Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Das menschliche Auge.
Als in einem Spiegel drükket,
Und zum Mittelpuncte schikket,
Dran man eine schwarze Wand,
Findet gleichsam ausgespannt.

Wenn durch wässrichte Kristallen
Die das äusre Licht berührt,
Mancherlei Gestalten fallen;
Werden sie dahin geführt,
Wo sie diese Wand bestrahlen,
Und sich gleichsam dran abmahlen,
Da hernach der Geist erblikt,
Was daran ist abgedrükt.
Was noch sonsten ist zufinden,
Von den Nerven, Muskeln, Haut,
Woraus in den hohlen Gründen,
Jst das runde Aug erbaut,
Wollen wir nicht weiter zeigen,
Sondern diesmahl nur verschweigen,
Weil wir schon genug gesehn,
Unsern Schöpfer zu erhöhn.
Kein
net die Hornhaut anzufeuchten, daß dieselbe hell und
durchsichtig bleibet. Die andre ist mehr ein dichtes
als flüßiges Wesen, doch hell und durchsichtig, wird
daher die Kristallene Feuchtigkeit, oder humor
crystallinus genennet. Sie fasset die Lichtstrahlen auf,
und läst sie weiter ins Auge hinein. Die dritte ist
weder so flüßig als die wäsrichte, noch so dichte als
die Kristallene, und ist einem geschmolzen Glase gleich,
heisset daher die gläserne Feuchtigkeit oder humor vi-
treus. Diese dienet dem Auge seine runde Gestalt zu
geben, und die Nezförmige Haut ausgespannet zu er-
halten.

Das menſchliche Auge.
Als in einem Spiegel druͤkket,
Und zum Mittelpuncte ſchikket,
Dran man eine ſchwarze Wand,
Findet gleichſam ausgeſpannt.

