Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

Bild:
<< vorherige Seite

ten Paläopolis zum Kriege gegen Rom; unter den Lukanern, die
durch ein Bündniß mit Rom gegen die mächtigen Nachbarn Schutz
suchten, wurde eine Volksbewegung angestiftet, in deren Folge sie
sich den Samnitern ergaben, die sie vollkommen unterdrückten.
Die Bruttier, wie es scheint, vermochten sich, seit dem Kriege mit
dem Epirotenkönige geschwächt, nicht besser gegen die verbündete
Griechisch-Samnitische Macht zu halten, und der sogenannte zweite
Samniterkrieg, der jetzt begann, konnte auch wohl die Römer ver-
anlassen, 19) sich um die Gunst des großen Macedonischen Königs
zu bewerben; sie konnten an ihr Bündniß mit Alexander von Epi-
rus erinnern, sie mochten dem Könige, der früher Seeräuber aus
ihrem Gebiet, die in den östlichen Gewässern des Mittelmeeres
aufgebracht waren, mit der Forderung, die Kapereien gegen seine
Unterthanen zu hindern, zurückgesandt hatte, die Antwort des Senates
und Volkes zu bringen haben und zugleich bitten, er möge den Ange-
legenheiten im Westen seine Aufmerksamkeit zuwenden; es mochten die
Bruttier um Schutz gegen die Städte bitten, es mochte von den
Lukanern dieselbe Parthei, auf deren Sturz die unselige Verbin-
dung mit Tarent und den Samnitern erfolgt war, von Alexander
die Erfüllung der einzigen Hoffnung, die ihnen noch übrig war,
erflehen. So die Italischen Gesandtschaften; von nicht minderem
Interesse mußten die Verhandlungen sein, welche mit den Ge-
sandten der Karthager, Libyer und Iberier 20) gepflogen wurden.

19) Ueber die Gesandtschaft der Römer ist Niebuhrs Kritik
erschöpfend; das Zeugniß Klitarchs (Plin. III. 9.), das dem treff-
lichen und für Roms Ehre eifernden Arrian entgangen ist, verbun-
den mit der Angabe Strabos (V. p. 376) über die Seeräuber von
Antium, läßt keinen Zweifel übrig. Ueberhaupt hat man sich den
politischen Verkehr der damaligen civilisirten Welt viel lebhafter
zu denken, als es gewöhnlich geschieht.
20) Zwar fügt hier
Arrian sein "man sagt" hinzu, indeß ist die Sache in sich so wahr-
scheinlich und durch ein später zu erwähnendes Faktum wenigstens
theilweise so sicher gestellt, daß man nur annehmen kann, Ptole-
mäus und Aristobul seien es müde gewesen, den Katalog der Ge-
sandtschaften genauer zu geben. Diodor sagt: aus Afrika kamen die
Gesandten der Karthager, der Libyphönicier und der Küstenvölker
bis zu den Säulen des Herakles.

ten Palaͤopolis zum Kriege gegen Rom; unter den Lukanern, die
durch ein Buͤndniß mit Rom gegen die maͤchtigen Nachbarn Schutz
ſuchten, wurde eine Volksbewegung angeſtiftet, in deren Folge ſie
ſich den Samnitern ergaben, die ſie vollkommen unterdruͤckten.
Die Bruttier, wie es ſcheint, vermochten ſich, ſeit dem Kriege mit
dem Epirotenkoͤnige geſchwaͤcht, nicht beſſer gegen die verbuͤndete
Griechiſch-Samnitiſche Macht zu halten, und der ſogenannte zweite
Samniterkrieg, der jetzt begann, konnte auch wohl die Roͤmer ver-
anlaſſen, 19) ſich um die Gunſt des großen Macedoniſchen Koͤnigs
zu bewerben; ſie konnten an ihr Buͤndniß mit Alexander von Epi-
rus erinnern, ſie mochten dem Koͤnige, der fruͤher Seeraͤuber aus
ihrem Gebiet, die in den oͤſtlichen Gewaͤſſern des Mittelmeeres
aufgebracht waren, mit der Forderung, die Kapereien gegen ſeine
Unterthanen zu hindern, zuruͤckgeſandt hatte, die Antwort des Senates
und Volkes zu bringen haben und zugleich bitten, er moͤge den Ange-
legenheiten im Weſten ſeine Aufmerkſamkeit zuwenden; es mochten die
Bruttier um Schutz gegen die Staͤdte bitten, es mochte von den
Lukanern dieſelbe Parthei, auf deren Sturz die unſelige Verbin-
dung mit Tarent und den Samnitern erfolgt war, von Alexander
die Erfuͤllung der einzigen Hoffnung, die ihnen noch uͤbrig war,
erflehen. So die Italiſchen Geſandtſchaften; von nicht minderem
Intereſſe mußten die Verhandlungen ſein, welche mit den Ge-
ſandten der Karthager, Libyer und Iberier 20) gepflogen wurden.

