Balticum aus, südwärts grenzt sie an die atlantische und mediterrane Flora, von welcher nun schon vielfältig ein- zelne Artenareale sich in die wärmeren Thalgelände dieser Region hineinschieben (z. B. Buxus sempervirens, Hyperi- cum Corts).
Die Wälder setzen sich aus allen Arten der baltischen Vegetationsregion, vermehrt um die Tanne, welche mit Buche und Fichte die massenhaftesten Bestände ursprüng- lich gebildet zu haben scheint, zusammen; die nordische Weissbirke ist oft durch die ihr sehr nahe stehende mittel- europäische ersetzt; Nebenarten in den Beständen, zumal der Bergahorn, bilden wichtige Merkmale. Doch liegen die bedeutenderen Charaktere gegenüber der baltischen Region in den Wiesen-, Trift- und Felsformationen, in welchen mit reichem Blumenschmucke zahlreiche Arten, welche die Region nordwärts nur sporadisch überschreiten oder nur hier bestandbildend sind, auftreten; dasselbe gilt von Sträuchern wie Sambucus racemosa, auch S. Ebulus, Lonicera Xylosteum und Clematis Vitalba, die fast alle Gaue der mitteleuropäischen Region bewohnen.
Der Grundstock dieser Flora muss, meiner Ansicht nach, die Eiszeit im Lande überdauert haben, wenngleich erst nachher alle mediterranen Sippen, die jetzt einge- mischt vorkommen, zurückgewandert sein werden. So gliedern sich verschiedene Bezirke in der ganzen Region nach südwestlichem, südöstlichem und centralem Art- gemisch heraus, deren Wanderungszüge sich verfolgen lassen. Doch auch ungelöste Probleme, Oasen von rei- chem Artgemisch in unerwarteter Lage, bieten sich dem Geographen dar, wie z. B. in der Flora von Halle (siehe G. J. XIII, 325).
Da es sich hier um Berg- und Hochgebirgsländer handelt, so spielt die Meereserhebung die wichtigste Rolle für die Entscheidung des örtlichen Artgemisches. Nur in den wärmsten Tiefen finden sich mediterrane Arten und die Bewohner trockenheisser Standorte, oder gedeiht der Wein; der Wald lässt seine Elemente sehr nach der Höhe wechseln: auf Eiche mit Kiefer, oder gar Kastanie, folgt Buche und Tanne, dann erst beginnt das Haupt-
2. Nord- und Mitteleuropa.
Balticum aus, südwärts grenzt sie an die atlantische und mediterrane Flora, von welcher nun schon vielfältig ein- zelne Artenareale sich in die wärmeren Thalgelände dieser Region hineinschieben (z. B. Buxus sempervirens, Hyperi- cum Corts).
Die Wälder setzen sich aus allen Arten der baltischen Vegetationsregion, vermehrt um die Tanne, welche mit Buche und Fichte die massenhaftesten Bestände ursprüng- lich gebildet zu haben scheint, zusammen; die nordische Weissbirke ist oft durch die ihr sehr nahe stehende mittel- europäische ersetzt; Nebenarten in den Beständen, zumal der Bergahorn, bilden wichtige Merkmale. Doch liegen die bedeutenderen Charaktere gegenüber der baltischen Region in den Wiesen-, Trift- und Felsformationen, in welchen mit reichem Blumenschmucke zahlreiche Arten, welche die Region nordwärts nur sporadisch überschreiten oder nur hier bestandbildend sind, auftreten; dasselbe gilt von Sträuchern wie Sambucus racemosa, auch S. Ebulus, Lonicera Xylosteum und Clematis Vitalba, die fast alle Gaue der mitteleuropäischen Region bewohnen.
Der Grundstock dieser Flora muss, meiner Ansicht nach, die Eiszeit im Lande überdauert haben, wenngleich erst nachher alle mediterranen Sippen, die jetzt einge- mischt vorkommen, zurückgewandert sein werden. So gliedern sich verschiedene Bezirke in der ganzen Region nach südwestlichem, südöstlichem und centralem Art- gemisch heraus, deren Wanderungszüge sich verfolgen lassen. Doch auch ungelöste Probleme, Oasen von rei- chem Artgemisch in unerwarteter Lage, bieten sich dem Geographen dar, wie z. B. in der Flora von Halle (siehe G. J. XIII, 325).
Da es sich hier um Berg- und Hochgebirgsländer handelt, so spielt die Meereserhebung die wichtigste Rolle für die Entscheidung des örtlichen Artgemisches. Nur in den wärmsten Tiefen finden sich mediterrane Arten und die Bewohner trockenheisser Standorte, oder gedeiht der Wein; der Wald lässt seine Elemente sehr nach der Höhe wechseln: auf Eiche mit Kiefer, oder gar Kastanie, folgt Buche und Tanne, dann erst beginnt das Haupt-
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2. Nord- und Mitteleuropa.
Balticum aus, südwärts grenzt sie an die atlantische und
mediterrane Flora, von welcher nun schon vielfältig ein-
zelne Artenareale sich in die wärmeren Thalgelände dieser
Region hineinschieben (z. B. Buxus sempervirens, Hyperi-
cum Corts).
Die Wälder setzen sich aus allen Arten der baltischen
Vegetationsregion, vermehrt um die Tanne, welche mit
Buche und Fichte die massenhaftesten Bestände ursprüng-
lich gebildet zu haben scheint, zusammen; die nordische
Weissbirke ist oft durch die ihr sehr nahe stehende mittel-
europäische ersetzt; Nebenarten in den Beständen, zumal
der Bergahorn, bilden wichtige Merkmale. Doch liegen
die bedeutenderen Charaktere gegenüber der baltischen
Region in den Wiesen-, Trift- und Felsformationen, in
welchen mit reichem Blumenschmucke zahlreiche Arten,
welche die Region nordwärts nur sporadisch überschreiten
oder nur hier bestandbildend sind, auftreten; dasselbe
gilt von Sträuchern wie Sambucus racemosa, auch S.
Ebulus, Lonicera Xylosteum und Clematis Vitalba, die fast
alle Gaue der mitteleuropäischen Region bewohnen.
Der Grundstock dieser Flora muss, meiner Ansicht
nach, die Eiszeit im Lande überdauert haben, wenngleich
erst nachher alle mediterranen Sippen, die jetzt einge-
mischt vorkommen, zurückgewandert sein werden. So
gliedern sich verschiedene Bezirke in der ganzen Region
nach südwestlichem, südöstlichem und centralem Art-
gemisch heraus, deren Wanderungszüge sich verfolgen
lassen. Doch auch ungelöste Probleme, Oasen von rei-
chem Artgemisch in unerwarteter Lage, bieten sich dem
Geographen dar, wie z. B. in der Flora von Halle (siehe
G. J. XIII, 325).
Da es sich hier um Berg- und Hochgebirgsländer
handelt, so spielt die Meereserhebung die wichtigste Rolle
für die Entscheidung des örtlichen Artgemisches. Nur
in den wärmsten Tiefen finden sich mediterrane Arten
und die Bewohner trockenheisser Standorte, oder gedeiht
der Wein; der Wald lässt seine Elemente sehr nach der
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/408>, abgerufen am 22.11.2024.
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