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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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serem Hause erwarten; des guten Phanes Kinder, jenes
Mannes, für den Dein Freund, der Sohn des Krösus,
eine so edle That beging. Jch will für die Kleinen im-
merdar wie eine Mutter sorgen, und wenn sie brav ge-
wesen sind, dann werde ich ihnen schöne Mährchen singen
von einem Königssohn, einem starken Helden, der sich ein
schlichtes Mädchen zum Weibe nahm; und wenn ich dann
beschreibe, wie der Prinz, der junge Held, zu schauen war,
so wirst Du hell vor meinen Augen stehen, und, ohne daß
mein Pärchen etwas merkt, beschreib' ich Dich vom Kopfe
bis zum Fuß. Mein Held erfreut sich Deines hohen
Wuchses, ihn zieren Deine goldnen Locken, Dein blaues
Augenpaar schmückt seine Stirn, und Deiner Kleider könig-
liche Pracht umgibt auch seine prangende Gestalt; Dein
edles Herz, Dein treuer wahrer Sinn, die Ehrfurcht vor
den Göttern, die Dich ziert, die Tapferkeit, Dein hoher
Heldenmuth, kurz Alles, was an Dir mir lieb und werth,
das wird dem Helden meines Liedes zu Theil. -- Die
Kinder werden lauschen! Und wenn sie ausrufen werden:
,O wie lieben wir den Königssohn, wie ist er schön und
gut; ach, könnten wir den edlen Jüngling seh'n' -- dann
presse ich sie liebend an mein Herz und küsse sie, so wie
ich Dich geküßt, und auch der Kinder Wunsch ist dann
erfüllt, denn, weil Du ja in meinem Herzen thronst, so
bist Du in mir lebend, ihnen nah, und, wie sie mich,
umarmen sie auch Dich!"

"Jch aber geh' zu meinem Schwesterlein, Atossa, und
erzähle ihr von Allem, was ich auf meiner Fahrt gesehen
habe. Und wenn ich der Griechen Anmuth, den Glanz
ihrer Werke und die Schönheit ihrer Frauen preise, so
will ich Dein holdes Wesen schildern, als das Bild der
goldnen Aphrodite. Jch werde ihr von Deiner Tugend,

ſerem Hauſe erwarten; des guten Phanes Kinder, jenes
Mannes, für den Dein Freund, der Sohn des Kröſus,
eine ſo edle That beging. Jch will für die Kleinen im-
merdar wie eine Mutter ſorgen, und wenn ſie brav ge-
weſen ſind, dann werde ich ihnen ſchöne Mährchen ſingen
von einem Königsſohn, einem ſtarken Helden, der ſich ein
ſchlichtes Mädchen zum Weibe nahm; und wenn ich dann
beſchreibe, wie der Prinz, der junge Held, zu ſchauen war,
ſo wirſt Du hell vor meinen Augen ſtehen, und, ohne daß
mein Pärchen etwas merkt, beſchreib’ ich Dich vom Kopfe
bis zum Fuß. Mein Held erfreut ſich Deines hohen
Wuchſes, ihn zieren Deine goldnen Locken, Dein blaues
Augenpaar ſchmückt ſeine Stirn, und Deiner Kleider könig-
liche Pracht umgibt auch ſeine prangende Geſtalt; Dein
edles Herz, Dein treuer wahrer Sinn, die Ehrfurcht vor
den Göttern, die Dich ziert, die Tapferkeit, Dein hoher
Heldenmuth, kurz Alles, was an Dir mir lieb und werth,
das wird dem Helden meines Liedes zu Theil. — Die
Kinder werden lauſchen! Und wenn ſie ausrufen werden:
‚O wie lieben wir den Königsſohn, wie iſt er ſchön und
gut; ach, könnten wir den edlen Jüngling ſeh’n‘ — dann
preſſe ich ſie liebend an mein Herz und küſſe ſie, ſo wie
ich Dich geküßt, und auch der Kinder Wunſch iſt dann
erfüllt, denn, weil Du ja in meinem Herzen thronſt, ſo
biſt Du in mir lebend, ihnen nah, und, wie ſie mich,
umarmen ſie auch Dich!“

„Jch aber geh’ zu meinem Schweſterlein, Atoſſa, und
erzähle ihr von Allem, was ich auf meiner Fahrt geſehen
habe. Und wenn ich der Griechen Anmuth, den Glanz
ihrer Werke und die Schönheit ihrer Frauen preiſe, ſo
will ich Dein holdes Weſen ſchildern, als das Bild der
goldnen Aphrodite. Jch werde ihr von Deiner Tugend,

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[167/0185] ſerem Hauſe erwarten; des guten Phanes Kinder, jenes Mannes, für den Dein Freund, der Sohn des Kröſus, eine ſo edle That beging. Jch will für die Kleinen im- merdar wie eine Mutter ſorgen, und wenn ſie brav ge- weſen ſind, dann werde ich ihnen ſchöne Mährchen ſingen von einem Königsſohn, einem ſtarken Helden, der ſich ein ſchlichtes Mädchen zum Weibe nahm; und wenn ich dann beſchreibe, wie der Prinz, der junge Held, zu ſchauen war, ſo wirſt Du hell vor meinen Augen ſtehen, und, ohne daß mein Pärchen etwas merkt, beſchreib’ ich Dich vom Kopfe bis zum Fuß. Mein Held erfreut ſich Deines hohen Wuchſes, ihn zieren Deine goldnen Locken, Dein blaues Augenpaar ſchmückt ſeine Stirn, und Deiner Kleider könig- liche Pracht umgibt auch ſeine prangende Geſtalt; Dein edles Herz, Dein treuer wahrer Sinn, die Ehrfurcht vor den Göttern, die Dich ziert, die Tapferkeit, Dein hoher Heldenmuth, kurz Alles, was an Dir mir lieb und werth, das wird dem Helden meines Liedes zu Theil. — Die Kinder werden lauſchen! Und wenn ſie ausrufen werden: ‚O wie lieben wir den Königsſohn, wie iſt er ſchön und gut; ach, könnten wir den edlen Jüngling ſeh’n‘ — dann preſſe ich ſie liebend an mein Herz und küſſe ſie, ſo wie ich Dich geküßt, und auch der Kinder Wunſch iſt dann erfüllt, denn, weil Du ja in meinem Herzen thronſt, ſo biſt Du in mir lebend, ihnen nah, und, wie ſie mich, umarmen ſie auch Dich!“ „Jch aber geh’ zu meinem Schweſterlein, Atoſſa, und erzähle ihr von Allem, was ich auf meiner Fahrt geſehen habe. Und wenn ich der Griechen Anmuth, den Glanz ihrer Werke und die Schönheit ihrer Frauen preiſe, ſo will ich Dein holdes Weſen ſchildern, als das Bild der goldnen Aphrodite. Jch werde ihr von Deiner Tugend,

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/185>, abgerufen am 30.04.2024.