19) Ueber die Geſandtſchaft der Roͤmer iſt Niebuhrs Kritik
erſchoͤpfend; das Zeugniß Klitarchs (Plin. III. 9.), das dem treff-
lichen und fuͤr Roms Ehre eifernden Arrian entgangen iſt, verbun-
den mit der Angabe Strabos (V. p. 376) uͤber die Seeraͤuber von
Antium, laͤßt keinen Zweifel uͤbrig. Ueberhaupt hat man ſich den
politiſchen Verkehr der damaligen civiliſirten Welt viel lebhafter
zu denken, als es gewoͤhnlich geſchieht.
20) Zwar fuͤgt hier
Arrian ſein „man ſagt“ hinzu, indeß iſt die Sache in ſich ſo wahr-
ſcheinlich und durch ein ſpaͤter zu erwaͤhnendes Faktum wenigſtens
theilweiſe ſo ſicher geſtellt, daß man nur annehmen kann, Ptole-
maͤus und Ariſtobul ſeien es muͤde geweſen, den Katalog der Ge-
ſandtſchaften genauer zu geben. Diodor ſagt: aus Afrika kamen die
Geſandten der Karthager, der Libyphoͤnicier und der Kuͤſtenvoͤlker
bis zu den Saͤulen des Herakles.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0578" n="564"/>
ten Pala&#x0364;opolis zum Kriege gegen Rom; unter den Lukanern, die<lb/>
durch ein Bu&#x0364;ndniß mit Rom gegen die ma&#x0364;chtigen Nachbarn Schutz<lb/>
&#x017F;uchten, wurde eine Volksbewegung ange&#x017F;tiftet, in deren Folge &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich den Samnitern ergaben, die &#x017F;ie vollkommen unterdru&#x0364;ckten.<lb/>
Die Bruttier, wie es &#x017F;cheint, vermochten &#x017F;ich, &#x017F;eit dem Kriege mit<lb/>
dem Epirotenko&#x0364;nige ge&#x017F;chwa&#x0364;cht, nicht be&#x017F;&#x017F;er gegen die verbu&#x0364;ndete<lb/>
Griechi&#x017F;ch-Samniti&#x017F;che Macht zu halten, und der &#x017F;ogenannte zweite<lb/>
Samniterkrieg, der jetzt begann, konnte auch wohl die Ro&#x0364;mer ver-<lb/>
anla&#x017F;&#x017F;en, <note place="foot" n="19)">Ueber die Ge&#x017F;andt&#x017F;chaft der Ro&#x0364;mer i&#x017F;t Niebuhrs Kritik<lb/>
er&#x017F;cho&#x0364;pfend; das Zeugniß Klitarchs <hi rendition="#aq">(Plin. III. 9.)</hi>, das dem treff-<lb/>
lichen und fu&#x0364;r Roms Ehre eifernden Arrian entgangen i&#x017F;t, verbun-<lb/>
den mit der Angabe Strabos <hi rendition="#aq">(V. p. 376)</hi> u&#x0364;ber die Seera&#x0364;uber von<lb/>
Antium, la&#x0364;ßt keinen Zweifel u&#x0364;brig. Ueberhaupt hat man &#x017F;ich den<lb/>
politi&#x017F;chen Verkehr der damaligen civili&#x017F;irten Welt viel lebhafter<lb/>
zu denken, als es gewo&#x0364;hnlich ge&#x017F;chieht.</note> &#x017F;ich um die Gun&#x017F;t des großen Macedoni&#x017F;chen Ko&#x0364;nigs<lb/>
zu bewerben; &#x017F;ie konnten an ihr Bu&#x0364;ndniß mit Alexander von Epi-<lb/>
rus erinnern, &#x017F;ie mochten dem Ko&#x0364;nige, der fru&#x0364;her Seera&#x0364;uber aus<lb/>
ihrem Gebiet, die in den o&#x0364;&#x017F;tlichen Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern des Mittelmeeres<lb/>
aufgebracht waren, mit der Forderung, die Kapereien gegen &#x017F;eine<lb/>
Unterthanen zu hindern, zuru&#x0364;ckge&#x017F;andt hatte, die Antwort des Senates<lb/>
und Volkes zu bringen haben und zugleich bitten, er mo&#x0364;ge den Ange-<lb/>
legenheiten im We&#x017F;ten &#x017F;eine Aufmerk&#x017F;amkeit zuwenden; es mochten die<lb/>
Bruttier um Schutz gegen die Sta&#x0364;dte bitten, es mochte von den<lb/>
Lukanern die&#x017F;elbe Parthei, auf deren Sturz die un&#x017F;elige Verbin-<lb/>
dung mit Tarent und den Samnitern erfolgt war, von Alexander<lb/>
die Erfu&#x0364;llung der einzigen Hoffnung, die ihnen noch u&#x0364;brig war,<lb/>
erflehen. So die Itali&#x017F;chen Ge&#x017F;andt&#x017F;chaften; von nicht minderem<lb/>
