einzelne große Züge sind überliefert, von denen man weitere Schlüsse zu machen befugt ist. Die unendliche Bewegung, die durch seine Heereszüge über das ganze Asien gekommen war, die unberechenbaren Folgen, welche die unmittelbare Berührung der bis dahin geschiedenen Völker haben mußte, der ungeheuere Um- schwung, den alle menschliche Verhältnisse, den Kunst und Wissen- schaft, Handel und Gewerbe erfuhren, das Alles konnte erst in den nächstfolgenden Zeiten vollständig erkannt werden, und die Geschichte derselben versäumt es nicht, die staunenswürdigsten Be- weise dafür zu liefern; hier gilt es besonders die Punkte aufzu- weisen, von denen jene großen Wirkungen ausgegangen sind.
An die Spitze verdient die Umwälzung, die durch Alexander die Verbreitung des edlen Metalls erfahren hat, gestellt zu wer- den 90). Man darf mehrere hundert Millionen baares Geld rechnen, welche bisher in den Schatzhäusern des Großkönigs auf- gehäuft gelegen hatten, und jetzt im Verlauf weniger Jahre dem Verkehr der Völker zurück gegeben wurden. Schon hierdurch allein mußte das Königthum, von welchem immer neue Reichthümer, wie das Blut vom Herzen her, ausströmten, und durch den neu- erwachenden Handel und Verkehr in immer rascherer Circulation durch die lange erstorbenen Glieder des Reiches verbreitet wur- den, einen positiven und durchgreifenden Einfluß auf das Leben der Völker gewinnen, dessen Kraft das Persische Königthum vampyr- artig ausgesogen hatte. Es darf nicht dagegen eingewendet wer- den, daß Griechenland und namentlich Athen, trotz der ungeheue- ren Reichthümer Einzelner, seit dieser Zeit zu verarmen begann; das geschichtliche Leben, das sonst, auf jener Scholle Land zusammen- gedrängt, geistige und irdische Güter in reichster Fülle entwickelt hatte, ward jetzt über eine Welt vertheilt; überdieß mußte mit der größeren Masse des circulirenden Geldes der Werth desselben fallen; endlich war wenigstens seit den letzten funfzig Jahren das meiste edle Metall durch Persische Hülfsgelder, durch Macedoni- sche Bestechungen, durch die unzähligen, aus Asien heimkehrenden
90)cf. Athen. VI. p. 231. e.
einzelne große Zuͤge ſind uͤberliefert, von denen man weitere Schluͤſſe zu machen befugt iſt. Die unendliche Bewegung, die durch ſeine Heereszuͤge uͤber das ganze Aſien gekommen war, die unberechenbaren Folgen, welche die unmittelbare Beruͤhrung der bis dahin geſchiedenen Voͤlker haben mußte, der ungeheuere Um- ſchwung, den alle menſchliche Verhaͤltniſſe, den Kunſt und Wiſſen- ſchaft, Handel und Gewerbe erfuhren, das Alles konnte erſt in den naͤchſtfolgenden Zeiten vollſtaͤndig erkannt werden, und die Geſchichte derſelben verſaͤumt es nicht, die ſtaunenswuͤrdigſten Be- weiſe dafuͤr zu liefern; hier gilt es beſonders die Punkte aufzu- weiſen, von denen jene großen Wirkungen ausgegangen ſind.
An die Spitze verdient die Umwaͤlzung, die durch Alexander die Verbreitung des edlen Metalls erfahren hat, geſtellt zu wer- den 90). Man darf mehrere hundert Millionen baares Geld rechnen, welche bisher in den Schatzhaͤuſern des Großkoͤnigs auf- gehaͤuft gelegen hatten, und jetzt im Verlauf weniger Jahre dem Verkehr der Voͤlker zuruͤck gegeben wurden. Schon hierdurch allein mußte das Koͤnigthum, von welchem immer neue Reichthuͤmer, wie das Blut vom Herzen her, ausſtroͤmten, und durch den neu- erwachenden Handel und Verkehr in immer raſcherer Circulation durch die lange erſtorbenen Glieder des Reiches verbreitet wur- den, einen poſitiven und durchgreifenden Einfluß auf das Leben der Voͤlker gewinnen, deſſen Kraft das Perſiſche Koͤnigthum vampyr- artig ausgeſogen hatte. Es darf nicht dagegen eingewendet wer- den, daß Griechenland und namentlich Athen, trotz der ungeheue- ren Reichthuͤmer Einzelner, ſeit dieſer Zeit zu verarmen begann; das geſchichtliche Leben, das ſonſt, auf jener Scholle Land zuſammen- gedraͤngt, geiſtige und irdiſche Guͤter in reichſter Fuͤlle entwickelt hatte, ward jetzt uͤber eine Welt vertheilt; uͤberdieß mußte mit der groͤßeren Maſſe des circulirenden Geldes der Werth deſſelben fallen; endlich war wenigſtens ſeit den letzten funfzig Jahren das meiſte edle Metall durch Perſiſche Huͤlfsgelder, durch Macedoni- ſche Beſtechungen, durch die unzaͤhligen, aus Aſien heimkehrenden
90)cf. Athen. VI. p. 231. e.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0553"n="539"/>
einzelne große Zuͤge ſind uͤberliefert, von denen man weitere<lb/>
Schluͤſſe zu machen befugt iſt. Die unendliche Bewegung, die<lb/>
durch ſeine Heereszuͤge uͤber das ganze Aſien gekommen war, die<lb/>
