Der Schmuck der meisten Weiber, welcher in seiner Gesammtheit den Werth eines großen Königreichs darstellen mochte, war vollendet, als Boges in die Halle trat.
Ein vielstimmiges, kreischendes Jubelgeschrei empfing den Ankömmling. Fünfzig Weiber gaben sich die Hände und umtanzten ihren lächelnden Wärter, ein in den Räu- men des Harems entstandenes kunstloses Schmeichellied auf seine Tugenden singend. Heute pflegte der König jedem seiner Weiber ein billiges Anliegen zu gewähren, darum stürmte, nachdem die Tänzerinnen ihre Kette gelöst hatten, eine Schaar von Bittstellerinnen auf Boges ein, um ihm, seine Wangen streichelnd und seine fleischigen Hände küssend, Forderungen der verschiedensten Art in's Ohr zu raunen und die Befürwortung derselben zu erschmeicheln.
Der lächelnde Weiberdespot hielt sich die Ohren zu, stieß die Zudringlichen schäkernd und kichernd zurück, ver- sprach der Mederin Amytis, daß die Phönikerin Esther, und der Phönikerin Esther, daß die Mederin Amytis bestraft werden sollte; verhieß der Parmys einen schöneren Schmuck, als den der Parisatys, und der Parisatys 82) einen kost- bareren als den der Parmys, und setzte, als er sich der an- dringenden Bittstellerinnen gar nicht mehr erwehren konnte, ein goldenes Pfeifchen an den Mund, dessen scharfer Ton gleich einem Zauber auf die Weiberschaar wirkte. Die erhobenen Hände sanken plötzlich nieder, die trippelnden Füßchen standen still, die geöffneten Lippen schlossen sich, der Lärm verwandelte sich in lautlose Stille.
Wer dem Tone dieses Pfeifchens, welches so viel be- deutete als: "Still, im Namen des Königs!" nicht ge- horchte, war strenger Strafe gewiß. Heute wirkte der helle Klang besonders schnell und durchgreifend. Boges gewahrte dieß mit selbstzufriedenem Lächeln, schenkte der ganzen Ver-
Der Schmuck der meiſten Weiber, welcher in ſeiner Geſammtheit den Werth eines großen Königreichs darſtellen mochte, war vollendet, als Boges in die Halle trat.
Ein vielſtimmiges, kreiſchendes Jubelgeſchrei empfing den Ankömmling. Fünfzig Weiber gaben ſich die Hände und umtanzten ihren lächelnden Wärter, ein in den Räu- men des Harems entſtandenes kunſtloſes Schmeichellied auf ſeine Tugenden ſingend. Heute pflegte der König jedem ſeiner Weiber ein billiges Anliegen zu gewähren, darum ſtürmte, nachdem die Tänzerinnen ihre Kette gelöst hatten, eine Schaar von Bittſtellerinnen auf Boges ein, um ihm, ſeine Wangen ſtreichelnd und ſeine fleiſchigen Hände küſſend, Forderungen der verſchiedenſten Art in’s Ohr zu raunen und die Befürwortung derſelben zu erſchmeicheln.
Der lächelnde Weiberdeſpot hielt ſich die Ohren zu, ſtieß die Zudringlichen ſchäkernd und kichernd zurück, ver- ſprach der Mederin Amytis, daß die Phönikerin Eſther, und der Phönikerin Eſther, daß die Mederin Amytis beſtraft werden ſollte; verhieß der Parmys einen ſchöneren Schmuck, als den der Pariſatys, und der Pariſatys 82) einen koſt- bareren als den der Parmys, und ſetzte, als er ſich der an- dringenden Bittſtellerinnen gar nicht mehr erwehren konnte, ein goldenes Pfeifchen an den Mund, deſſen ſcharfer Ton gleich einem Zauber auf die Weiberſchaar wirkte. Die erhobenen Hände ſanken plötzlich nieder, die trippelnden Füßchen ſtanden ſtill, die geöffneten Lippen ſchloſſen ſich, der Lärm verwandelte ſich in lautloſe Stille.
Wer dem Tone dieſes Pfeifchens, welches ſo viel be- deutete als: „Still, im Namen des Königs!“ nicht ge- horchte, war ſtrenger Strafe gewiß. Heute wirkte der helle Klang beſonders ſchnell und durchgreifend. Boges gewahrte dieß mit ſelbſtzufriedenem Lächeln, ſchenkte der ganzen Ver-
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Der Schmuck der meiſten Weiber, welcher in ſeiner
Geſammtheit den Werth eines großen Königreichs darſtellen
mochte, war vollendet, als Boges in die Halle trat.
Ein vielſtimmiges, kreiſchendes Jubelgeſchrei empfing
den Ankömmling. Fünfzig Weiber gaben ſich die Hände
und umtanzten ihren lächelnden Wärter, ein in den Räu-
men des Harems entſtandenes kunſtloſes Schmeichellied auf
ſeine Tugenden ſingend. Heute pflegte der König jedem
ſeiner Weiber ein billiges Anliegen zu gewähren, darum
ſtürmte, nachdem die Tänzerinnen ihre Kette gelöst hatten,
eine Schaar von Bittſtellerinnen auf Boges ein, um ihm,
ſeine Wangen ſtreichelnd und ſeine fleiſchigen Hände küſſend,
Forderungen der verſchiedenſten Art in’s Ohr zu raunen
und die Befürwortung derſelben zu erſchmeicheln.
Der lächelnde Weiberdeſpot hielt ſich die Ohren zu,
ſtieß die Zudringlichen ſchäkernd und kichernd zurück, ver-
ſprach der Mederin Amytis, daß die Phönikerin Eſther, und
der Phönikerin Eſther, daß die Mederin Amytis beſtraft
werden ſollte; verhieß der Parmys einen ſchöneren Schmuck,
als den der Pariſatys, und der Pariſatys 82) einen koſt-
bareren als den der Parmys, und ſetzte, als er ſich der an-
dringenden Bittſtellerinnen gar nicht mehr erwehren konnte,
ein goldenes Pfeifchen an den Mund, deſſen ſcharfer Ton
gleich einem Zauber auf die Weiberſchaar wirkte. Die
erhobenen Hände ſanken plötzlich nieder, die trippelnden
Füßchen ſtanden ſtill, die geöffneten Lippen ſchloſſen ſich,
der Lärm verwandelte ſich in lautloſe Stille.
Wer dem Tone dieſes Pfeifchens, welches ſo viel be-
deutete als: „Still, im Namen des Königs!“ nicht ge-
horchte, war ſtrenger Strafe gewiß. Heute wirkte der helle
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/111>, abgerufen am 22.07.2024.
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