Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Die Schaubühne der Welt. Hie sind so viele tapfre Helden, Die ihren Ruhm der Nachwelt melden, Daß sie die ganze Welt bekriegt, Die jeden Feind den sie gefunden, Ertappt, geschlagen, überwunden, Und dennoch sich nicht selbst besiegt. Hier redt man anders, als man denket, Hier nimt man, wenn man willig schenket; Hier rennt man krum zu seinen Ziel, Hier steigt man hoch, um tief zu sinken, Hier läuft man um hernach zu hinken, Das ist der Höfe Opern-Spiel. Die kleine Welt agirt imgleichen, Der spielet die Person des Reichen Der herrlich und in Freuden lebt; Der seinen Himmel allhie suchet, Der so lang donnert, blizt und fluchet, Bis daß er sich in Wein begräbt. Und jener winselt stets dagegen, Kan sich vor Angst und Schmerz kaum regen, Stellt vor den armen Lazarus, Sein Leben gleicht den Trauerspielen, Die zwar betrübt, doch endlich zielen, Auf einen angenehmen Schlus. Die Schaubühn ist oft so geschmükket, Daß man die Wildnis drauf erblikket, Der Tyger, Löwen Aufenthalt. Wenn man von Mordgeschichten handelt, Sieht Zweyter Theil. F
Die Schaubuͤhne der Welt. Hie ſind ſo viele tapfre Helden, Die ihren Ruhm der Nachwelt melden, Daß ſie die ganze Welt bekriegt, Die jeden Feind den ſie gefunden, Ertappt, geſchlagen, uͤberwunden, Und dennoch ſich nicht ſelbſt beſiegt. Hier redt man anders, als man denket, Hier nimt man, wenn man willig ſchenket; Hier rennt man krum zu ſeinen Ziel, Hier ſteigt man hoch, um tief zu ſinken, Hier laͤuft man um hernach zu hinken, Das iſt der Hoͤfe Opern-Spiel. Die kleine Welt agirt imgleichen, Der ſpielet die Perſon des Reichen Der herrlich und in Freuden lebt; Der ſeinen Himmel allhie ſuchet, Der ſo lang donnert, blizt und fluchet, Bis daß er ſich in Wein begraͤbt. Und jener winſelt ſtets dagegen, Kan ſich vor Angſt und Schmerz kaum regen, Stellt vor den armen Lazarus, Sein Leben gleicht den Trauerſpielen, Die zwar betruͤbt, doch endlich zielen, Auf einen angenehmen Schlus. Die Schaubuͤhn iſt oft ſo geſchmuͤkket, Daß man die Wildnis drauf erblikket, Der Tyger, Loͤwen Aufenthalt. Wenn man von Mordgeſchichten handelt, Sieht Zweyter Theil. F
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0093" n="81"/> <fw place="top" type="header">Die Schaubuͤhne der Welt.</fw><lb/> <lg n="33"> <l><hi rendition="#in">H</hi>ie ſind ſo viele tapfre Helden,</l><lb/> <l>Die ihren Ruhm der Nachwelt melden,</l><lb/> <l>Daß ſie die ganze Welt bekriegt,</l><lb/> <l>Die jeden Feind den ſie gefunden,</l><lb/> <l>Ertappt, geſchlagen, uͤberwunden,</l><lb/> <l>Und dennoch ſich nicht ſelbſt beſiegt.</l> </lg><lb/> <lg n="34"> <l><hi rendition="#in">H</hi>ier redt man anders, als man denket,</l><lb/> <l>Hier nimt man, wenn man willig ſchenket;</l><lb/> <l>Hier rennt man krum zu ſeinen Ziel,</l><lb/> <l>Hier ſteigt man hoch, um tief zu ſinken,</l><lb/> <l>Hier laͤuft man um hernach zu hinken,</l><lb/> <l>Das iſt der Hoͤfe Opern-Spiel.</l> </lg><lb/> <lg n="35"> <l><hi rendition="#in">D</hi>ie kleine Welt agirt imgleichen,</l><lb/> <l>Der ſpielet die Perſon des Reichen</l><lb/> <l>Der herrlich und in Freuden lebt;</l><lb/> <l>Der ſeinen Himmel allhie ſuchet,</l><lb/> <l>Der ſo lang donnert, blizt und fluchet,</l><lb/> <l>Bis daß er ſich in Wein begraͤbt.</l> </lg><lb/> <lg n="36"> <l><hi rendition="#in">U</hi>nd jener winſelt ſtets dagegen,</l><lb/> <l>Kan ſich vor Angſt und Schmerz kaum regen,</l><lb/> <l>Stellt vor den armen Lazarus,</l><lb/> <l>Sein Leben gleicht den Trauerſpielen,</l><lb/> <l>Die zwar betruͤbt, doch endlich zielen,</l><lb/> <l>Auf einen angenehmen Schlus.</l> </lg><lb/> <lg n="37"> <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Schaubuͤhn iſt oft ſo geſchmuͤkket,</l><lb/> <l>Daß man die Wildnis drauf erblikket,</l><lb/> <l>Der Tyger, Loͤwen Aufenthalt.</l><lb/> <l>Wenn man von Mordgeſchichten handelt,<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Zweyter Theil.</hi> F</fw><fw place="bottom" type="catch">Sieht</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [81/0093]
Die Schaubuͤhne der Welt.
Hie ſind ſo viele tapfre Helden,
Die ihren Ruhm der Nachwelt melden,
Daß ſie die ganze Welt bekriegt,
Die jeden Feind den ſie gefunden,
Ertappt, geſchlagen, uͤberwunden,
Und dennoch ſich nicht ſelbſt beſiegt.
Hier redt man anders, als man denket,
Hier nimt man, wenn man willig ſchenket;
Hier rennt man krum zu ſeinen Ziel,
Hier ſteigt man hoch, um tief zu ſinken,
Hier laͤuft man um hernach zu hinken,
Das iſt der Hoͤfe Opern-Spiel.
Die kleine Welt agirt imgleichen,
Der ſpielet die Perſon des Reichen
Der herrlich und in Freuden lebt;
Der ſeinen Himmel allhie ſuchet,
Der ſo lang donnert, blizt und fluchet,
Bis daß er ſich in Wein begraͤbt.
Und jener winſelt ſtets dagegen,
Kan ſich vor Angſt und Schmerz kaum regen,
Stellt vor den armen Lazarus,
Sein Leben gleicht den Trauerſpielen,
Die zwar betruͤbt, doch endlich zielen,
Auf einen angenehmen Schlus.
Die Schaubuͤhn iſt oft ſo geſchmuͤkket,
Daß man die Wildnis drauf erblikket,
Der Tyger, Loͤwen Aufenthalt.
Wenn man von Mordgeſchichten handelt,
Sieht
Zweyter Theil. F
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |