Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Betrachtung über die verwelkten Blätter.

Da sie in Lenz aus andern Bäumen,
Mit schönen Flor von neuen keimen.

Da sehet ihr! ihr stolzen Reichen,
Die ihr den Bäumen zu vergleichen,
Das Schiksal eurer Güter an,
Und wie es euch ergehen kan,
Wenn euch der Winter später Jahre,
Zulezt bringt zu der Todten-Baare.
Jhr prangt jezo mit euren Schäzen,
Jhr könnt am Mammon euch ergözen,
Allein was ist das eitle Geld,
Das euer Herze an sich hält,
Was ist das Gold, das euch so zieret?
Ein Schmuk der sich gar bald verlieret.
Des Sommers warme Sonnenblikke,
Und euer scheinendes Gelükke:
Die dauren eine kurze Zeit,
Es folgen auf die Heiterkeit
Des Sommers, kalte Witterungen,
Und auf das Glük stets Aenderungen.
Der Zeiten Wechsel sind geschwinde,
Des Schiksahls stürmerische Winde,
Erheben sich als wie ein Nord,
Und treiben von uns wieder fort,
Was wir vorher mit Lust besessen,
Wird schmerzhaft wiederum vergessen.
Die Kräfte der Natur vergehen,
Jhr plaget euch mit kranken Wehen,
Die

Betrachtung uͤber die verwelkten Blaͤtter.

Da ſie in Lenz aus andern Baͤumen,
Mit ſchoͤnen Flor von neuen keimen.

Da ſehet ihr! ihr ſtolzen Reichen,
Die ihr den Baͤumen zu vergleichen,
Das Schikſal eurer Guͤter an,
Und wie es euch ergehen kan,
Wenn euch der Winter ſpaͤter Jahre,
Zulezt bringt zu der Todten-Baare.
Jhr prangt jezo mit euren Schaͤzen,
Jhr koͤnnt am Mammon euch ergoͤzen,
Allein was iſt das eitle Geld,
Das euer Herze an ſich haͤlt,
Was iſt das Gold, das euch ſo zieret?
Ein Schmuk der ſich gar bald verlieret.
Des Sommers warme Sonnenblikke,
Und euer ſcheinendes Geluͤkke:
Die dauren eine kurze Zeit,
Es folgen auf die Heiterkeit
Des Sommers, kalte Witterungen,
Und auf das Gluͤk ſtets Aenderungen.
Der Zeiten Wechſel ſind geſchwinde,
Des Schikſahls ſtuͤrmeriſche Winde,
Erheben ſich als wie ein Nord,
Und treiben von uns wieder fort,
Was wir vorher mit Luſt beſeſſen,
Wird ſchmerzhaft wiederum vergeſſen.
Die Kraͤfte der Natur vergehen,
Jhr plaget euch mit kranken Wehen,
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="4">
            <l>
              <pb facs="#f0058" n="46"/>
              <fw place="top" type="header">Betrachtung u&#x0364;ber die verwelkten Bla&#x0364;tter.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Da &#x017F;ie in Lenz aus andern Ba&#x0364;umen,</l><lb/>
            <l>Mit &#x017F;cho&#x0364;nen Flor von neuen keimen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>a &#x017F;ehet ihr! ihr &#x017F;tolzen Reichen,</l><lb/>
            <l>Die ihr den Ba&#x0364;umen zu vergleichen,</l><lb/>
            <l>Das Schik&#x017F;al eurer Gu&#x0364;ter an,</l><lb/>
            <l>Und wie es euch ergehen kan,</l><lb/>
            <l>Wenn euch der Winter &#x017F;pa&#x0364;ter Jahre,</l><lb/>
            <l>Zulezt bringt zu der Todten-Baare.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>hr prangt jezo mit euren Scha&#x0364;zen,</l><lb/>
            <l>Jhr ko&#x0364;nnt am Mammon euch ergo&#x0364;zen,</l><lb/>
            <l>Allein was i&#x017F;t das eitle Geld,</l><lb/>
            <l>Das euer Herze an &#x017F;ich ha&#x0364;lt,</l><lb/>
            <l>Was i&#x017F;t das Gold, das euch &#x017F;o zieret?</l><lb/>
            <l>Ein Schmuk der &#x017F;ich gar bald verlieret.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>es Sommers warme Sonnenblikke,</l><lb/>
            <l>Und euer &#x017F;cheinendes Gelu&#x0364;kke:</l><lb/>
            <l>Die dauren eine kurze Zeit,</l><lb/>
            <l>Es folgen auf die Heiterkeit</l><lb/>
            <l>Des Sommers, kalte Witterungen,</l><lb/>
            <l>Und auf das Glu&#x0364;k &#x017F;tets Aenderungen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>er Zeiten Wech&#x017F;el &#x017F;ind ge&#x017F;chwinde,</l><lb/>
            <l>Des Schik&#x017F;ahls &#x017F;tu&#x0364;rmeri&#x017F;che Winde,</l><lb/>
            <l>Erheben &#x017F;ich als wie ein Nord,</l><lb/>
            <l>Und treiben von uns wieder fort,</l><lb/>
            <l>Was wir vorher mit Lu&#x017F;t be&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Wird &#x017F;chmerzhaft wiederum verge&#x017F;&#x017F;en.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="9">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Kra&#x0364;fte der Natur vergehen,</l><lb/>
            <l>Jhr plaget euch mit kranken Wehen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0058] Betrachtung uͤber die verwelkten Blaͤtter. Da ſie in Lenz aus andern Baͤumen, Mit ſchoͤnen Flor von neuen keimen. Da ſehet ihr! ihr ſtolzen Reichen, Die ihr den Baͤumen zu vergleichen, Das Schikſal eurer Guͤter an, Und wie es euch ergehen kan, Wenn euch der Winter ſpaͤter Jahre, Zulezt bringt zu der Todten-Baare. Jhr prangt jezo mit euren Schaͤzen, Jhr koͤnnt am Mammon euch ergoͤzen, Allein was iſt das eitle Geld, Das euer Herze an ſich haͤlt, Was iſt das Gold, das euch ſo zieret? Ein Schmuk der ſich gar bald verlieret. Des Sommers warme Sonnenblikke, Und euer ſcheinendes Geluͤkke: Die dauren eine kurze Zeit, Es folgen auf die Heiterkeit Des Sommers, kalte Witterungen, Und auf das Gluͤk ſtets Aenderungen. Der Zeiten Wechſel ſind geſchwinde, Des Schikſahls ſtuͤrmeriſche Winde, Erheben ſich als wie ein Nord, Und treiben von uns wieder fort, Was wir vorher mit Luſt beſeſſen, Wird ſchmerzhaft wiederum vergeſſen. Die Kraͤfte der Natur vergehen, Jhr plaget euch mit kranken Wehen, Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/58
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/58>, abgerufen am 03.12.2024.