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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

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Die Schaubühne der Welt.

Sind auf den Schauplaz dieser Welt,
Jn mancherlei Verwandelungen,
(Die sonst als Fabeln nur besungen,)

Jn Warheit öfters dargestellt.

Wie ist nun nicht die Welt zu nennen,
Ein Opernhaus, darin wir rennen
Bald hie, bald da nach Neuigkeit?
Ein Schauplaz, wo wenn das verschwunden,
Sich schon was anders eingefunden,
Wo man stets spielt von Krieg und Streit.
Ein jeder Mensch muß hie agiren,
Und sich nach der Person aufführen,
Dazu er ist von GOtt bestimmt;
Er muß darauf so lange wallen
Als es den Schöpfer wird gefallen,
Bis daß sein Spiel ein Ende nimmt.
Wer die Person also vorstellet,
Daß es den andern woll gefället,
Wird zwar gekrönt mit Ehrenpreis:
Man jauchzt ihm nach, wenn er abgehet;
Allein so bald der Schall verwehet,
Vertroknet oft sein Lorbeer-Reis.
Viel besser ist es, daß wir streben
Jn unsern Handeln, unsern Leben
Nach jenen Lob der Ewigkeit,
Dahin wir werden aufgenommen,
Wenn wir von diesen Schauplaz kommen,
Zur herrlichen Vollkommenheit.
Wer
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Die Schaubuͤhne der Welt.

Sind auf den Schauplaz dieſer Welt,
Jn mancherlei Verwandelungen,
(Die ſonſt als Fabeln nur beſungen,)

Jn Warheit oͤfters dargeſtellt.

Wie iſt nun nicht die Welt zu nennen,
Ein Opernhaus, darin wir rennen
Bald hie, bald da nach Neuigkeit?
Ein Schauplaz, wo wenn das verſchwunden,
Sich ſchon was anders eingefunden,
Wo man ſtets ſpielt von Krieg und Streit.
Ein jeder Menſch muß hie agiren,
Und ſich nach der Perſon auffuͤhren,
Dazu er iſt von GOtt beſtimmt;
Er muß darauf ſo lange wallen
Als es den Schoͤpfer wird gefallen,
Bis daß ſein Spiel ein Ende nimmt.
Wer die Perſon alſo vorſtellet,
Daß es den andern woll gefaͤllet,
Wird zwar gekroͤnt mit Ehrenpreis:
Man jauchzt ihm nach, wenn er abgehet;
Allein ſo bald der Schall verwehet,
Vertroknet oft ſein Lorbeer-Reis.
Viel beſſer iſt es, daß wir ſtreben
Jn unſern Handeln, unſern Leben
Nach jenen Lob der Ewigkeit,
Dahin wir werden aufgenommen,
Wenn wir von dieſen Schauplaz kommen,
Zur herrlichen Vollkommenheit.
Wer
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[83/0095] Die Schaubuͤhne der Welt. Sind auf den Schauplaz dieſer Welt, Jn mancherlei Verwandelungen, (Die ſonſt als Fabeln nur beſungen,) Jn Warheit oͤfters dargeſtellt. Wie iſt nun nicht die Welt zu nennen, Ein Opernhaus, darin wir rennen Bald hie, bald da nach Neuigkeit? Ein Schauplaz, wo wenn das verſchwunden, Sich ſchon was anders eingefunden, Wo man ſtets ſpielt von Krieg und Streit. Ein jeder Menſch muß hie agiren, Und ſich nach der Perſon auffuͤhren, Dazu er iſt von GOtt beſtimmt; Er muß darauf ſo lange wallen Als es den Schoͤpfer wird gefallen, Bis daß ſein Spiel ein Ende nimmt. Wer die Perſon alſo vorſtellet, Daß es den andern woll gefaͤllet, Wird zwar gekroͤnt mit Ehrenpreis: Man jauchzt ihm nach, wenn er abgehet; Allein ſo bald der Schall verwehet, Vertroknet oft ſein Lorbeer-Reis. Viel beſſer iſt es, daß wir ſtreben Jn unſern Handeln, unſern Leben Nach jenen Lob der Ewigkeit, Dahin wir werden aufgenommen, Wenn wir von dieſen Schauplaz kommen, Zur herrlichen Vollkommenheit. Wer F 2

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/95>, abgerufen am 28.04.2024.