Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schaubühne der Welt.

Wird auch manch Lustspiel aufgestellt,
Was da in Spiele anzusehen,
Jst auch woll würklich da geschehen,
Wo nichts als Opern-Lust gefällt.

Die abentheurlichen Gedichte,
Der Helden traurige Geschichte,
Sind zwar in Fabeln eingehüllt,
Doch was die Maske oft erzählet,
Was den und jenen Held gequälet,
Weist dieses, deren Ebenbild.
Und wer von muntren Hofe-Leben,
Will richtige Beschreibung geben,
Der nenn es eine Comödie,
Wo die verlarvten Eitelkeiten,
Beständig um die Wette streiten,
Wo Lust in Last, und Ruh in Müh.
Hie herschen die Verstellungs-Künste,
Man kauft, verkauffet blaue Dünste,
Und wer sich da am tiefsten bükt,
Gedenket sich empor zu schwingen,
Wer freundlich ist, legt andern Schlingen,
Und wird vom dritten doch berükt.
Hie seufzt der Reichthum nach Erbarmen,
Hie findet man verkehrte Armen,
Woran das Gold und Silber strahlt,
Hie sieht man ofte Schönheit prangen
Die längstens in Gesicht vergangen,
Und Menschen die nur schön gemahlt.
Hie

Die Schaubuͤhne der Welt.

Wird auch manch Luſtſpiel aufgeſtellt,
Was da in Spiele anzuſehen,
Jſt auch woll wuͤrklich da geſchehen,
Wo nichts als Opern-Luſt gefaͤllt.

Die abentheurlichen Gedichte,
Der Helden traurige Geſchichte,
Sind zwar in Fabeln eingehuͤllt,
Doch was die Maske oft erzaͤhlet,
Was den und jenen Held gequaͤlet,
Weiſt dieſes, deren Ebenbild.
Und wer von muntren Hofe-Leben,
Will richtige Beſchreibung geben,
Der nenn es eine Comoͤdie,
Wo die verlarvten Eitelkeiten,
Beſtaͤndig um die Wette ſtreiten,
Wo Luſt in Laſt, und Ruh in Muͤh.
Hie herſchen die Verſtellungs-Kuͤnſte,
Man kauft, verkauffet blaue Duͤnſte,
Und wer ſich da am tiefſten buͤkt,
Gedenket ſich empor zu ſchwingen,
Wer freundlich iſt, legt andern Schlingen,
Und wird vom dritten doch beruͤkt.
Hie ſeufzt der Reichthum nach Erbarmen,
Hie findet man verkehrte Armen,
Woran das Gold und Silber ſtrahlt,
Hie ſieht man ofte Schoͤnheit prangen
Die laͤngſtens in Geſicht vergangen,
Und Menſchen die nur ſchoͤn gemahlt.
Hie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="28">
            <l>
              <pb facs="#f0092" n="80"/>
              <fw place="top" type="header">Die Schaubu&#x0364;hne der Welt.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Wird auch manch Lu&#x017F;t&#x017F;piel aufge&#x017F;tellt,</l><lb/>
            <l>Was da in Spiele anzu&#x017F;ehen,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t auch woll wu&#x0364;rklich da ge&#x017F;chehen,</l><lb/>
            <l>Wo nichts als Opern-Lu&#x017F;t gefa&#x0364;llt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="29">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ie abentheurlichen Gedichte,</l><lb/>
            <l>Der Helden traurige Ge&#x017F;chichte,</l><lb/>
            <l>Sind zwar in Fabeln eingehu&#x0364;llt,</l><lb/>
            <l>Doch was die Maske oft erza&#x0364;hlet,</l><lb/>
            <l>Was den und jenen Held gequa&#x0364;let,</l><lb/>
            <l>Wei&#x017F;t die&#x017F;es, deren Ebenbild.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="30">
            <l><hi rendition="#in">U</hi>nd wer von muntren Hofe-Leben,</l><lb/>
            <l>Will richtige Be&#x017F;chreibung geben,</l><lb/>
            <l>Der nenn es eine Como&#x0364;die,</l><lb/>
            <l>Wo die verlarvten Eitelkeiten,</l><lb/>
            <l>Be&#x017F;ta&#x0364;ndig um die Wette &#x017F;treiten,</l><lb/>
            <l>Wo Lu&#x017F;t in La&#x017F;t, und Ruh in Mu&#x0364;h.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="31">
            <l><hi rendition="#in">H</hi>ie her&#x017F;chen die Ver&#x017F;tellungs-Ku&#x0364;n&#x017F;te,</l><lb/>
            <l>Man kauft, verkauffet blaue Du&#x0364;n&#x017F;te,</l><lb/>
            <l>Und wer &#x017F;ich da am tief&#x017F;ten bu&#x0364;kt,</l><lb/>
            <l>Gedenket &#x017F;ich empor zu &#x017F;chwingen,</l><lb/>
            <l>Wer freundlich i&#x017F;t, legt andern Schlingen,</l><lb/>
            <l>Und wird vom dritten doch beru&#x0364;kt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="32">
            <l><hi rendition="#in">H</hi>ie &#x017F;eufzt der Reichthum nach Erbarmen,</l><lb/>
            <l>Hie findet man verkehrte Armen,</l><lb/>
            <l>Woran das Gold und Silber &#x017F;trahlt,</l><lb/>
            <l>Hie &#x017F;ieht man ofte Scho&#x0364;nheit prangen</l><lb/>
            <l>Die la&#x0364;ng&#x017F;tens in Ge&#x017F;icht vergangen,</l><lb/>
            <l>Und Men&#x017F;chen die nur &#x017F;cho&#x0364;n gemahlt.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Hie</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0092] Die Schaubuͤhne der Welt. Wird auch manch Luſtſpiel aufgeſtellt, Was da in Spiele anzuſehen, Jſt auch woll wuͤrklich da geſchehen, Wo nichts als Opern-Luſt gefaͤllt. Die abentheurlichen Gedichte, Der Helden traurige Geſchichte, Sind zwar in Fabeln eingehuͤllt, Doch was die Maske oft erzaͤhlet, Was den und jenen Held gequaͤlet, Weiſt dieſes, deren Ebenbild. Und wer von muntren Hofe-Leben, Will richtige Beſchreibung geben, Der nenn es eine Comoͤdie, Wo die verlarvten Eitelkeiten, Beſtaͤndig um die Wette ſtreiten, Wo Luſt in Laſt, und Ruh in Muͤh. Hie herſchen die Verſtellungs-Kuͤnſte, Man kauft, verkauffet blaue Duͤnſte, Und wer ſich da am tiefſten buͤkt, Gedenket ſich empor zu ſchwingen, Wer freundlich iſt, legt andern Schlingen, Und wird vom dritten doch beruͤkt. Hie ſeufzt der Reichthum nach Erbarmen, Hie findet man verkehrte Armen, Woran das Gold und Silber ſtrahlt, Hie ſieht man ofte Schoͤnheit prangen Die laͤngſtens in Geſicht vergangen, Und Menſchen die nur ſchoͤn gemahlt. Hie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/92
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/92>, abgerufen am 28.04.2024.