heilige Krieg in Griechenland nahm, und die Subsidien, die Ochus den Thebanern versprach, bewirkten die Zurückberufung ihres Feld- herrn; das königliche Heer, unter Führung des Autophradates, ge- wann einen Vortheil nach dem andern, Artabazus selbst wurde ge- fangen; seine Schwäger Mentor und Memnon hielten sich noch, sie gewannen den Athenischen Feldherrn Charidemus, daß er nach Asien käme, und ihre Unternehmungen unterstützte. Endlich gelang es ihnen, man weiß nicht, ob durch Gewalt oder List, ihren Schwager zu befreien, und ihm den Besitz von Lydien, Phrygien und Paphlagonien wieder zu gewinnen; aber ein schneller Glücks- wechsel läßt ihn noch einmal unterliegen, er flüchtet mit Memnon nach Macedonien zum König Philipp; Mentor rettet sich nach Aegypten zum Fürsten Nektanebus.
Kleinasien war wieder unter Persische Botmäßigkeit gebracht, und zeigten auch die Siege des Chares und Pammenes, die Ver- bindung des Griechisch gebildeten Artabazus mit Griechenland und Macedonien, seine Verschwägerung mit Griechischen Männern, des Königs Unterhandlungen in Athen und Theben deutlich genug, wie das Persische Wesen bereits sich selbst untreu und seiner selbst un- gewiß geworden, so war doch der Schein auf eine glänzende Weise gerettet. Dasselbe sollte noch mehr an einem anderen Punkte geschehen.
In Aegypten nämlich hatte der Fürst Tacho, nach jener mis- glückten Unternehmung des Artaxerxes, in Einverständniß mit den empörten Satrapen des untern Asiens gegen die Syrischen Provin- zen losbrechen wollen; und wenn schon jene Empörung unterdrückt wurde, so schienen doch seine achttausend Aegypter, seine zehntausend Griechischen Söldner, mehr noch, daß König Agesilaus und der Athe- ner Chabrias sie anführen sollten, einen glücklichen Ausgang zu versprechen. Aber Tacho hatte sich durch kleinliche Eifersucht den König Agesilaus, durch übermäßige Erpressungen das Aegyptische Volk so verfeindet, daß, als er mit seinen Heeren in Syrien stand, in Aegypten sein Neffe Nektanebus, von Agesilaus geleitet, sich zum Fürsten machte, und für Tacho kein anderer Rath blieb, als sich dem Perserkönige in die Arme zu werfen. Der Aufstand eines Mendesiers gegen Nektanebus wurde durch Agesilaus Hülfe bald unterdrückt, ein Angriff der Perser unter Anführung des nachmali-
heilige Krieg in Griechenland nahm, und die Subſidien, die Ochus den Thebanern verſprach, bewirkten die Zurückberufung ihres Feld- herrn; das königliche Heer, unter Führung des Autophradates, ge- wann einen Vortheil nach dem andern, Artabazus ſelbſt wurde ge- fangen; ſeine Schwäger Mentor und Memnon hielten ſich noch, ſie gewannen den Atheniſchen Feldherrn Charidemus, daß er nach Aſien käme, und ihre Unternehmungen unterſtützte. Endlich gelang es ihnen, man weiß nicht, ob durch Gewalt oder Liſt, ihren Schwager zu befreien, und ihm den Beſitz von Lydien, Phrygien und Paphlagonien wieder zu gewinnen; aber ein ſchneller Glücks- wechſel läßt ihn noch einmal unterliegen, er flüchtet mit Memnon nach Macedonien zum König Philipp; Mentor rettet ſich nach Aegypten zum Fürſten Nektanebus.
Kleinaſien war wieder unter Perſiſche Botmäßigkeit gebracht, und zeigten auch die Siege des Chares und Pammenes, die Ver- bindung des Griechiſch gebildeten Artabazus mit Griechenland und Macedonien, ſeine Verſchwägerung mit Griechiſchen Männern, des Königs Unterhandlungen in Athen und Theben deutlich genug, wie das Perſiſche Weſen bereits ſich ſelbſt untreu und ſeiner ſelbſt un- gewiß geworden, ſo war doch der Schein auf eine glänzende Weiſe gerettet. Daſſelbe ſollte noch mehr an einem anderen Punkte geſchehen.
