von Iran, noch diesseits der bei weitem größere Theil unter Persi- schen Satrapen; es waren die tapfersten und treuesten Völker Asiens, die nur auf des Königs Befehl warteten, um ins Feld zu rücken; was galt Aegypten, Syrien, Kleinasien gegen die ungeheuere Länder- strecke vom Taurus bis zum Indus, vom Euphrat bis zum Jaxartes; was der Verlust stets treuloser Völker gegen die treuen Reuter- schwärme von Turan und die wilden Bergvölker von Ariana und Iran; ja die verlorenen Küstenländer und die Bemühungen um die Seeherrschaft, zu denen sie nöthigten, waren es eben gewesen, welche bisher alles Unheil über das schöne Reich des Cyrus ge- bracht und die Perser zum eigenen Unheil in die ewigen Streitig- keiten der Hellenen verwickelt hatten. Jetzt galt es, das Innere des Morgenlandes zu retten, die hohe Burg Iran zu vertheidigen, die Asien beherrscht; jetzt rief der König der Könige die Edlen sei- nes Stammes, die Enkel der sieben Fürsten, die getreuen Satra- pen, an der Spitze ihrer Völker für den Ruhm und die Herrschaft Persiens zu kämpfen; in ihre Hand legte er sein Schicksal; nicht Griechische Söldner, nicht Griechische Feldherren sollten die Eifer- sucht und das Mistrauen der Seinen wecken, die wenigen Tausend Fremdlinge, die mit ihm von Issus geflüchtet waren, hatte das gemeinsame Unglück mit den Söhnen Asiens vereinigt; ein ächt Asiatisches Heer sollte dem Heere Europas vor den Bergwällen Irans entgegentreten.
Die Ebene von Babylon war der Sammelplatz des großen Völkerheeres. Aus dem fernsten Asien führte Bessus, der Baktri- sche Satrap, die Baktrianer und ihre nördlichen Nachbaren, die Sogdianer, und die streitbaren Indischen Völker aus dem Berg- lande des Indischen Kaukasus heran; ihm hatten sich das Turke- stanische Reutervolk der Saker unter Mabaces und die Daher aus der Steppe des Aralsees angeschlossen. Die Völker aus Aracho- sien und Drangiana und die Indischen Bergbewohner der Para- vetiberge kamen unter ihrem Satrapen Barsaentes, ihre westlichen Nachbaren aus Aria unter dem Satrapen Satibarzanes, die Per- sischen, Hyrkanischen und Tapurischen Reuterschwärme aus Korassan, dem Schwertlande Irans, unter Phrathaphernes und seinen Söhnen. Dann die Meder, einst die Herren Asiens, deren Satrap Atropa- tes zugleich die Kadusier, Sakasener und Albaner aus den Thälern
des
von Iran, noch dieſſeits der bei weitem größere Theil unter Perſi- ſchen Satrapen; es waren die tapferſten und treueſten Völker Aſiens, die nur auf des Königs Befehl warteten, um ins Feld zu rücken; was galt Aegypten, Syrien, Kleinaſien gegen die ungeheuere Länder- ſtrecke vom Taurus bis zum Indus, vom Euphrat bis zum Jaxartes; was der Verluſt ſtets treuloſer Völker gegen die treuen Reuter- ſchwärme von Turan und die wilden Bergvölker von Ariana und Iran; ja die verlorenen Küſtenländer und die Bemühungen um die Seeherrſchaft, zu denen ſie nöthigten, waren es eben geweſen, welche bisher alles Unheil über das ſchöne Reich des Cyrus ge- bracht und die Perſer zum eigenen Unheil in die ewigen Streitig- keiten der Hellenen verwickelt hatten. Jetzt galt es, das Innere des Morgenlandes zu retten, die hohe Burg Iran zu vertheidigen, die Aſien beherrſcht; jetzt rief der König der Könige die Edlen ſei- nes Stammes, die Enkel der ſieben Fürſten, die getreuen Satra- pen, an der Spitze ihrer Völker für den Ruhm und die Herrſchaft Perſiens zu kämpfen; in ihre Hand legte er ſein Schickſal; nicht Griechiſche Söldner, nicht Griechiſche Feldherren ſollten die Eifer- ſucht und das Mistrauen der Seinen wecken, die wenigen Tauſend Fremdlinge, die mit ihm von Iſſus geflüchtet waren, hatte das gemeinſame Unglück mit den Söhnen Aſiens vereinigt; ein ächt Aſiatiſches Heer ſollte dem Heere Europas vor den Bergwällen Irans entgegentreten.
