in die Thallandschaft des Arabiusstromes, an dem disseits die Ara- biter, jenseits bis in die Berge die Oriter wohnten; beide Stäm- me hatten sich noch nicht unterworfen; deshalb theilte Alexander sein Heer, ihr Land zu durchziehen und, wo es Noth thäte, zu verwüsten. Von ihm selbst, von Leonnat, von Ptolemäus geführt, zogen einzelne Kolonnen in das Land hinab, während Hephästion das übrige Heer nachführte. Alexander wandte sich links dem Meere zu, um zugleich an der Küste entlang für den Bedarf sei- ner Flotte Brunnen graben zu lassen, demnächst aber die Oriten, die für streitbar und zahlreich galten, zu überfallen; denn die Ara- biten hatten beim Heranrücken der Macedonier ihre Dörfer ver- lassen und sich in die Wüste geflüchtet. Alexander kam an den Arabiusfluß, der seicht und schmal, wie er war, leicht überschritten wurde; ein nächtlicher Marsch durch die Sandgegend, die sich von seinem rechten Ufer abendwärts erstreckte, brachte ihn mit Tages- anbruch an die wohlbebauten Felder und Dorfschaften der Oriter. Sofort bekam die Reuterei Befehl, geschwaderweise aufzurücken, und, um desto mehr Feld zu bedecken, in gemessenen Entfernun- gen vorzurücken, während das Fußvolk in geschlossener Linie nach- folgte. So wurde nun ein Dorf nach dem anderen angegriffen und eingenommen; wo die Einwohner Widerstand versuchten und mit ih- ren Giftpfeilen gegen die Macedonischen Speere zu kämpfen wag- ten, wurden sie leicht bewältigt, ihre Dörfer verbrannt, sie selbst niedergehauen oder zu Gefangenen gemacht und in die Skla- verei verkauft. Das untere Gebiet der Oriten war ohne bedeu- tenden Verlust unterworfen; auch die Pfeilwunde, die das Leben des Lagiden Ptolemäus in Gefahr brachte, wurde schnell und glücklich geheilt 5); an einem Wasser lagerte und rastete Alexan- der und wartete die Ankunft des Hephästion ab. Mit ihm ver- einigt zog er weiter zu dem Flecken Rambacia, dem größten im Lande der Oriter; die Lage desselben schien günstig für den Ver- kehr und zur Behauptung des Landes; Alexander beschloß, ihn 4)
5)Strabo XV. p. 309., Cic. de Div. II. 66. und andere, Diodor XVII. 103. und Curtius IX. 8. 20. verlegen die Sache in das In- dusdelta.
4) Bewohner der Gegend nennen sich Urboo (cf. Vincent p. 195.).
in die Thallandſchaft des Arabiusſtromes, an dem diſſeits die Ara- biter, jenſeits bis in die Berge die Oriter wohnten; beide Staͤm- me hatten ſich noch nicht unterworfen; deshalb theilte Alexander ſein Heer, ihr Land zu durchziehen und, wo es Noth thaͤte, zu verwuͤſten. Von ihm ſelbſt, von Leonnat, von Ptolemaͤus gefuͤhrt, zogen einzelne Kolonnen in das Land hinab, waͤhrend Hephaͤſtion das uͤbrige Heer nachfuͤhrte. Alexander wandte ſich links dem Meere zu, um zugleich an der Kuͤſte entlang fuͤr den Bedarf ſei- ner Flotte Brunnen graben zu laſſen, demnaͤchſt aber die Oriten, die fuͤr ſtreitbar und zahlreich galten, zu uͤberfallen; denn die Ara- biten hatten beim Heranruͤcken der Macedonier ihre Doͤrfer ver- laſſen und ſich in die Wuͤſte gefluͤchtet. Alexander kam an den Arabiusfluß, der ſeicht und ſchmal, wie er war, leicht uͤberſchritten wurde; ein naͤchtlicher Marſch durch die Sandgegend, die ſich von ſeinem rechten Ufer abendwaͤrts erſtreckte, brachte ihn mit Tages- anbruch an die wohlbebauten Felder und Dorfſchaften der Oriter. Sofort bekam die Reuterei Befehl, geſchwaderweiſe aufzuruͤcken, und, um deſto mehr Feld zu bedecken, in gemeſſenen Entfernun- gen vorzuruͤcken, waͤhrend das Fußvolk in geſchloſſener Linie nach- folgte. So wurde nun ein Dorf nach dem anderen angegriffen und eingenommen; wo die Einwohner Widerſtand verſuchten und mit ih- ren Giftpfeilen gegen die Macedoniſchen Speere zu kaͤmpfen wag- ten, wurden ſie leicht bewaͤltigt, ihre Doͤrfer verbrannt, ſie ſelbſt niedergehauen oder zu Gefangenen gemacht und in die Skla- verei verkauft. Das untere Gebiet der Oriten war ohne bedeu- tenden Verluſt unterworfen; auch die Pfeilwunde, die das Leben des Lagiden Ptolemaͤus in Gefahr brachte, wurde ſchnell und gluͤcklich geheilt 5); an einem Waſſer lagerte und raſtete Alexan- der und wartete die Ankunft des Hephaͤſtion ab. Mit ihm ver- einigt zog er weiter zu dem Flecken Rambacia, dem groͤßten im Lande der Oriter; die Lage deſſelben ſchien guͤnſtig fuͤr den Ver- kehr und zur Behauptung des Landes; Alexander beſchloß, ihn 4)
5)Strabo XV. p. 309., Cic. de Div. II. 66. und andere, Diodor XVII. 103. und Curtius IX. 8. 20. verlegen die Sache in das In- dusdelta.
