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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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mich. Da schickte uns mein Vorgänger Hophra in den
Krieg gegen Kyrene.

"Jn der Wüste verschmachtend, weigerten wir uns
weiter zu ziehen. Der Verdacht, der König wolle uns
den hellenischen Söldnern opfern, trieb zu offner Empö-
rung. Scherzend, wie immer, rief ich den Freunden zu:
,Ohne König werdet ihr nicht fertig, so macht mich zu
eurem Herrscher; einen fröhlicheren findet ihr nirgends!'

"Die Soldaten hatten das Wort gehört. ,Amasis will
König werden,' rief es von Glied zu Glied, von Mann
zu Mann. ,Der gute, der fröhliche Amasis sei unser
König!' ward mir in wenigen Stunden zugejubelt. Ein
Zechgenosse setzte mir den Helm des Feldherrn auf; -- ich
verwandelte den Scherz in Ernst, die Masse der Soldaten
hielt zu mir und wir schlugen Hophra bei Mömemphis.
Das Volk schloß sich der Verschwörung an. Jch bestieg
den Thron. Man nannte mich glücklich. Bis dahin aller
Aegypter Freund, ward ich jetzt der Feind ihrer Besten.

"Die Priester huldigten mir und nahmen mich in ihre
Kaste auf, aber nur, weil sie hofften, mich ganz nach ihrem
Belieben lenken zu können. Meine früheren Vorgesetzten
beneideten mich, oder wollten mit mir verkehren wie ehe-
dem. Jch erkannte, daß dieß unmöglich sei. Eines Ta-
ges, als die Befehlshaber des Heeres bei mir schmausten
und Scherze mit mir zu treiben versuchten, zeigte ich ihnen
das goldene Becken, in dem man ihnen die Füße vor dem
Gastmahle gewaschen hatte; fünf Tage später ließ ich, als
sie wieder bei mir schwelgten, ein goldenes Bild des gro-
ßen Gottes Ra 114) auf die geschmückte Tafel stellen. So-
bald sie dieß erblickten sanken sie nieder, um anzubeten.
Als sie aufgestanden waren, sprang ich auf den Tisch und
rief: "Dieses Götterbild hat ein Künstler in fünf Tagen

mich. Da ſchickte uns mein Vorgänger Hophra in den
Krieg gegen Kyrene.

„Jn der Wüſte verſchmachtend, weigerten wir uns
weiter zu ziehen. Der Verdacht, der König wolle uns
den helleniſchen Söldnern opfern, trieb zu offner Empö-
rung. Scherzend, wie immer, rief ich den Freunden zu:
‚Ohne König werdet ihr nicht fertig, ſo macht mich zu
eurem Herrſcher; einen fröhlicheren findet ihr nirgends!‘

„Die Soldaten hatten das Wort gehört. ‚Amaſis will
König werden,‘ rief es von Glied zu Glied, von Mann
zu Mann. ‚Der gute, der fröhliche Amaſis ſei unſer
König!‘ ward mir in wenigen Stunden zugejubelt. Ein
Zechgenoſſe ſetzte mir den Helm des Feldherrn auf; — ich
verwandelte den Scherz in Ernſt, die Maſſe der Soldaten
hielt zu mir und wir ſchlugen Hophra bei Mömemphis.
Das Volk ſchloß ſich der Verſchwörung an. Jch beſtieg
den Thron. Man nannte mich glücklich. Bis dahin aller
Aegypter Freund, ward ich jetzt der Feind ihrer Beſten.

„Die Prieſter huldigten mir und nahmen mich in ihre
Kaſte auf, aber nur, weil ſie hofften, mich ganz nach ihrem
Belieben lenken zu können. Meine früheren Vorgeſetzten
beneideten mich, oder wollten mit mir verkehren wie ehe-
dem. Jch erkannte, daß dieß unmöglich ſei. Eines Ta-
ges, als die Befehlshaber des Heeres bei mir ſchmausten
und Scherze mit mir zu treiben verſuchten, zeigte ich ihnen
das goldene Becken, in dem man ihnen die Füße vor dem
Gaſtmahle gewaſchen hatte; fünf Tage ſpäter ließ ich, als
ſie wieder bei mir ſchwelgten, ein goldenes Bild des gro-
ßen Gottes Ra 114) auf die geſchmückte Tafel ſtellen. So-
bald ſie dieß erblickten ſanken ſie nieder, um anzubeten.
Als ſie aufgeſtanden waren, ſprang ich auf den Tiſch und
rief: „Dieſes Götterbild hat ein Künſtler in fünf Tagen

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[68/0086] mich. Da ſchickte uns mein Vorgänger Hophra in den Krieg gegen Kyrene. „Jn der Wüſte verſchmachtend, weigerten wir uns weiter zu ziehen. Der Verdacht, der König wolle uns den helleniſchen Söldnern opfern, trieb zu offner Empö- rung. Scherzend, wie immer, rief ich den Freunden zu: ‚Ohne König werdet ihr nicht fertig, ſo macht mich zu eurem Herrſcher; einen fröhlicheren findet ihr nirgends!‘ „Die Soldaten hatten das Wort gehört. ‚Amaſis will König werden,‘ rief es von Glied zu Glied, von Mann zu Mann. ‚Der gute, der fröhliche Amaſis ſei unſer König!‘ ward mir in wenigen Stunden zugejubelt. Ein Zechgenoſſe ſetzte mir den Helm des Feldherrn auf; — ich verwandelte den Scherz in Ernſt, die Maſſe der Soldaten hielt zu mir und wir ſchlugen Hophra bei Mömemphis. Das Volk ſchloß ſich der Verſchwörung an. Jch beſtieg den Thron. Man nannte mich glücklich. Bis dahin aller Aegypter Freund, ward ich jetzt der Feind ihrer Beſten. „Die Prieſter huldigten mir und nahmen mich in ihre Kaſte auf, aber nur, weil ſie hofften, mich ganz nach ihrem Belieben lenken zu können. Meine früheren Vorgeſetzten beneideten mich, oder wollten mit mir verkehren wie ehe- dem. Jch erkannte, daß dieß unmöglich ſei. Eines Ta- ges, als die Befehlshaber des Heeres bei mir ſchmausten und Scherze mit mir zu treiben verſuchten, zeigte ich ihnen das goldene Becken, in dem man ihnen die Füße vor dem Gaſtmahle gewaſchen hatte; fünf Tage ſpäter ließ ich, als ſie wieder bei mir ſchwelgten, ein goldenes Bild des gro- ßen Gottes Ra 114) auf die geſchmückte Tafel ſtellen. So- bald ſie dieß erblickten ſanken ſie nieder, um anzubeten. Als ſie aufgeſtanden waren, ſprang ich auf den Tiſch und rief: „Dieſes Götterbild hat ein Künſtler in fünf Tagen

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/86>, abgerufen am 27.04.2024.