Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885.Von diesen "Gesetzen" nun -- wenn man sich mit dem Diese Art der unwillkürlichen Reproduktion ist eine der Indessen man hat sich, wie natürlich, nicht begnügt mit Gewöhnlich beruft man sich zur Erklärung dieser Form Von diesen „Gesetzen“ nun — wenn man sich mit dem Diese Art der unwillkürlichen Reproduktion ist eine der Indessen man hat sich, wie natürlich, nicht begnügt mit Gewöhnlich beruft man sich zur Erklärung dieser Form <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0140" n="124"/> <p>Von diesen „Gesetzen“ nun — wenn man sich mit dem<lb/> Sprachgebrauch und hoffentlich in Anticipation der Zukunft<lb/> die Anwendung eines hohen Wortes auf Formeln von ziem-<lb/> lich vagem Charakter gestattet — von diesen Gesetzen ist<lb/> eines niemals bestritten und angezweifelt worden. Es pflegt<lb/> etwa so formuliert zu werden: Vorstellungen, welche gleich-<lb/> zeitig oder in unmittelbarer Aufeinanderfolge in demselben<lb/> Bewuſstsein erzeugt wurden, reproducieren sich gegenseitig,<lb/> und zwar mit gröſserer Leichtigkeit in der Richtung der ur-<lb/> sprünglichen Folge, und mit um so gröſserer Sicherheit, je<lb/> häufiger sie beisammen waren.</p><lb/> <p>Diese Art der unwillkürlichen Reproduktion ist eine der<lb/> best beglaubigten und häufigst verwirklichten Thatsachen des<lb/> ganzen psychischen Geschehens; sie durchsetzt in unabtrenn-<lb/> barer Weise jede, auch die sogenannte willkürliche, Repro-<lb/> duktion. Der bewuſste Wille z. B. in allen den zahlreichen<lb/> Reproduktionen von Silbenreihen, die wir kennen lernten, be-<lb/> schränkte sich auf die allgemeine Absicht des Reproducierens<lb/> und auf die Ergreifung des Anfangsgliedes. Das Übrige<lb/> schloſs sich daran sozusagen von selbst und eben in Erfüllung<lb/> jenes Gesetzes, daſs reihenförmig Zusammengewesenes sich in<lb/> derselben Reihenform reproduciert.</p><lb/> <p>Indessen man hat sich, wie natürlich, nicht begnügt mit<lb/> der Anerkennung dieser evidenten Thatsache, sondern man<lb/> hat versucht, sie zu verstehen, einzudringen in das innere<lb/> Getriebe, dem sie als Wirkung entspringt. Geht man diesen<lb/> Spekulationen über das Warum einen Augenblick nach, so<lb/> stöſst man nach zwei Schritten auf Unklarheiten und auf die<lb/> Grenze unseres Wissens über das Wie.</p><lb/> <p>Gewöhnlich beruft man sich zur Erklärung dieser Form<lb/> der Association auf die Natur der Seele. Die psychischen Vor-<lb/> gänge, sagt man, sind nicht ein passives Geschehen, sondern<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0140]
Von diesen „Gesetzen“ nun — wenn man sich mit dem
Sprachgebrauch und hoffentlich in Anticipation der Zukunft
die Anwendung eines hohen Wortes auf Formeln von ziem-
lich vagem Charakter gestattet — von diesen Gesetzen ist
eines niemals bestritten und angezweifelt worden. Es pflegt
etwa so formuliert zu werden: Vorstellungen, welche gleich-
zeitig oder in unmittelbarer Aufeinanderfolge in demselben
Bewuſstsein erzeugt wurden, reproducieren sich gegenseitig,
und zwar mit gröſserer Leichtigkeit in der Richtung der ur-
sprünglichen Folge, und mit um so gröſserer Sicherheit, je
häufiger sie beisammen waren.
Diese Art der unwillkürlichen Reproduktion ist eine der
best beglaubigten und häufigst verwirklichten Thatsachen des
ganzen psychischen Geschehens; sie durchsetzt in unabtrenn-
barer Weise jede, auch die sogenannte willkürliche, Repro-
duktion. Der bewuſste Wille z. B. in allen den zahlreichen
Reproduktionen von Silbenreihen, die wir kennen lernten, be-
schränkte sich auf die allgemeine Absicht des Reproducierens
und auf die Ergreifung des Anfangsgliedes. Das Übrige
schloſs sich daran sozusagen von selbst und eben in Erfüllung
jenes Gesetzes, daſs reihenförmig Zusammengewesenes sich in
derselben Reihenform reproduciert.
Indessen man hat sich, wie natürlich, nicht begnügt mit
der Anerkennung dieser evidenten Thatsache, sondern man
hat versucht, sie zu verstehen, einzudringen in das innere
Getriebe, dem sie als Wirkung entspringt. Geht man diesen
Spekulationen über das Warum einen Augenblick nach, so
stöſst man nach zwei Schritten auf Unklarheiten und auf die
Grenze unseres Wissens über das Wie.
Gewöhnlich beruft man sich zur Erklärung dieser Form
der Association auf die Natur der Seele. Die psychischen Vor-
gänge, sagt man, sind nicht ein passives Geschehen, sondern
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |