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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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zur Hauptstadt der Oritischen Satrapie zu machen und zu coloni-
siren; Hephästion erhielt den Befehl zur Gründung der Oritischen
Alexandria 6). Der König selbst brach mit der Hälfte der Hyp-
aspisten und Agrianer, mit dem Geleit seiner Ritterschaft und
den berittenen Schützen gegen die Berge hin auf, welche das Ge-
biet der Oriten und Gedrosier von einander scheiden; denn in den
dortigen Pässen, durch welche der Weg nach Gedrosien führte,
hätten sich, so war dem König berichtet, die Oriten und Gedrosier
in sehr bedeutender Macht aufgestellt, um vereinigt den Macedo-
niern den Weg zu sperren. Sobald aber die Macedonier dem
Eingang der Pässe nahten, flohen die Barbaren vor einem Feinde,
dessen unwiderstehliche Kraft sie eben so sehr, wie seinen Zorn
nach dem Siege fürchteten; die Häuptlinge der Oriten kamen in
demüthiger Unterwürfigkeit zu ihm herab, sich, ihr Volk und ihr
Alles seiner Gnade zn übergeben. Alexander empfing sie huldvol-
ler, als sie erwartet, er trug ihnen auf, ihre zersprengten Dorf-
schaften wieder zu sammeln, und ihnen in seinem Namen Ruhe

6) Die Lage von Rambacia glaubt Vincent und mit ihm van
der Chys in einem heutigen Orte Ram-yur wieder zu finden, der
auf Pottingers Karte nicht verzeichnet ist. Diodor sagt, da Alex-
ander eine Stadt zu gründen wünschte, und einen sicheren (akluson)
Hafen und dabei eine wohl belegene Landschaft fand, so gründete
er daselbst ein Alexandria. Curtius fügt hinzu, daß es mit Ara-
chosiern (vielleicht aus dem Heere) bevölkert wurde. Nearchs Ta-
gebuch erwähnt dieser neuen Stadt nicht; der Weiberhafen, den er
aklusos nennt, liegt ostwärts vom Arabiusflusse. Daß die vierte
Alexandria bei Steph. Byz. polis Nearton und Diodors Neoreiton
nichts anderes als Or[ - 1 Zeichen fehlt]iton bezeichnet und die von Arrian erwähnte
Colonie in Rambacia ist, haben die Erklärer zu Diodor, Curtius
und Steph. Byz. erwiesen. Arrian sagt, daß Leonnat en Orois
zurückgelassen hat, was allerdings eine Stadt ta Ora bezeichnen
könnte, die mit dem Haur der Morgenländischen Autoren überein-
stimmt; doch scheint es eher das Land zu bezeichnen. -- Wie weit es
gen Norden gereicht, wird nicht angedeutet, doch scheint der Zug der
Berge zimlich bestimmt die Grenze gen Westen und Norden an-
zugeben.

zur Hauptſtadt der Oritiſchen Satrapie zu machen und zu coloni-
ſiren; Hephaͤſtion erhielt den Befehl zur Gruͤndung der Oritiſchen
Alexandria 6). Der Koͤnig ſelbſt brach mit der Haͤlfte der Hyp-
aspiſten und Agrianer, mit dem Geleit ſeiner Ritterſchaft und
den berittenen Schuͤtzen gegen die Berge hin auf, welche das Ge-
biet der Oriten und Gedroſier von einander ſcheiden; denn in den
dortigen Paͤſſen, durch welche der Weg nach Gedroſien fuͤhrte,
haͤtten ſich, ſo war dem Koͤnig berichtet, die Oriten und Gedroſier
in ſehr bedeutender Macht aufgeſtellt, um vereinigt den Macedo-
niern den Weg zu ſperren. Sobald aber die Macedonier dem
Eingang der Paͤſſe nahten, flohen die Barbaren vor einem Feinde,
deſſen unwiderſtehliche Kraft ſie eben ſo ſehr, wie ſeinen Zorn
nach dem Siege fuͤrchteten; die Haͤuptlinge der Oriten kamen in
demuͤthiger Unterwuͤrfigkeit zu ihm herab, ſich, ihr Volk und ihr
Alles ſeiner Gnade zn uͤbergeben. Alexander empfing ſie huldvol-
ler, als ſie erwartet, er trug ihnen auf, ihre zerſprengten Dorf-
ſchaften wieder zu ſammeln, und ihnen in ſeinem Namen Ruhe