Die Ebene von Babylon war der Sammelplatz des großen Völkerheeres. Aus dem fernſten Aſien führte Beſſus, der Baktri- ſche Satrap, die Baktrianer und ihre nördlichen Nachbaren, die Sogdianer, und die ſtreitbaren Indiſchen Völker aus dem Berg- lande des Indiſchen Kaukaſus heran; ihm hatten ſich das Turke- ſtaniſche Reutervolk der Saker unter Mabaces und die Daher aus der Steppe des Aralſees angeſchloſſen. Die Völker aus Aracho- ſien und Drangiana und die Indiſchen Bergbewohner der Para- vetiberge kamen unter ihrem Satrapen Barſaentes, ihre weſtlichen Nachbaren aus Aria unter dem Satrapen Satibarzanes, die Per- ſiſchen, Hyrkaniſchen und Tapuriſchen Reuterſchwärme aus Koraſſan, dem Schwertlande Irans, unter Phrathaphernes und ſeinen Söhnen. Dann die Meder, einſt die Herren Aſiens, deren Satrap Atropa- tes zugleich die Kaduſier, Sakaſener und Albaner aus den Thälern
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[208/0222]
von Iran, noch dieſſeits der bei weitem größere Theil unter Perſi-
ſchen Satrapen; es waren die tapferſten und treueſten Völker Aſiens,
die nur auf des Königs Befehl warteten, um ins Feld zu rücken;
was galt Aegypten, Syrien, Kleinaſien gegen die ungeheuere Länder-
ſtrecke vom Taurus bis zum Indus, vom Euphrat bis zum Jaxartes;
was der Verluſt ſtets treuloſer Völker gegen die treuen Reuter-
ſchwärme von Turan und die wilden Bergvölker von Ariana und
Iran; ja die verlorenen Küſtenländer und die Bemühungen um
die Seeherrſchaft, zu denen ſie nöthigten, waren es eben geweſen,
welche bisher alles Unheil über das ſchöne Reich des Cyrus ge-
bracht und die Perſer zum eigenen Unheil in die ewigen Streitig-
keiten der Hellenen verwickelt hatten. Jetzt galt es, das Innere
des Morgenlandes zu retten, die hohe Burg Iran zu vertheidigen,
die Aſien beherrſcht; jetzt rief der König der Könige die Edlen ſei-
nes Stammes, die Enkel der ſieben Fürſten, die getreuen Satra-
pen, an der Spitze ihrer Völker für den Ruhm und die Herrſchaft
Perſiens zu kämpfen; in ihre Hand legte er ſein Schickſal; nicht
Griechiſche Söldner, nicht Griechiſche Feldherren ſollten die Eifer-
ſucht und das Mistrauen der Seinen wecken, die wenigen Tauſend
Fremdlinge, die mit ihm von Iſſus geflüchtet waren, hatte das
gemeinſame Unglück mit den Söhnen Aſiens vereinigt; ein ächt
Aſiatiſches Heer ſollte dem Heere Europas vor den Bergwällen
Irans entgegentreten.
Die Ebene von Babylon war der Sammelplatz des großen
Völkerheeres. Aus dem fernſten Aſien führte Beſſus, der Baktri-
ſche Satrap, die Baktrianer und ihre nördlichen Nachbaren, die
Sogdianer, und die ſtreitbaren Indiſchen Völker aus dem Berg-
lande des Indiſchen Kaukaſus heran; ihm hatten ſich das Turke-
ſtaniſche Reutervolk der Saker unter Mabaces und die Daher aus
der Steppe des Aralſees angeſchloſſen. Die Völker aus Aracho-
ſien und Drangiana und die Indiſchen Bergbewohner der Para-
vetiberge kamen unter ihrem Satrapen Barſaentes, ihre weſtlichen
Nachbaren aus Aria unter dem Satrapen Satibarzanes, die Per-
ſiſchen, Hyrkaniſchen und Tapuriſchen Reuterſchwärme aus Koraſſan,
dem Schwertlande Irans, unter Phrathaphernes und ſeinen Söhnen.
Dann die Meder, einſt die Herren Aſiens, deren Satrap Atropa-
tes zugleich die Kaduſier, Sakaſener und Albaner aus den Thälern
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/222>, abgerufen am 23.11.2024.
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