unberechenbaren Folgen, welche die unmittelbare Beruͤhrung der<lb/>
bis dahin geſchiedenen Voͤlker haben mußte, der ungeheuere Um-<lb/>ſchwung, den alle menſchliche Verhaͤltniſſe, den Kunſt und Wiſſen-<lb/>ſchaft, Handel und Gewerbe erfuhren, das Alles konnte erſt in<lb/>
den naͤchſtfolgenden Zeiten vollſtaͤndig erkannt werden, und die<lb/>
Geſchichte derſelben verſaͤumt es nicht, die ſtaunenswuͤrdigſten Be-<lb/>
weiſe dafuͤr zu liefern; hier gilt es beſonders die Punkte aufzu-<lb/>
weiſen, von denen jene großen Wirkungen ausgegangen ſind.</p><lb/><p>An die Spitze verdient die Umwaͤlzung, die durch Alexander<lb/>
die Verbreitung des edlen Metalls erfahren hat, geſtellt zu wer-<lb/>
den <noteplace="foot"n="90)"><hirendition="#aq">cf. Athen. VI. p. 231. e.</hi></note>. Man darf mehrere hundert Millionen baares Geld<lb/>
rechnen, welche bisher in den Schatzhaͤuſern des Großkoͤnigs auf-<lb/>
gehaͤuft gelegen hatten, und jetzt im Verlauf weniger Jahre dem<lb/>
Verkehr der Voͤlker zuruͤck gegeben wurden. Schon hierdurch allein<lb/>
mußte das Koͤnigthum, von welchem immer neue Reichthuͤmer,<lb/>
wie das Blut vom Herzen her, ausſtroͤmten, und durch den neu-<lb/>
erwachenden Handel und Verkehr in immer raſcherer Circulation<lb/>
durch die lange erſtorbenen Glieder des Reiches verbreitet wur-<lb/>
den, einen poſitiven und durchgreifenden Einfluß auf das Leben<lb/>
der Voͤlker gewinnen, deſſen Kraft das Perſiſche Koͤnigthum vampyr-<lb/>
artig ausgeſogen hatte. Es darf nicht dagegen eingewendet wer-<lb/>
den, daß Griechenland und namentlich Athen, trotz der ungeheue-<lb/>
ren Reichthuͤmer Einzelner, ſeit dieſer Zeit zu verarmen begann;<lb/>
das geſchichtliche Leben, das ſonſt, auf jener Scholle Land zuſammen-<lb/>
gedraͤngt, geiſtige und irdiſche Guͤter in reichſter Fuͤlle entwickelt<lb/>
hatte, ward jetzt uͤber eine Welt vertheilt; uͤberdieß mußte mit<lb/>
der groͤßeren Maſſe des circulirenden Geldes der Werth deſſelben<lb/>
fallen; endlich war wenigſtens ſeit den letzten funfzig Jahren das<lb/>
meiſte edle Metall durch Perſiſche Huͤlfsgelder, durch Macedoni-<lb/>ſche Beſtechungen, durch die unzaͤhligen, aus Aſien heimkehrenden<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[539/0553]
einzelne große Zuͤge ſind uͤberliefert, von denen man weitere
Schluͤſſe zu machen befugt iſt. Die unendliche Bewegung, die
durch ſeine Heereszuͤge uͤber das ganze Aſien gekommen war, die
unberechenbaren Folgen, welche die unmittelbare Beruͤhrung der
bis dahin geſchiedenen Voͤlker haben mußte, der ungeheuere Um-
ſchwung, den alle menſchliche Verhaͤltniſſe, den Kunſt und Wiſſen-
ſchaft, Handel und Gewerbe erfuhren, das Alles konnte erſt in
den naͤchſtfolgenden Zeiten vollſtaͤndig erkannt werden, und die
Geſchichte derſelben verſaͤumt es nicht, die ſtaunenswuͤrdigſten Be-
weiſe dafuͤr zu liefern; hier gilt es beſonders die Punkte aufzu-
weiſen, von denen jene großen Wirkungen ausgegangen ſind.
An die Spitze verdient die Umwaͤlzung, die durch Alexander
die Verbreitung des edlen Metalls erfahren hat, geſtellt zu wer-
den 90). Man darf mehrere hundert Millionen baares Geld
rechnen, welche bisher in den Schatzhaͤuſern des Großkoͤnigs auf-
gehaͤuft gelegen hatten, und jetzt im Verlauf weniger Jahre dem
Verkehr der Voͤlker zuruͤck gegeben wurden. Schon hierdurch allein
mußte das Koͤnigthum, von welchem immer neue Reichthuͤmer,
wie das Blut vom Herzen her, ausſtroͤmten, und durch den neu-
erwachenden Handel und Verkehr in immer raſcherer Circulation
durch die lange erſtorbenen Glieder des Reiches verbreitet wur-
den, einen poſitiven und durchgreifenden Einfluß auf das Leben
der Voͤlker gewinnen, deſſen Kraft das Perſiſche Koͤnigthum vampyr-
artig ausgeſogen hatte. Es darf nicht dagegen eingewendet wer-
den, daß Griechenland und namentlich Athen, trotz der ungeheue-
ren Reichthuͤmer Einzelner, ſeit dieſer Zeit zu verarmen begann;
das geſchichtliche Leben, das ſonſt, auf jener Scholle Land zuſammen-
gedraͤngt, geiſtige und irdiſche Guͤter in reichſter Fuͤlle entwickelt
hatte, ward jetzt uͤber eine Welt vertheilt; uͤberdieß mußte mit
der groͤßeren Maſſe des circulirenden Geldes der Werth deſſelben
fallen; endlich war wenigſtens ſeit den letzten funfzig Jahren das
meiſte edle Metall durch Perſiſche Huͤlfsgelder, durch Macedoni-
ſche Beſtechungen, durch die unzaͤhligen, aus Aſien heimkehrenden
90) cf. Athen. VI. p. 231. e.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/553>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.