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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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an der Wahrheit dieser Angabe zu zweifeln geneigt sein, würde
sie nicht durch den Umfang seiner Leistungen bestätigt 91).

Nach einer alten Ueberlieferung fand man bei dem Tode
Alexanders funfzigtausend Talente in dem öffentlichen Schatze 92);
bedenkt man, was dem Könige bei seiner Rückkehr aus Indien
die neue Organisation und Bewaffnung seines Heeres kosten
mußte, bedenkt man die Schuldentilgung und die Geschenke an
die heimkehrenden Veteranen, die großen Bauten, die namentlich
damals unternommen wurden, so die Wiederherstellung des Kanal-
systems von Chaldäa, die Aufräumung der Abzugsgräden vom Co-
paissee 93), die zehntausend Talente, die auf den Scheiterhaufen
des Hephästion verwendet, die zehntausend Talente, die nach Grie-
chenland zum Wiederaufbau der verfallenen Tempel gesandt wur-
den 94), bedenkt man ferner die großen Festlichkeiten, die sich mehr-
fach wiederholten, und zu deren Verherrlichung Griechische Künst-
ler bei Tausenden angenommen wurden, endlich die höchst ausge-
dehnten Rüstungen zur See und zu Lande, die das letzte Lebens-
jahr des Königs ausfüllten, so muß man gestehen, daß das Alles
zu bestreiten die Persischen Schätze, wie groß man sie sich auch
denken mag, nicht hinreichten, ja daß es bei einer jährlichen
Staatseinnahme von siebzigtausend Talenten 95) immer noch einer
umsichtigen und wohlgeordneten Verwaltung bedurfte, um bei sol-
chen Ausgaben noch einen so bedeutenden Schatz zu erübrigen.

Leider sind über diesen Punkt wenige Nachrichten auf uns
gekommen, und die wenigen beschränken sich auf Angaben einzel-
ner drückender Maaßregeln, wie sie sich in großen Monarchien
und in bewegten Zeiten stets vorfinden werden; namentlich ge-
hören dahin die Berichte über die Finanzoperationen des Sa-
trapen Kleomenes in Aegypten, des Philoxenus in Carien und des
Antimenes in Babylon 96). Philoxenus forderte von den Reich-
sten seiner Statthalterschaft die Liturgien zu einem Bachusfeste,

91) Stahr Aristot. II. p. 116. cf. Plutarch. de fort. Alex. I.
92) Justin. XIII. l. c. intpp.
93) O. Müller Orchomenos
p. 57.
94) Plutarch de fort. Alex. II.
95) Justin. l. c.
96) Aristot. Oecon. II. p. 1352. sq.

an der Wahrheit dieſer Angabe zu zweifeln geneigt ſein, wuͤrde
ſie nicht durch den Umfang ſeiner Leiſtungen beſtaͤtigt 91).

Nach einer alten Ueberlieferung fand man bei dem Tode
Alexanders funfzigtauſend Talente in dem oͤffentlichen Schatze 92);
bedenkt man, was dem Koͤnige bei ſeiner Ruͤckkehr aus Indien
die neue Organiſation und Bewaffnung ſeines Heeres koſten
mußte, bedenkt man die Schuldentilgung und die Geſchenke an
die heimkehrenden Veteranen, die großen Bauten, die namentlich
damals unternommen wurden, ſo die Wiederherſtellung des Kanal-
ſyſtems von Chaldaͤa, die Aufraͤumung der Abzugsgraͤden vom Co-
paisſee 93), die zehntauſend Talente, die auf den Scheiterhaufen
des Hephaͤſtion verwendet, die zehntauſend Talente, die nach Grie-
chenland zum Wiederaufbau der verfallenen Tempel geſandt wur-
den 94), bedenkt man ferner die großen Feſtlichkeiten, die ſich mehr-
fach wiederholten, und zu deren Verherrlichung Griechiſche Kuͤnſt-
ler bei Tauſenden angenommen wurden, endlich die hoͤchſt ausge-
dehnten Ruͤſtungen zur See und zu Lande, die das letzte Lebens-
jahr des Koͤnigs ausfuͤllten, ſo muß man geſtehen, daß das Alles
zu beſtreiten die Perſiſchen Schaͤtze, wie groß man ſie ſich auch
denken mag, nicht hinreichten, ja daß es bei einer jaͤhrlichen
Staatseinnahme von ſiebzigtauſend Talenten 95) immer noch einer
umſichtigen und wohlgeordneten Verwaltung bedurfte, um bei ſol-
chen Ausgaben noch einen ſo bedeutenden Schatz zu eruͤbrigen.

