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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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Söldner nach Griechenland gebracht; das Alles hörte jetzt auf
oder verringerte sich auf unverhältnißmäßige Weise.

Nicht minder beachtenswerth ist die Art, wie Alexander die
ungeheueren Schätze, die er vorfand, verwendete. Durch den Sold
der Truppen, die sich theils als Besatzungen in den einzelnen Sa-
trapien befanden, theils im activen Dienste von Land zu Land zo-
gen, mußte in die meisten Landschaften, die sonst nur gezahlt
hatten, von Neuem Geld und Wohlhabenheit kommen, da sich
nach einem mäßigen Ueberschlage der Sold allein jährlich auf sie-
ben Millionen unseres Geldes berechnen läßt. Die ungeheuere
Verschwendung des früheren Persischen Hoflagers war beson-
ders dadurch drückend gewesen, daß sie zum größten Theil mit
Naturallieferungen bestritten wurde; diese hob Alexander gänz-
lich auf, ohne darum eine kärgliche Hofhaltung einzuführen; und
in demselben Maaße, wie früher des Großkönigs Anwesenheit eine
Stadt oder Landschaft aussog, gewann sie jetzt durch den Aufent-
halt des königlichen Hoflagers. Die Pracht, mit der sich der Kö-
nig namentlich in der letzten Zeit umgab, mußte nicht minder zur
Förderung des Verkehrs und Wohlstandes dienen; und wenn er-
zählt wird, daß er, um sein ganzes Hofgesinde in Purpur zu kleiden,
den Befehl nach Jonien sandte, allen Vorrath an Purpurstoffen
daselbst aufzukaufen, so ist dies ein Fall von hunderten, wie des
Hofes großartige Pracht dem Lande zum Besten gereichte. Dem
Beispiele des Königs folgten mehr oder minder seine Großen,
und was man auch von ihrer oft unsinnigen Verschwendung sa-
gen mag, jedenfalls mußte dieselbe dem Handel und Gewerbe
höchst förderlich sein. Durch reiche Schenkungen, die mehr als
Ein Mal ein Talent für den Mann betrugen, sorgte der König
dafür, daß auch die Truppen und namentlich die entlassenen Ve-
teranen bequem leben konnten; und wenn sie dennoch mehr ver-
brauchten als sie hatten, so bezahlte der König mit beispielloser
Freigebigkeit ihre Schulden. Mit wie königlichem Sinn Alexan-
der seine Geldmittel zur Förderung von Kunst und Wissenschaft
verwandte, ist allgemein bekannt; und wenn es heißt, daß Aristo-
teles Behufs seiner naturhistorischen Studien die Summe von
achthundert Talenten zu seiner Disposition erhielt, so würde man

Soͤldner nach Griechenland gebracht; das Alles hoͤrte jetzt auf
oder verringerte ſich auf unverhaͤltnißmaͤßige Weiſe.

Nicht minder beachtenswerth iſt die Art, wie Alexander die
ungeheueren Schaͤtze, die er vorfand, verwendete. Durch den Sold
der Truppen, die ſich theils als Beſatzungen in den einzelnen Sa-
trapien befanden, theils im activen Dienſte von Land zu Land zo-
gen, mußte in die meiſten Landſchaften, die ſonſt nur gezahlt
hatten, von Neuem Geld und Wohlhabenheit kommen, da ſich
nach einem maͤßigen Ueberſchlage der Sold allein jaͤhrlich auf ſie-
ben Millionen unſeres Geldes berechnen laͤßt. Die ungeheuere
Verſchwendung des fruͤheren Perſiſchen Hoflagers war beſon-
ders dadurch druͤckend geweſen, daß ſie zum groͤßten Theil mit
Naturallieferungen beſtritten wurde; dieſe hob Alexander gaͤnz-
lich auf, ohne darum eine kaͤrgliche Hofhaltung einzufuͤhren; und
in demſelben Maaße, wie fruͤher des Großkoͤnigs Anweſenheit eine
Stadt oder Landſchaft ausſog, gewann ſie jetzt durch den Aufent-
halt des koͤniglichen Hoflagers. Die Pracht, mit der ſich der Koͤ-
nig namentlich in der letzten Zeit umgab, mußte nicht minder zur
Foͤrderung des Verkehrs und Wohlſtandes dienen; und wenn er-
zaͤhlt wird, daß er, um ſein ganzes Hofgeſinde in Purpur zu kleiden,
den Befehl nach Jonien ſandte, allen Vorrath an Purpurſtoffen
daſelbſt aufzukaufen, ſo iſt dies ein Fall von hunderten, wie des
Hofes großartige Pracht dem Lande zum Beſten gereichte. Dem
Beiſpiele des Koͤnigs folgten mehr oder minder ſeine Großen,
und was man auch von ihrer oft unſinnigen Verſchwendung ſa-
gen mag, jedenfalls mußte dieſelbe dem Handel und Gewerbe
hoͤchſt foͤrderlich ſein. Durch reiche Schenkungen, die mehr als
Ein Mal ein Talent fuͤr den Mann betrugen, ſorgte der Koͤnig
dafuͤr, daß auch die Truppen und namentlich die entlaſſenen Ve-
teranen bequem leben konnten; und wenn ſie dennoch mehr ver-
brauchten als ſie hatten, ſo bezahlte der Koͤnig mit beiſpielloſer
Freigebigkeit ihre Schulden. Mit wie koͤniglichem Sinn Alexan-
der ſeine Geldmittel zur Foͤrderung von Kunſt und Wiſſenſchaft
verwandte, iſt allgemein bekannt; und wenn es heißt, daß Ariſto-
teles Behufs ſeiner naturhiſtoriſchen Studien die Summe von
achthundert Talenten zu ſeiner Dispoſition erhielt, ſo wuͤrde man