6) Die Lage von Rambacia glaubt Vincent und mit ihm van
der Chys in einem heutigen Orte Ram-yur wieder zu finden, der
auf Pottingers Karte nicht verzeichnet iſt. Diodor ſagt, da Alex-
ander eine Stadt zu gruͤnden wuͤnſchte, und einen ſicheren (ἄκλυςον)
Hafen und dabei eine wohl belegene Landſchaft fand, ſo gruͤndete
er daſelbſt ein Alexandria. Curtius fuͤgt hinzu, daß es mit Ara-
choſiern (vielleicht aus dem Heere) bevoͤlkert wurde. Nearchs Ta-
gebuch erwaͤhnt dieſer neuen Stadt nicht; der Weiberhafen, den er
ἄκλυςος nennt, liegt oſtwaͤrts vom Arabiusfluſſe. Daß die vierte
Alexandria bei Steph. Byz. πόλις Νεαϱτῶν und Diodors Νεωϱειτῶν
nichts anderes als Ὠϱ[ – 1 Zeichen fehlt]ιτῶν bezeichnet und die von Arrian erwaͤhnte
Colonie in Rambacia iſt, haben die Erklaͤrer zu Diodor, Curtius
und Steph. Byz. erwieſen. Arrian ſagt, daß Leonnat ἐν Ὠϱοις
zuruͤckgelaſſen hat, was allerdings eine Stadt τὰ Ὦϱα bezeichnen
koͤnnte, die mit dem Haur der Morgenlaͤndiſchen Autoren uͤberein-
ſtimmt; doch ſcheint es eher das Land zu bezeichnen. — Wie weit es
gen Norden gereicht, wird nicht angedeutet, doch ſcheint der Zug der
Berge zimlich beſtimmt die Grenze gen Weſten und Norden an-
zugeben.
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[471/0485] zur Hauptſtadt der Oritiſchen Satrapie zu machen und zu coloni- ſiren; Hephaͤſtion erhielt den Befehl zur Gruͤndung der Oritiſchen Alexandria 6). Der Koͤnig ſelbſt brach mit der Haͤlfte der Hyp- aspiſten und Agrianer, mit dem Geleit ſeiner Ritterſchaft und den berittenen Schuͤtzen gegen die Berge hin auf, welche das Ge- biet der Oriten und Gedroſier von einander ſcheiden; denn in den dortigen Paͤſſen, durch welche der Weg nach Gedroſien fuͤhrte, haͤtten ſich, ſo war dem Koͤnig berichtet, die Oriten und Gedroſier in ſehr bedeutender Macht aufgeſtellt, um vereinigt den Macedo- niern den Weg zu ſperren. Sobald aber die Macedonier dem Eingang der Paͤſſe nahten, flohen die Barbaren vor einem Feinde, deſſen unwiderſtehliche Kraft ſie eben ſo ſehr, wie ſeinen Zorn nach dem Siege fuͤrchteten; die Haͤuptlinge der Oriten kamen in demuͤthiger Unterwuͤrfigkeit zu ihm herab, ſich, ihr Volk und ihr Alles ſeiner Gnade zn uͤbergeben. Alexander empfing ſie huldvol- ler, als ſie erwartet, er trug ihnen auf, ihre zerſprengten Dorf- ſchaften wieder zu ſammeln, und ihnen in ſeinem Namen Ruhe 6) Die Lage von Rambacia glaubt Vincent und mit ihm van der Chys in einem heutigen Orte Ram-yur wieder zu finden, der auf Pottingers Karte nicht verzeichnet iſt. Diodor ſagt, da Alex- ander eine Stadt zu gruͤnden wuͤnſchte, und einen ſicheren (ἄκλυςον) Hafen und dabei eine wohl belegene Landſchaft fand, ſo gruͤndete er daſelbſt ein Alexandria. Curtius fuͤgt hinzu, daß es mit Ara- choſiern (vielleicht aus dem Heere) bevoͤlkert wurde. Nearchs Ta- gebuch erwaͤhnt dieſer neuen Stadt nicht; der Weiberhafen, den er ἄκλυςος nennt, liegt oſtwaͤrts vom Arabiusfluſſe. Daß die vierte Alexandria bei Steph. Byz. πόλις Νεαϱτῶν und Diodors Νεωϱειτῶν nichts anderes als Ὠϱ_ιτῶν bezeichnet und die von Arrian erwaͤhnte Colonie in Rambacia iſt, haben die Erklaͤrer zu Diodor, Curtius und Steph. Byz. erwieſen. Arrian ſagt, daß Leonnat ἐν Ὠϱοις zuruͤckgelaſſen hat, was allerdings eine Stadt τὰ Ὦϱα bezeichnen koͤnnte, die mit dem Haur der Morgenlaͤndiſchen Autoren uͤberein- ſtimmt; doch ſcheint es eher das Land zu bezeichnen. — Wie weit es gen Norden gereicht, wird nicht angedeutet, doch ſcheint der Zug der Berge zimlich beſtimmt die Grenze gen Weſten und Norden an- zugeben.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/485>, abgerufen am 27.04.2024.