Wenn durch waͤſſrichte Kriſtallen
Die das aͤuſre Licht beruͤhrt,
Mancherlei Geſtalten fallen;
Werden ſie dahin gefuͤhrt,
Wo ſie dieſe Wand beſtrahlen,
Und ſich gleichſam dran abmahlen,
Da hernach der Geiſt erblikt,
Was daran iſt abgedruͤkt.
Was noch ſonſten iſt zufinden,
Von den Nerven, Muskeln, Haut,
Woraus in den hohlen Gruͤnden,
Jſt das runde Aug erbaut,
Wollen wir nicht weiter zeigen,
Sondern diesmahl nur verſchweigen,
Weil wir ſchon genug geſehn,
Unſern Schoͤpfer zu erhoͤhn.
Kein
net die Hornhaut anzufeuchten, daß dieſelbe hell und
durchſichtig bleibet. Die andre iſt mehr ein dichtes
als fluͤßiges Weſen, doch hell und durchſichtig, wird
daher die Kriſtallene Feuchtigkeit, oder humor
cryſtallinus genennet. Sie faſſet die Lichtſtrahlen auf,
und laͤſt ſie weiter ins Auge hinein. Die dritte iſt
weder ſo fluͤßig als die waͤsrichte, noch ſo dichte als
die Kriſtallene, und iſt einem geſchmolzen Glaſe gleich,
heiſſet daher die glaͤſerne Feuchtigkeit oder humor vi-
treus. Dieſe dienet dem Auge ſeine runde Geſtalt zu
geben, und die Nezfoͤrmige Haut ausgeſpannet zu er-
halten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="22">
            <pb facs="#f0155" n="139"/>
            <fw place="top" type="header">Das men&#x017F;chliche Auge.</fw><lb/>
            <l>Als in einem Spiegel dru&#x0364;kket,</l><lb/>
            <l>Und zum Mittelpuncte &#x017F;chikket,</l><lb/>
            <l>Dran man eine &#x017F;chwarze Wand,</l><lb/>
            <l>Findet gleich&#x017F;am ausge&#x017F;pannt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="23">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>enn durch wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;richte Kri&#x017F;tallen</l><lb/>
            <l>Die das a&#x0364;u&#x017F;re Licht beru&#x0364;hrt,</l><lb/>
            <l>Mancherlei Ge&#x017F;talten fallen;</l><lb/>
            <l>Werden &#x017F;ie dahin gefu&#x0364;hrt,</l><lb/>
            <l>Wo &#x017F;ie die&#x017F;e Wand be&#x017F;trahlen,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ich gleich&#x017F;am dran abmahlen,</l><lb/>
            <l>Da hernach der Gei&#x017F;t erblikt,</l><lb/>
            <l>Was daran i&#x017F;t abgedru&#x0364;kt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="24">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>as noch &#x017F;on&#x017F;ten i&#x017F;t zufinden,</l><lb/>
            <l>Von den Nerven, Muskeln, Haut,</l><lb/>
            <l>Woraus in den hohlen Gru&#x0364;nden,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t das runde Aug erbaut,</l><lb/>
            <l>Wollen wir nicht weiter zeigen,</l><lb/>
            <l>Sondern diesmahl nur ver&#x017F;chweigen,</l><lb/>
            <l>Weil wir &#x017F;chon genug ge&#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Un&#x017F;ern Scho&#x0364;pfer zu erho&#x0364;hn.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Kein</fw><lb/>
          <note xml:id="f04" prev="#f03" place="foot" n="(**)">net die Hornhaut anzufeuchten, daß die&#x017F;elbe hell und<lb/>
durch&#x017F;ichtig bleibet. Die andre i&#x017F;t mehr ein dichtes<lb/>
als flu&#x0364;ßiges We&#x017F;en, doch hell und durch&#x017F;ichtig, wird<lb/>
daher die <hi rendition="#fr">Kri&#x017F;tallene Feuchtigkeit,</hi> oder <hi rendition="#aq">humor<lb/>
cry&#x017F;tallinus</hi> genennet. Sie fa&#x017F;&#x017F;et die Licht&#x017F;trahlen auf,<lb/>
und la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ie weiter ins Auge hinein. Die dritte i&#x017F;t<lb/>
weder &#x017F;o flu&#x0364;ßig als die wa&#x0364;srichte, noch &#x017F;o dichte als<lb/>
die Kri&#x017F;tallene, und i&#x017F;t einem ge&#x017F;chmolzen Gla&#x017F;e gleich,<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;et daher die gla&#x0364;&#x017F;erne Feuchtigkeit oder <hi rendition="#aq">humor vi-<lb/>
treus.</hi> Die&#x017F;e dienet dem Auge &#x017F;eine runde Ge&#x017F;talt zu<lb/>
geben, und die Nezfo&#x0364;rmige Haut ausge&#x017F;pannet zu er-<lb/>
halten.</note><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0155] Das menſchliche Auge. Als in einem Spiegel druͤkket, Und zum Mittelpuncte ſchikket, Dran man eine ſchwarze Wand, Findet gleichſam ausgeſpannt. Wenn durch waͤſſrichte Kriſtallen Die das aͤuſre Licht beruͤhrt, Mancherlei Geſtalten fallen; Werden ſie dahin gefuͤhrt, Wo ſie dieſe Wand beſtrahlen, Und ſich gleichſam dran abmahlen, Da hernach der Geiſt erblikt, Was daran iſt abgedruͤkt. Was noch ſonſten iſt zufinden, Von den Nerven, Muskeln, Haut, Woraus in den hohlen Gruͤnden, Jſt das runde Aug erbaut, Wollen wir nicht weiter zeigen, Sondern diesmahl nur verſchweigen, Weil wir ſchon genug geſehn, Unſern Schoͤpfer zu erhoͤhn. Kein (**) (**) net die Hornhaut anzufeuchten, daß dieſelbe hell und durchſichtig bleibet. Die andre iſt mehr ein dichtes als fluͤßiges Weſen, doch hell und durchſichtig, wird daher die Kriſtallene Feuchtigkeit, oder humor cryſtallinus genennet. Sie faſſet die Lichtſtrahlen auf, und laͤſt ſie weiter ins Auge hinein. Die dritte iſt weder ſo fluͤßig als die waͤsrichte, noch ſo dichte als die Kriſtallene, und iſt einem geſchmolzen Glaſe gleich, heiſſet daher die glaͤſerne Feuchtigkeit oder humor vi- treus. Dieſe dienet dem Auge ſeine runde Geſtalt zu geben, und die Nezfoͤrmige Haut ausgeſpannet zu er- halten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/155
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/155>, abgerufen am 06.05.2024.