Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Vorrede. let uns die Tugenden und Laster vor, diewir zu erwählen und abzulegen haben. Und die Abhandelungen können also in diese Classe gesezzet werden. Nur bitte bei der Lesung derselben zu erwegen, daß ich bei der Beschreibung einiger Laster den Vorsaz nicht gehabt, dieselbe mit einen scharfbeissenden Salz einer satyrischen Schreibart zu bestreu- en. Solten einige empfindliche Ausdrükke darin seyn; so glaube daß sie aus keiner spiz- zigen Feder geflossen. Jch bin so gleichgül- tig bei den Fehlern der verdorbenen Welt nicht, daß ich dieselbe mit einem Hohngeläch- ter ansehen könte. Es jammert mir viel- mehr, wenn ich Menschen sehe, welche Ver- nunfft und Schrifft aus den Augen sezzen, und die starken Riegel der natürlichen Zucht und der heiligen Religion zerbrechen, und nach den Trieben der wilden Reigungen le- ben. Daher kan ich dieselbe auch auf keine andre Weise bestraffen, als durch eine beweg- liche und mitleidende Vorstellung ihrer Ab- wege. Daher muß keiner diese Gedichte, nach den Regeln einer beißigen Satire beur- theilen, die ich mir nicht zur Einrichtung mei- ner Gedanken vorgestellet. Jch will kein scharfer Sittenrichter, sondern nur ein lieb- reicher Menschenfreund seyn, der durch Leh- ren und Ermahnen zu bessern suchet. Der lezte Theil wird nach zwei Monathen erfol- gen
Vorrede. let uns die Tugenden und Laſter vor, diewir zu erwaͤhlen und abzulegen haben. Und die Abhandelungen koͤnnen alſo in dieſe Claſſe geſezzet werden. Nur bitte bei der Leſung derſelben zu erwegen, daß ich bei der Beſchreibung einiger Laſter den Vorſaz nicht gehabt, dieſelbe mit einen ſcharfbeiſſenden Salz einer ſatyriſchen Schreibart zu beſtreu- en. Solten einige empfindliche Ausdruͤkke darin ſeyn; ſo glaube daß ſie aus keiner ſpiz- zigen Feder gefloſſen. Jch bin ſo gleichguͤl- tig bei den Fehlern der verdorbenen Welt nicht, daß ich dieſelbe mit einem Hohngelaͤch- ter anſehen koͤnte. Es jammert mir viel- mehr, wenn ich Menſchen ſehe, welche Ver- nunfft und Schrifft aus den Augen ſezzen, und die ſtarken Riegel der natuͤrlichen Zucht und der heiligen Religion zerbrechen, und nach den Trieben der wilden Reigungen le- ben. Daher kan ich dieſelbe auch auf keine andre Weiſe beſtraffen, als durch eine beweg- liche und mitleidende Vorſtellung ihrer Ab- wege. Daher muß keiner dieſe Gedichte, nach den Regeln einer beißigen Satire beur- theilen, die ich mir nicht zur Einrichtung mei- ner Gedanken vorgeſtellet. Jch will kein ſcharfer Sittenrichter, ſondern nur ein lieb- reicher Menſchenfreund ſeyn, der durch Leh- ren und Ermahnen zu beſſern ſuchet. Der lezte Theil wird nach zwei Monathen erfol- gen
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Vorrede.
let uns die Tugenden und Laſter vor, die
wir zu erwaͤhlen und abzulegen haben.
Und die Abhandelungen koͤnnen alſo in dieſe
Claſſe geſezzet werden. Nur bitte bei der
Leſung derſelben zu erwegen, daß ich bei der
Beſchreibung einiger Laſter den Vorſaz nicht
gehabt, dieſelbe mit einen ſcharfbeiſſenden
Salz einer ſatyriſchen Schreibart zu beſtreu-
en. Solten einige empfindliche Ausdruͤkke
darin ſeyn; ſo glaube daß ſie aus keiner ſpiz-
zigen Feder gefloſſen. Jch bin ſo gleichguͤl-
tig bei den Fehlern der verdorbenen Welt
nicht, daß ich dieſelbe mit einem Hohngelaͤch-
ter anſehen koͤnte. Es jammert mir viel-
mehr, wenn ich Menſchen ſehe, welche Ver-
nunfft und Schrifft aus den Augen ſezzen,
und die ſtarken Riegel der natuͤrlichen Zucht
und der heiligen Religion zerbrechen, und
nach den Trieben der wilden Reigungen le-
ben. Daher kan ich dieſelbe auch auf keine
andre Weiſe beſtraffen, als durch eine beweg-
liche und mitleidende Vorſtellung ihrer Ab-
wege. Daher muß keiner dieſe Gedichte,
nach den Regeln einer beißigen Satire beur-
theilen, die ich mir nicht zur Einrichtung mei-
ner Gedanken vorgeſtellet. Jch will kein
ſcharfer Sittenrichter, ſondern nur ein lieb-
reicher Menſchenfreund ſeyn, der durch Leh-
ren und Ermahnen zu beſſern ſuchet. Der
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