Intere&#x017F;&#x017F;e mußten die Verhandlungen &#x017F;ein, welche mit den Ge-<lb/>
&#x017F;andten der Karthager, Libyer und Iberier <note place="foot" n="20)">Zwar fu&#x0364;gt hier<lb/>
Arrian &#x017F;ein &#x201E;man &#x017F;agt&#x201C; hinzu, indeß i&#x017F;t die Sache in &#x017F;ich &#x017F;o wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich und durch ein &#x017F;pa&#x0364;ter zu erwa&#x0364;hnendes Faktum wenig&#x017F;tens<lb/>
theilwei&#x017F;e &#x017F;o &#x017F;icher ge&#x017F;tellt, daß man nur annehmen kann, Ptole-<lb/>
ma&#x0364;us und Ari&#x017F;tobul &#x017F;eien es mu&#x0364;de gewe&#x017F;en, den Katalog der Ge-<lb/>
&#x017F;andt&#x017F;chaften genauer zu geben. Diodor &#x017F;agt: aus Afrika kamen die<lb/>
Ge&#x017F;andten der Karthager, der Libypho&#x0364;nicier und der Ku&#x0364;&#x017F;tenvo&#x0364;lker<lb/>
bis zu den Sa&#x0364;ulen des Herakles.</note> gepflogen wurden.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[564/0578] ten Palaͤopolis zum Kriege gegen Rom; unter den Lukanern, die durch ein Buͤndniß mit Rom gegen die maͤchtigen Nachbarn Schutz ſuchten, wurde eine Volksbewegung angeſtiftet, in deren Folge ſie ſich den Samnitern ergaben, die ſie vollkommen unterdruͤckten. Die Bruttier, wie es ſcheint, vermochten ſich, ſeit dem Kriege mit dem Epirotenkoͤnige geſchwaͤcht, nicht beſſer gegen die verbuͤndete Griechiſch-Samnitiſche Macht zu halten, und der ſogenannte zweite Samniterkrieg, der jetzt begann, konnte auch wohl die Roͤmer ver- anlaſſen, 19) ſich um die Gunſt des großen Macedoniſchen Koͤnigs zu bewerben; ſie konnten an ihr Buͤndniß mit Alexander von Epi- rus erinnern, ſie mochten dem Koͤnige, der fruͤher Seeraͤuber aus ihrem Gebiet, die in den oͤſtlichen Gewaͤſſern des Mittelmeeres aufgebracht waren, mit der Forderung, die Kapereien gegen ſeine Unterthanen zu hindern, zuruͤckgeſandt hatte, die Antwort des Senates und Volkes zu bringen haben und zugleich bitten, er moͤge den Ange- legenheiten im Weſten ſeine Aufmerkſamkeit zuwenden; es mochten die Bruttier um Schutz gegen die Staͤdte bitten, es mochte von den Lukanern dieſelbe Parthei, auf deren Sturz die unſelige Verbin- dung mit Tarent und den Samnitern erfolgt war, von Alexander die Erfuͤllung der einzigen Hoffnung, die ihnen noch uͤbrig war, erflehen. So die Italiſchen Geſandtſchaften; von nicht minderem Intereſſe mußten die Verhandlungen ſein, welche mit den Ge- ſandten der Karthager, Libyer und Iberier 20) gepflogen wurden. 19) Ueber die Geſandtſchaft der Roͤmer iſt Niebuhrs Kritik erſchoͤpfend; das Zeugniß Klitarchs (Plin. III. 9.), das dem treff- lichen und fuͤr Roms Ehre eifernden Arrian entgangen iſt, verbun- den mit der Angabe Strabos (V. p. 376) uͤber die Seeraͤuber von Antium, laͤßt keinen Zweifel uͤbrig. Ueberhaupt hat man ſich den politiſchen Verkehr der damaligen civiliſirten Welt viel lebhafter zu denken, als es gewoͤhnlich geſchieht. 20) Zwar fuͤgt hier Arrian ſein „man ſagt“ hinzu, indeß iſt die Sache in ſich ſo wahr- ſcheinlich und durch ein ſpaͤter zu erwaͤhnendes Faktum wenigſtens theilweiſe ſo ſicher geſtellt, daß man nur annehmen kann, Ptole- maͤus und Ariſtobul ſeien es muͤde geweſen, den Katalog der Ge- ſandtſchaften genauer zu geben. Diodor ſagt: aus Afrika kamen die Geſandten der Karthager, der Libyphoͤnicier und der Kuͤſtenvoͤlker bis zu den Saͤulen des Herakles.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/578
Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/578>, abgerufen am 27.04.2024.