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[540/0554] Soͤldner nach Griechenland gebracht; das Alles hoͤrte jetzt auf oder verringerte ſich auf unverhaͤltnißmaͤßige Weiſe. Nicht minder beachtenswerth iſt die Art, wie Alexander die ungeheueren Schaͤtze, die er vorfand, verwendete. Durch den Sold der Truppen, die ſich theils als Beſatzungen in den einzelnen Sa- trapien befanden, theils im activen Dienſte von Land zu Land zo- gen, mußte in die meiſten Landſchaften, die ſonſt nur gezahlt hatten, von Neuem Geld und Wohlhabenheit kommen, da ſich nach einem maͤßigen Ueberſchlage der Sold allein jaͤhrlich auf ſie- ben Millionen unſeres Geldes berechnen laͤßt. Die ungeheuere Verſchwendung des fruͤheren Perſiſchen Hoflagers war beſon- ders dadurch druͤckend geweſen, daß ſie zum groͤßten Theil mit Naturallieferungen beſtritten wurde; dieſe hob Alexander gaͤnz- lich auf, ohne darum eine kaͤrgliche Hofhaltung einzufuͤhren; und in demſelben Maaße, wie fruͤher des Großkoͤnigs Anweſenheit eine Stadt oder Landſchaft ausſog, gewann ſie jetzt durch den Aufent- halt des koͤniglichen Hoflagers. Die Pracht, mit der ſich der Koͤ- nig namentlich in der letzten Zeit umgab, mußte nicht minder zur Foͤrderung des Verkehrs und Wohlſtandes dienen; und wenn er- zaͤhlt wird, daß er, um ſein ganzes Hofgeſinde in Purpur zu kleiden, den Befehl nach Jonien ſandte, allen Vorrath an Purpurſtoffen daſelbſt aufzukaufen, ſo iſt dies ein Fall von hunderten, wie des Hofes großartige Pracht dem Lande zum Beſten gereichte. Dem Beiſpiele des Koͤnigs folgten mehr oder minder ſeine Großen, und was man auch von ihrer oft unſinnigen Verſchwendung ſa- gen mag, jedenfalls mußte dieſelbe dem Handel und Gewerbe hoͤchſt foͤrderlich ſein. Durch reiche Schenkungen, die mehr als Ein Mal ein Talent fuͤr den Mann betrugen, ſorgte der Koͤnig dafuͤr, daß auch die Truppen und namentlich die entlaſſenen Ve- teranen bequem leben konnten; und wenn ſie dennoch mehr ver- brauchten als ſie hatten, ſo bezahlte der Koͤnig mit beiſpielloſer Freigebigkeit ihre Schulden. Mit wie koͤniglichem Sinn Alexan- der ſeine Geldmittel zur Foͤrderung von Kunſt und Wiſſenſchaft verwandte, iſt allgemein bekannt; und wenn es heißt, daß Ariſto- teles Behufs ſeiner naturhiſtoriſchen Studien die Summe von achthundert Talenten zu ſeiner Dispoſition erhielt, ſo wuͤrde man

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/554>, abgerufen am 22.11.2024.