4) Bewohner der Gegend nennen ſich Urboo (cf. Vincent p. 195.).
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me hatten ſich noch nicht unterworfen; deshalb theilte Alexander
ſein Heer, ihr Land zu durchziehen und, wo es Noth thaͤte, zu
verwuͤſten. Von ihm ſelbſt, von Leonnat, von Ptolemaͤus gefuͤhrt,
zogen einzelne Kolonnen in das Land hinab, waͤhrend Hephaͤſtion
das uͤbrige Heer nachfuͤhrte. Alexander wandte ſich links dem
Meere zu, um zugleich an der Kuͤſte entlang fuͤr den Bedarf ſei-
ner Flotte Brunnen graben zu laſſen, demnaͤchſt aber die Oriten,
die fuͤr ſtreitbar und zahlreich galten, zu uͤberfallen; denn die Ara-
biten hatten beim Heranruͤcken der Macedonier ihre Doͤrfer ver-
laſſen und ſich in die Wuͤſte gefluͤchtet. Alexander kam an den
Arabiusfluß, der ſeicht und ſchmal, wie er war, leicht uͤberſchritten
wurde; ein naͤchtlicher Marſch durch die Sandgegend, die ſich von
ſeinem rechten Ufer abendwaͤrts erſtreckte, brachte ihn mit Tages-
anbruch an die wohlbebauten Felder und Dorfſchaften der Oriter.
Sofort bekam die Reuterei Befehl, geſchwaderweiſe aufzuruͤcken,
und, um deſto mehr Feld zu bedecken, in gemeſſenen Entfernun-
gen vorzuruͤcken, waͤhrend das Fußvolk in geſchloſſener Linie nach-
folgte. So wurde nun ein Dorf nach dem anderen angegriffen und
eingenommen; wo die Einwohner Widerſtand verſuchten und mit ih-
ren Giftpfeilen gegen die Macedoniſchen Speere zu kaͤmpfen wag-
ten, wurden ſie leicht bewaͤltigt, ihre Doͤrfer verbrannt, ſie
ſelbſt niedergehauen oder zu Gefangenen gemacht und in die Skla-
verei verkauft. Das untere Gebiet der Oriten war ohne bedeu-
tenden Verluſt unterworfen; auch die Pfeilwunde, die das Leben
des Lagiden Ptolemaͤus in Gefahr brachte, wurde ſchnell und
gluͤcklich geheilt 5); an einem Waſſer lagerte und raſtete Alexan-
der und wartete die Ankunft des Hephaͤſtion ab. Mit ihm ver-
einigt zog er weiter zu dem Flecken Rambacia, dem groͤßten im
Lande der Oriter; die Lage deſſelben ſchien guͤnſtig fuͤr den Ver-
kehr und zur Behauptung des Landes; Alexander beſchloß, ihn
4)
5) Strabo XV. p. 309., Cic. de Div. II. 66. und andere, Diodor
XVII. 103. und Curtius IX. 8. 20. verlegen die Sache in das In-
dusdelta.
4) Bewohner der Gegend nennen ſich Urboo (cf. Vincent p. 195.).
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/484>, abgerufen am 22.11.2024.
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