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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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ländischen weder gebrandschatzt, noch geplündert, sondern nach dem
alten, sehr niedrigen Ansatz besteuert wurden. Dies waren die
Gründe, die den König veranlaßten, im Spätherbst 334 seine Flotte
aufzulösen; er behielt nur wenige Schiffe zum Transporte längs
der Küste bei sich, unter diesen die zwanzig Schiffe, die Athen ge-
stellt hatte, sei es, um dadurch die Athener zu ehren, oder um ein
Unterpfand ihrer Treue zu haben, falls die feindliche Flotte, wie
zu vermuthen, sich nach Hellas wenden sollte 37).

Jetzt, nach Auflösung der Flotte, wurde es für Alexander dop-
pelt wichtig, jede Küstenlandschaft, jede Seestadt, jeden Hafen zu
besetzen, um dadurch jene Continentalsperre durchzusetzen, mit wel-
cher er die Persische Seemacht zu vernichten hoffte. Noch war an
der Küste des Aegäischen Meeres Karien und in Karien Halikar-
nossus übrig, doppelt wichtig durch seine Lage am Eingange dieses
Meeres, und dadurch, daß sich in diese sehr feste Stadt der letzte
Rest der Persischen Macht in Kleinasien zum Widerstande gesam-
melt hatte.

Karien nämlich, von einheimischen Fürsten unter Persischer Ho-
heit regiert, war vor etwa funfzig Jahren zur Zeit des zweiten
Artaxerxes ganz unter die Herrschaft des Dynasten Hekatomnus
von Halikarnassus gekommen, der, von dem Persischen Hofe bis
auf den zweideutigen Schein der Heeresfolge unabhängig, und bereit,
diese Unabhängigkeit bei der ersten Veranlassung mit gewaffneter
Hand geltend zu machen 38), seine Residenz nach dem Inneren sei-
nes Landes, nach Mylassa, verlegt, und von hier aus seine Herr-
schaft bedeutend auszudehnen gewußt hatte. Sein Sohn und Nach-
folger Mausolus verfolgte die Pläne des Vaters, er vergrößerte auf
jede Weise seine Macht und seine Reichthümer; zum Lyciarchen
ernannt, beherrschte er zwei wichtige Seeprovinzen Kleinasiens; der
Plan, eine Seemacht zu gründen, lag nahe; er verlegte darum die

37) Diodor sagt, daß einige Schriftsteller in der Auflösung der
Flotte ein strategisches Mittel des Königs bewunderten, die Macedo-
nier zur Tapferkeit durch die Unmöglichkeit zur Rückkehr zu zwingen.
Es würde dies weder dem strategischen Talent des Königs, noch dem
Muth seines Heeres zur Ehre gereichen.
38) Theopomp. ap.
Phot. cod. 176. Isocrates panegyr. c. 43.

ländiſchen weder gebrandſchatzt, noch geplündert, ſondern nach dem
alten, ſehr niedrigen Anſatz beſteuert wurden. Dies waren die
Gründe, die den König veranlaßten, im Spätherbſt 334 ſeine Flotte
aufzulöſen; er behielt nur wenige Schiffe zum Transporte längs
der Küſte bei ſich, unter dieſen die zwanzig Schiffe, die Athen ge-
ſtellt hatte, ſei es, um dadurch die Athener zu ehren, oder um ein
Unterpfand ihrer Treue zu haben, falls die feindliche Flotte, wie
zu vermuthen, ſich nach Hellas wenden ſollte 37).

Jetzt, nach Auflöſung der Flotte, wurde es für Alexander dop-
pelt wichtig, jede Küſtenlandſchaft, jede Seeſtadt, jeden Hafen zu
beſetzen, um dadurch jene Continentalſperre durchzuſetzen, mit wel-
cher er die Perſiſche Seemacht zu vernichten hoffte. Noch war an
der Küſte des Aegäiſchen Meeres Karien und in Karien Halikar-
noſſus übrig, doppelt wichtig durch ſeine Lage am Eingange dieſes
Meeres, und dadurch, daß ſich in dieſe ſehr feſte Stadt der letzte
Reſt der Perſiſchen Macht in Kleinaſien zum Widerſtande geſam-
melt hatte.