Leider ſind uͤber dieſen Punkt wenige Nachrichten auf uns
gekommen, und die wenigen beſchraͤnken ſich auf Angaben einzel-
ner druͤckender Maaßregeln, wie ſie ſich in großen Monarchien
und in bewegten Zeiten ſtets vorfinden werden; namentlich ge-
hoͤren dahin die Berichte uͤber die Finanzoperationen des Sa-
trapen Kleomenes in Aegypten, des Philoxenus in Carien und des
Antimenes in Babylon 96). Philoxenus forderte von den Reich-
ſten ſeiner Statthalterſchaft die Liturgien zu einem Bachusfeſte,

91) Stahr Aristot. II. p. 116. cf. Plutarch. de fort. Alex. I.
92) Justin. XIII. l. c. intpp.
93) O. Muͤller Orchomenos
p. 57.
94) Plutarch de fort. Alex. II.
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[541/0555] an der Wahrheit dieſer Angabe zu zweifeln geneigt ſein, wuͤrde ſie nicht durch den Umfang ſeiner Leiſtungen beſtaͤtigt 91). Nach einer alten Ueberlieferung fand man bei dem Tode Alexanders funfzigtauſend Talente in dem oͤffentlichen Schatze 92); bedenkt man, was dem Koͤnige bei ſeiner Ruͤckkehr aus Indien die neue Organiſation und Bewaffnung ſeines Heeres koſten mußte, bedenkt man die Schuldentilgung und die Geſchenke an die heimkehrenden Veteranen, die großen Bauten, die namentlich damals unternommen wurden, ſo die Wiederherſtellung des Kanal- ſyſtems von Chaldaͤa, die Aufraͤumung der Abzugsgraͤden vom Co- paisſee 93), die zehntauſend Talente, die auf den Scheiterhaufen des Hephaͤſtion verwendet, die zehntauſend Talente, die nach Grie- chenland zum Wiederaufbau der verfallenen Tempel geſandt wur- den 94), bedenkt man ferner die großen Feſtlichkeiten, die ſich mehr- fach wiederholten, und zu deren Verherrlichung Griechiſche Kuͤnſt- ler bei Tauſenden angenommen wurden, endlich die hoͤchſt ausge- dehnten Ruͤſtungen zur See und zu Lande, die das letzte Lebens- jahr des Koͤnigs ausfuͤllten, ſo muß man geſtehen, daß das Alles zu beſtreiten die Perſiſchen Schaͤtze, wie groß man ſie ſich auch denken mag, nicht hinreichten, ja daß es bei einer jaͤhrlichen Staatseinnahme von ſiebzigtauſend Talenten 95) immer noch einer umſichtigen und wohlgeordneten Verwaltung bedurfte, um bei ſol- chen Ausgaben noch einen ſo bedeutenden Schatz zu eruͤbrigen. Leider ſind uͤber dieſen Punkt wenige Nachrichten auf uns gekommen, und die wenigen beſchraͤnken ſich auf Angaben einzel- ner druͤckender Maaßregeln, wie ſie ſich in großen Monarchien und in bewegten Zeiten ſtets vorfinden werden; namentlich ge- hoͤren dahin die Berichte uͤber die Finanzoperationen des Sa- trapen Kleomenes in Aegypten, des Philoxenus in Carien und des Antimenes in Babylon 96). Philoxenus forderte von den Reich- ſten ſeiner Statthalterſchaft die Liturgien zu einem Bachusfeſte, 91) Stahr Aristot. II. p. 116. cf. Plutarch. de fort. Alex. I. 92) Justin. XIII. l. c. intpp. 93) O. Muͤller Orchomenos p. 57. 94) Plutarch de fort. Alex. II. 95) Juſtin. l. c. 96) Aristot. Oecon. II. p. 1352. sq.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/555>, abgerufen am 27.04.2024.