Schminke aufzulegen,
die allzugeſunde Farbe durch weißes Pulver zu dämpfen,
die Haare höher aufzuſtecken, die Augenbrauen tiefer zu
ſchwärzen oder die Lippen beſſer zu ſalben.

Nach beendeter Muſterung verließ er den Saal und
begab ſich zu Phädyme, welche als Gattin des Kambyſes,
wie alle rechtmäßigen Frauen deſſelben, von den Kebswei-
bern abgeſonderte Gemächer bewohnte.

Die geſtürzte Favoritin, die gedemüthigte Achämeniden-
Tochter erwartete den Eunuchen ſchon lange.

Sie war überaus glänzend gekleidet und beinahe über-
laden mit koſtbaren Schmuckſachen. Von ihrer kleinen
Frauentiara wehte ein dichter Schleier von golddurchwirk-
tem Flor, und um dieſelbe ſchlang ſich die weiß und blaue
Binde, welche in ihr eine Achämenidentochter erkennen ließ.
Man mußte ſie ſchön nennen, obgleich ſich an ihr jene allzu
ſtarke Entwicklung der Formen ſchon bemerkbar machte, der
die Frauen des Orients nach einigen Jahren des trägen
Haremlebens anheimzufallen pflegen. Faſt übervolles gold-
blondes Haar quoll, mit ſilbernen Kettchen und kleinen
Goldſtücken durchflochten, unter ihrer Tiara hervor und
ſchmiegte ſich an ihre weißen Schläfen.

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[110/0112] ſammlung einen wohlwollenden, ſeine Zufriedenheit andeu- tenden Blick, verſprach in blumenreicher Rede die Bitten all’ ſeiner lieben weißen Täubchen beim Könige zu befür- worten, und befahl endlich ſeinen Untergebenen, ſich in zwei langen Reihen aufzuſtellen. Die Frauen gehorchten und ließen ſich wie Soldaten von ihrem Befehlshaber, wie Sclaven von einem Käufer muſtern. Boges war mit dem Putze der meiſten zufrieden; eini- gen Einzelnen befahl er aber röthere Schminke aufzulegen, die allzugeſunde Farbe durch weißes Pulver zu dämpfen, die Haare höher aufzuſtecken, die Augenbrauen tiefer zu ſchwärzen oder die Lippen beſſer zu ſalben. Nach beendeter Muſterung verließ er den Saal und begab ſich zu Phädyme, welche als Gattin des Kambyſes, wie alle rechtmäßigen Frauen deſſelben, von den Kebswei- bern abgeſonderte Gemächer bewohnte. Die geſtürzte Favoritin, die gedemüthigte Achämeniden- Tochter erwartete den Eunuchen ſchon lange. Sie war überaus glänzend gekleidet und beinahe über- laden mit koſtbaren Schmuckſachen. Von ihrer kleinen Frauentiara wehte ein dichter Schleier von golddurchwirk- tem Flor, und um dieſelbe ſchlang ſich die weiß und blaue Binde, welche in ihr eine Achämenidentochter erkennen ließ. Man mußte ſie ſchön nennen, obgleich ſich an ihr jene allzu ſtarke Entwicklung der Formen ſchon bemerkbar machte, der die Frauen des Orients nach einigen Jahren des trägen Haremlebens anheimzufallen pflegen. Faſt übervolles gold- blondes Haar quoll, mit ſilbernen Kettchen und kleinen Goldſtücken durchflochten, unter ihrer Tiara hervor und ſchmiegte ſich an ihre weißen Schläfen. Als Boges in das Zimmer trat, ſprang ſie ihm

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/112>, abgerufen am 02.05.2024.