Karien nämlich, von einheimiſchen Fürſten unter Perſiſcher Ho-
heit regiert, war vor etwa funfzig Jahren zur Zeit des zweiten
Artaxerxes ganz unter die Herrſchaft des Dynaſten Hekatomnus
von Halikarnaſſus gekommen, der, von dem Perſiſchen Hofe bis
auf den zweideutigen Schein der Heeresfolge unabhängig, und bereit,
dieſe Unabhängigkeit bei der erſten Veranlaſſung mit gewaffneter
Hand geltend zu machen 38), ſeine Reſidenz nach dem Inneren ſei-
nes Landes, nach Mylaſſa, verlegt, und von hier aus ſeine Herr-
ſchaft bedeutend auszudehnen gewußt hatte. Sein Sohn und Nach-
folger Mauſolus verfolgte die Pläne des Vaters, er vergrößerte auf
jede Weiſe ſeine Macht und ſeine Reichthümer; zum Lyciarchen
ernannt, beherrſchte er zwei wichtige Seeprovinzen Kleinaſiens; der
Plan, eine Seemacht zu gründen, lag nahe; er verlegte darum die

37) Diodor ſagt, daß einige Schriftſteller in der Auflöſung der
Flotte ein ſtrategiſches Mittel des Königs bewunderten, die Macedo-
nier zur Tapferkeit durch die Unmöglichkeit zur Rückkehr zu zwingen.
Es würde dies weder dem ſtrategiſchen Talent des Königs, noch dem
Muth ſeines Heeres zur Ehre gereichen.
38) Theopomp. ap.
Phot. cod. 176. Isocrates panegyr. c. 43.
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[127/0141] ländiſchen weder gebrandſchatzt, noch geplündert, ſondern nach dem alten, ſehr niedrigen Anſatz beſteuert wurden. Dies waren die Gründe, die den König veranlaßten, im Spätherbſt 334 ſeine Flotte aufzulöſen; er behielt nur wenige Schiffe zum Transporte längs der Küſte bei ſich, unter dieſen die zwanzig Schiffe, die Athen ge- ſtellt hatte, ſei es, um dadurch die Athener zu ehren, oder um ein Unterpfand ihrer Treue zu haben, falls die feindliche Flotte, wie zu vermuthen, ſich nach Hellas wenden ſollte 37). Jetzt, nach Auflöſung der Flotte, wurde es für Alexander dop- pelt wichtig, jede Küſtenlandſchaft, jede Seeſtadt, jeden Hafen zu beſetzen, um dadurch jene Continentalſperre durchzuſetzen, mit wel- cher er die Perſiſche Seemacht zu vernichten hoffte. Noch war an der Küſte des Aegäiſchen Meeres Karien und in Karien Halikar- noſſus übrig, doppelt wichtig durch ſeine Lage am Eingange dieſes Meeres, und dadurch, daß ſich in dieſe ſehr feſte Stadt der letzte Reſt der Perſiſchen Macht in Kleinaſien zum Widerſtande geſam- melt hatte. Karien nämlich, von einheimiſchen Fürſten unter Perſiſcher Ho- heit regiert, war vor etwa funfzig Jahren zur Zeit des zweiten Artaxerxes ganz unter die Herrſchaft des Dynaſten Hekatomnus von Halikarnaſſus gekommen, der, von dem Perſiſchen Hofe bis auf den zweideutigen Schein der Heeresfolge unabhängig, und bereit, dieſe Unabhängigkeit bei der erſten Veranlaſſung mit gewaffneter Hand geltend zu machen 38), ſeine Reſidenz nach dem Inneren ſei- nes Landes, nach Mylaſſa, verlegt, und von hier aus ſeine Herr- ſchaft bedeutend auszudehnen gewußt hatte. Sein Sohn und Nach- folger Mauſolus verfolgte die Pläne des Vaters, er vergrößerte auf jede Weiſe ſeine Macht und ſeine Reichthümer; zum Lyciarchen ernannt, beherrſchte er zwei wichtige Seeprovinzen Kleinaſiens; der Plan, eine Seemacht zu gründen, lag nahe; er verlegte darum die 37) Diodor ſagt, daß einige Schriftſteller in der Auflöſung der Flotte ein ſtrategiſches Mittel des Königs bewunderten, die Macedo- nier zur Tapferkeit durch die Unmöglichkeit zur Rückkehr zu zwingen. Es würde dies weder dem ſtrategiſchen Talent des Königs, noch dem Muth ſeines Heeres zur Ehre gereichen. 38) Theopomp. ap. Phot. cod. 176. Isocrates panegyr. c. 43.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/141>, abgerufen am 22.11.2024.