Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Vorrede. Verleger, welcher sie zu seiner Absicht ge-brauchet, fordert von mir eine solche Eil- fertigkeit, welche ich nunmehr ohne seinem Schaden nicht ändern kan. Als die Vorse- hung mich die Stille des Landlebens mit meiner jezigen Lehramte verwechseln hies, wurde von mir verlanget, die kleine Gabe der Dichtkunst zu erwekken, und damit dem Allerhöchsten zu dienen. Jch sahe dieses als eine bequeme Gelegenheit an, mein gerin- ges Vermögen demjenigen zu heiligen, wel- chem es gehöret, da ich in meiner Jugend solche oft, der Welt zu gefallen, zur Ehre der Menschen genuzzet hatte. Jch entschlos mich also dazu: lies aber mein Saitenspiel so lange ruhen, bis die bestimmten Mona- the bald heran naheten, da ich den ersten Theil liefern solte. Jch kennete die Hinder- nisse noch nicht und die Verrichtungen, die mit meinem hiesigen Amte verknüpfet, und dachte daher, ich würde Stunden ge- nug übrig haben, darin ich zur Ehre des Schöpfers ein Lied singen könnte. Allein nunmehr habe ich es anders erfahren, und muß jezo den Trieb zwingen, worauf man bei der Dichtekunst sonst zu warten pfleget, da ich alle acht Wochen einen Theil verfertigen soll. Wenn du diese Umstände bemerken wilst; so hoffe von dir ein geneigters Ueber- sehen
Vorrede. Verleger, welcher ſie zu ſeiner Abſicht ge-brauchet, fordert von mir eine ſolche Eil- fertigkeit, welche ich nunmehr ohne ſeinem Schaden nicht aͤndern kan. Als die Vorſe- hung mich die Stille des Landlebens mit meiner jezigen Lehramte verwechſeln hies, wurde von mir verlanget, die kleine Gabe der Dichtkunſt zu erwekken, und damit dem Allerhoͤchſten zu dienen. Jch ſahe dieſes als eine bequeme Gelegenheit an, mein gerin- ges Vermoͤgen demjenigen zu heiligen, wel- chem es gehoͤret, da ich in meiner Jugend ſolche oft, der Welt zu gefallen, zur Ehre der Menſchen genuzzet hatte. Jch entſchlos mich alſo dazu: lies aber mein Saitenſpiel ſo lange ruhen, bis die beſtimmten Mona- the bald heran naheten, da ich den erſten Theil liefern ſolte. Jch kennete die Hinder- niſſe noch nicht und die Verrichtungen, die mit meinem hieſigen Amte verknuͤpfet, und dachte daher, ich wuͤrde Stunden ge- nug uͤbrig haben, darin ich zur Ehre des Schoͤpfers ein Lied ſingen koͤnnte. Allein nunmehr habe ich es anders erfahren, und muß jezo den Trieb zwingen, worauf man bei der Dichtekunſt ſonſt zu warten pfleget, da ich alle acht Wochen einen Theil verfertigen ſoll. Wenn du dieſe Umſtaͤnde bemerken wilſt; ſo hoffe von dir ein geneigters Ueber- ſehen
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Vorrede.
Verleger, welcher ſie zu ſeiner Abſicht ge-
brauchet, fordert von mir eine ſolche Eil-
fertigkeit, welche ich nunmehr ohne ſeinem
Schaden nicht aͤndern kan. Als die Vorſe-
hung mich die Stille des Landlebens mit
meiner jezigen Lehramte verwechſeln hies,
wurde von mir verlanget, die kleine Gabe
der Dichtkunſt zu erwekken, und damit dem
Allerhoͤchſten zu dienen. Jch ſahe dieſes als
eine bequeme Gelegenheit an, mein gerin-
ges Vermoͤgen demjenigen zu heiligen, wel-
chem es gehoͤret, da ich in meiner Jugend
ſolche oft, der Welt zu gefallen, zur Ehre
der Menſchen genuzzet hatte. Jch entſchlos
mich alſo dazu: lies aber mein Saitenſpiel
ſo lange ruhen, bis die beſtimmten Mona-
the bald heran naheten, da ich den erſten
Theil liefern ſolte. Jch kennete die Hinder-
niſſe noch nicht und die Verrichtungen,
die mit meinem hieſigen Amte verknuͤpfet,
und dachte daher, ich wuͤrde Stunden ge-
nug uͤbrig haben, darin ich zur Ehre des
Schoͤpfers ein Lied ſingen koͤnnte. Allein
nunmehr habe ich es anders erfahren, und
muß jezo den Trieb zwingen, worauf man
bei der Dichtekunſt ſonſt zu warten pfleget,
da ich alle acht Wochen einen Theil verfertigen
ſoll. Wenn du dieſe Umſtaͤnde bemerken
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