behend entgegen, warf einen Blick in den Spiegel, einen andern auf den Eunuchen und fragte, leidenschaftlich er- regt: "Gefall ich Dir? Werd' ich ihm gefallen?"
Boges lächelte wie immer und gab zurück: "Mir ge- fällst Du stets, mein goldener Pfau, und auch dem Könige würdest Du gefallen, wenn er Dich sehen möchte, wie ich Dich gesehen habe. Als Du mir soeben zuriefst: ,Werde ich ihm gefallen?' da warst Du wahrhaft schön, denn die Leidenschaft färbte Dein blaues Auge so schwarz, daß es aussah wie die Nacht des Angramainjus, und der Haß warf Deine Lippen auf und zeigte mir zwei Reihen Zähne, welche weißer sind als der Schnee des Demawend!"
Sichtlich geschmeichelt und sich zu einem zweiten ähn- lichen Blicke zwingend, rief Phädyme: "Laß uns bald zur Tafel aufbrechen, denn ich sage Dir, Boges, daß meine Augen noch schwärzer glänzen und meine Zähne noch schär- fer leuchten werden als vorhin, wenn ich die Aegypterin auf dem Platze, welcher nur mir gebührt, erblicken werde!"
"Sie darf ihn nicht lange behalten!"
"So gelingt Dein Plan? O rede, Boges, verschweige mir nicht länger, was Du vorhast! Jch will stumm sein wie eine Leiche und Dir helfen ..."
"Jch kann und darf nicht plaudern, aber ich will Dir sagen, um Dir diesen bitteren Abend zu versüßen, daß sich alles vortrefflich macht, daß der Abgrund, in den wir un- sere Feindin stürzen wollen, gegraben ist, und ich meine goldene Phädyme bald auf ihrem alten Platze und vielleicht in noch höherer Stellung wieder zu finden gedenke, wenn sie mir blindlings gehorcht."
"Sage, was ich thun soll; ich bin zu Allem bereit!"
"Wohl gesprochen, Du tapfere Löwin! Folge meinen Worten und alles wird gelingen. Wenn ich Schweres von
behend entgegen, warf einen Blick in den Spiegel, einen andern auf den Eunuchen und fragte, leidenſchaftlich er- regt: „Gefall ich Dir? Werd’ ich ihm gefallen?“
Boges lächelte wie immer und gab zurück: „Mir ge- fällſt Du ſtets, mein goldener Pfau, und auch dem Könige würdeſt Du gefallen, wenn er Dich ſehen möchte, wie ich Dich geſehen habe. Als Du mir ſoeben zuriefſt: ‚Werde ich ihm gefallen?‘ da warſt Du wahrhaft ſchön, denn die Leidenſchaft färbte Dein blaues Auge ſo ſchwarz, daß es ausſah wie die Nacht des Angramainjus, und der Haß warf Deine Lippen auf und zeigte mir zwei Reihen Zähne, welche weißer ſind als der Schnee des Demawend!“
Sichtlich geſchmeichelt und ſich zu einem zweiten ähn- lichen Blicke zwingend, rief Phädyme: „Laß uns bald zur Tafel aufbrechen, denn ich ſage Dir, Boges, daß meine Augen noch ſchwärzer glänzen und meine Zähne noch ſchär- fer leuchten werden als vorhin, wenn ich die Aegypterin auf dem Platze, welcher nur mir gebührt, erblicken werde!“
„Sie darf ihn nicht lange behalten!“
„So gelingt Dein Plan? O rede, Boges, verſchweige mir nicht länger, was Du vorhaſt! Jch will ſtumm ſein wie eine Leiche und Dir helfen ...“
„Jch kann und darf nicht plaudern, aber ich will Dir ſagen, um Dir dieſen bitteren Abend zu verſüßen, daß ſich alles vortrefflich macht, daß der Abgrund, in den wir un- ſere Feindin ſtürzen wollen, gegraben iſt, und ich meine goldene Phädyme bald auf ihrem alten Platze und vielleicht in noch höherer Stellung wieder zu finden gedenke, wenn ſie mir blindlings gehorcht.“
„Sage, was ich thun ſoll; ich bin zu Allem bereit!“
„Wohl geſprochen, Du tapfere Löwin! Folge meinen Worten und alles wird gelingen. Wenn ich Schweres von
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behend entgegen, warf einen Blick in den Spiegel, einen
andern auf den Eunuchen und fragte, leidenſchaftlich er-
regt: „Gefall ich Dir? Werd’ ich ihm gefallen?“
Boges lächelte wie immer und gab zurück: „Mir ge-
fällſt Du ſtets, mein goldener Pfau, und auch dem Könige
würdeſt Du gefallen, wenn er Dich ſehen möchte, wie ich
Dich geſehen habe. Als Du mir ſoeben zuriefſt: ‚Werde
ich ihm gefallen?‘ da warſt Du wahrhaft ſchön, denn die
Leidenſchaft färbte Dein blaues Auge ſo ſchwarz, daß es
ausſah wie die Nacht des Angramainjus, und der Haß
warf Deine Lippen auf und zeigte mir zwei Reihen Zähne,
welche weißer ſind als der Schnee des Demawend!“
Sichtlich geſchmeichelt und ſich zu einem zweiten ähn-
lichen Blicke zwingend, rief Phädyme: „Laß uns bald zur
Tafel aufbrechen, denn ich ſage Dir, Boges, daß meine
Augen noch ſchwärzer glänzen und meine Zähne noch ſchär-
fer leuchten werden als vorhin, wenn ich die Aegypterin
auf dem Platze, welcher nur mir gebührt, erblicken werde!“
„Sie darf ihn nicht lange behalten!“
„So gelingt Dein Plan? O rede, Boges, verſchweige
mir nicht länger, was Du vorhaſt! Jch will ſtumm ſein
wie eine Leiche und Dir helfen ...“
„Jch kann und darf nicht plaudern, aber ich will Dir
ſagen, um Dir dieſen bitteren Abend zu verſüßen, daß ſich
alles vortrefflich macht, daß der Abgrund, in den wir un-
ſere Feindin ſtürzen wollen, gegraben iſt, und ich meine
goldene Phädyme bald auf ihrem alten Platze und vielleicht
in noch höherer Stellung wieder zu finden gedenke, wenn
ſie mir blindlings gehorcht.“
„Sage, was ich thun ſoll; ich bin zu Allem bereit!“
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/113>, abgerufen am 22.07.2024.
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