In Aegypten nämlich hatte der Fürſt Tacho, nach jener mis- glückten Unternehmung des Artaxerxes, in Einverſtändniß mit den empörten Satrapen des untern Aſiens gegen die Syriſchen Provin- zen losbrechen wollen; und wenn ſchon jene Empörung unterdrückt wurde, ſo ſchienen doch ſeine achttauſend Aegypter, ſeine zehntauſend Griechiſchen Söldner, mehr noch, daß König Ageſilaus und der Athe- ner Chabrias ſie anführen ſollten, einen glücklichen Ausgang zu verſprechen. Aber Tacho hatte ſich durch kleinliche Eiferſucht den König Ageſilaus, durch übermäßige Erpreſſungen das Aegyptiſche Volk ſo verfeindet, daß, als er mit ſeinen Heeren in Syrien ſtand, in Aegypten ſein Neffe Nektanebus, von Ageſilaus geleitet, ſich zum Fürſten machte, und für Tacho kein anderer Rath blieb, als ſich dem Perſerkönige in die Arme zu werfen. Der Aufſtand eines Mendeſiers gegen Nektanebus wurde durch Ageſilaus Hülfe bald unterdrückt, ein Angriff der Perſer unter Anführung des nachmali-
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heilige Krieg in Griechenland nahm, und die Subſidien, die Ochus
den Thebanern verſprach, bewirkten die Zurückberufung ihres Feld-
herrn; das königliche Heer, unter Führung des Autophradates, ge-
wann einen Vortheil nach dem andern, Artabazus ſelbſt wurde ge-
fangen; ſeine Schwäger Mentor und Memnon hielten ſich noch, ſie
gewannen den Atheniſchen Feldherrn Charidemus, daß er nach
Aſien käme, und ihre Unternehmungen unterſtützte. Endlich gelang
es ihnen, man weiß nicht, ob durch Gewalt oder Liſt, ihren
Schwager zu befreien, und ihm den Beſitz von Lydien, Phrygien
und Paphlagonien wieder zu gewinnen; aber ein ſchneller Glücks-
wechſel läßt ihn noch einmal unterliegen, er flüchtet mit Memnon
nach Macedonien zum König Philipp; Mentor rettet ſich nach
Aegypten zum Fürſten Nektanebus.
Kleinaſien war wieder unter Perſiſche Botmäßigkeit gebracht,
und zeigten auch die Siege des Chares und Pammenes, die Ver-
bindung des Griechiſch gebildeten Artabazus mit Griechenland und
Macedonien, ſeine Verſchwägerung mit Griechiſchen Männern, des
Königs Unterhandlungen in Athen und Theben deutlich genug, wie
das Perſiſche Weſen bereits ſich ſelbſt untreu und ſeiner ſelbſt un-
gewiß geworden, ſo war doch der Schein auf eine glänzende
Weiſe gerettet. Daſſelbe ſollte noch mehr an einem anderen Punkte
geſchehen.
In Aegypten nämlich hatte der Fürſt Tacho, nach jener mis-
glückten Unternehmung des Artaxerxes, in Einverſtändniß mit den
empörten Satrapen des untern Aſiens gegen die Syriſchen Provin-
zen losbrechen wollen; und wenn ſchon jene Empörung unterdrückt
wurde, ſo ſchienen doch ſeine achttauſend Aegypter, ſeine zehntauſend
Griechiſchen Söldner, mehr noch, daß König Ageſilaus und der Athe-
ner Chabrias ſie anführen ſollten, einen glücklichen Ausgang zu
verſprechen. Aber Tacho hatte ſich durch kleinliche Eiferſucht den
König Ageſilaus, durch übermäßige Erpreſſungen das Aegyptiſche
Volk ſo verfeindet, daß, als er mit ſeinen Heeren in Syrien ſtand,
in Aegypten ſein Neffe Nektanebus, von Ageſilaus geleitet, ſich
zum Fürſten machte, und für Tacho kein anderer Rath blieb, als
ſich dem Perſerkönige in die Arme zu werfen. Der Aufſtand eines
Mendeſiers gegen Nektanebus wurde durch Ageſilaus Hülfe bald
unterdrückt, ein Angriff der Perſer unter Anführung des nachmali-
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/39>, abgerufen am 28.11.2024.
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