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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

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Die mannigfaltige Weisheit GOttes.
Das eine Blume roth und viele Blätter hat,
Die andre neben ihr der Blätter sanfte Seide,
Die in das weisse fällt, als wäre sie mit Kreide
Gefärbt und überschmiert? O! Wahnwiz, Unbedacht,
Dies zeugt das dieses so, von weisen GOtt gemacht.
Jhr wollet dies gestehn, der Schöpfer der regieret,
Der alle Ding erhält, der würd daran gespüret:
Die Weisheit seht ihr nicht, an diesen Mancherlei,
Jhr glaubt daß so viel nicht, den Menschen nöthig sei;
Vielweniger dem Thier: Was solln in einen Garten,
Von Früchten, Blumen, Kraut so unterschiedne
Arten?
Jhr Tadler der Natur, ihr meistert GOttes Werk,
Darauf ihr spöttisch dreht, eur schielend Augenmerk;
Jhr seid den Kinde gleich, das keinen Vater liebet,
Darüber sündlich murrt, weil er zu viel ihm giebet.
Der Schöpfer lies so viel aus unsrer Erde gehn,
Das wir an jeder Frucht die Allmacht solten sehn;
Er schuf so mancherlei, daß wir daraus erkennen,
Daß er ein weiser GOtt auch darum sei zu nennen.
Kein Kraut spriest aus der Erd, und wenn es noch
so klein,
Es muß nach seinen Rath, auch wozu nüzlich sein.
Die Weisen irren zwar, die aus der Bildung
schliessen,
Wozu es nach dem Zwek des Schöpfers dienen müssen.
Die Schrift verstehn wir nicht, die auf den Blättern
steht,
Und wie der Adern Zug recht durch einander geht:
Mir deucht es ist daraus vielmehr der Spruch zu
lesen:
Das uns also gemacht, das ist ein weises
Wesen.
Die Weisheit zeigt sich auch, an der belebten Welt,
Da
Die mannigfaltige Weisheit GOttes.
Das eine Blume roth und viele Blaͤtter hat,
Die andre neben ihr der Blaͤtter ſanfte Seide,
Die in das weiſſe faͤllt, als waͤre ſie mit Kreide
Gefaͤrbt und uͤberſchmiert? O! Wahnwiz, Unbedacht,
Dies zeugt das dieſes ſo, von weiſen GOtt gemacht.
Jhr wollet dies geſtehn, der Schoͤpfer der regieret,
Der alle Ding erhaͤlt, der wuͤrd daran geſpuͤret:
Die Weisheit ſeht ihr nicht, an dieſen Mancherlei,
Jhr glaubt daß ſo viel nicht, den Menſchen noͤthig ſei;
Vielweniger dem Thier: Was ſolln in einen Garten,
Von Fruͤchten, Blumen, Kraut ſo unterſchiedne
Arten?
Jhr Tadler der Natur, ihr meiſtert GOttes Werk,
Darauf ihr ſpoͤttiſch dreht, eur ſchielend Augenmerk;
Jhr ſeid den Kinde gleich, das keinen Vater liebet,
Daruͤber ſuͤndlich murrt, weil er zu viel ihm giebet.
Der Schoͤpfer lies ſo viel aus unſrer Erde gehn,
Das wir an jeder Frucht die Allmacht ſolten ſehn;
Er ſchuf ſo mancherlei, daß wir daraus erkennen,
Daß er ein weiſer GOtt auch darum ſei zu nennen.
Kein Kraut ſprieſt aus der Erd, und wenn es noch
ſo klein,
Es muß nach ſeinen Rath, auch wozu nuͤzlich ſein.
Die Weiſen irren zwar, die aus der Bildung
ſchlieſſen,
Wozu es nach dem Zwek des Schoͤpfers dienen muͤſſen.
Die Schrift verſtehn wir nicht, die auf den Blaͤttern
ſteht,
Und wie der Adern Zug recht durch einander geht:
Mir deucht es iſt daraus vielmehr der Spruch zu
leſen:
Das uns alſo gemacht, das iſt ein weiſes
Weſen.
Die Weisheit zeigt ſich auch, an der belebten Welt,
Da
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[340/0356] Die mannigfaltige Weisheit GOttes. Das eine Blume roth und viele Blaͤtter hat, Die andre neben ihr der Blaͤtter ſanfte Seide, Die in das weiſſe faͤllt, als waͤre ſie mit Kreide Gefaͤrbt und uͤberſchmiert? O! Wahnwiz, Unbedacht, Dies zeugt das dieſes ſo, von weiſen GOtt gemacht. Jhr wollet dies geſtehn, der Schoͤpfer der regieret, Der alle Ding erhaͤlt, der wuͤrd daran geſpuͤret: Die Weisheit ſeht ihr nicht, an dieſen Mancherlei, Jhr glaubt daß ſo viel nicht, den Menſchen noͤthig ſei; Vielweniger dem Thier: Was ſolln in einen Garten, Von Fruͤchten, Blumen, Kraut ſo unterſchiedne Arten? Jhr Tadler der Natur, ihr meiſtert GOttes Werk, Darauf ihr ſpoͤttiſch dreht, eur ſchielend Augenmerk; Jhr ſeid den Kinde gleich, das keinen Vater liebet, Daruͤber ſuͤndlich murrt, weil er zu viel ihm giebet. Der Schoͤpfer lies ſo viel aus unſrer Erde gehn, Das wir an jeder Frucht die Allmacht ſolten ſehn; Er ſchuf ſo mancherlei, daß wir daraus erkennen, Daß er ein weiſer GOtt auch darum ſei zu nennen. Kein Kraut ſprieſt aus der Erd, und wenn es noch ſo klein, Es muß nach ſeinen Rath, auch wozu nuͤzlich ſein. Die Weiſen irren zwar, die aus der Bildung ſchlieſſen, Wozu es nach dem Zwek des Schoͤpfers dienen muͤſſen. Die Schrift verſtehn wir nicht, die auf den Blaͤttern ſteht, Und wie der Adern Zug recht durch einander geht: Mir deucht es iſt daraus vielmehr der Spruch zu leſen: Das uns alſo gemacht, das iſt ein weiſes Weſen. Die Weisheit zeigt ſich auch, an der belebten Welt, Da

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/356>, abgerufen am 04.05.2024.