neigung gegen den Griechischen Fremdling, der schon zu viel beim großen Könige gelte, und den Krieg nur, um seine Unentbehrlichkeit zu zeigen, verlängern zu wollen schiene, wider seinen Plan; so rück- ten sie den Macedoniern bis an den Granikus entgegen, und be- schlossen, an den steilen Ufern dieses Flusses gelagert, jedes Wei- terrücken Alexanders zu hindern; sie hatten sich an dem rech- ten Ufer so aufgestellt, daß unmittelbar am Flusse die Persische Reuterei, in einiger Entfernung hinter ihr die Griechischen Söldner lagerten.
Indeß rückte Alexander über die Ebene Adrastea dem Grani- kus zu, das schwere Fußvolk in die zwei Colonnen des rechten und linken Flügels getheilt, auf der rechten Flanke die Macedonische, auf der linken die Thessalische und Griechische Reuterei; die Pack- thiere mit dem größeren Theil des leichten Fußvolkes folgten im Rücken; die Vorhut bildeten die Plänkerer und etwa fünfhundert Mann leichtes Fußvolk unter Hegelochus Führung. Schon näherte sich die Hauptmasse dem Flusse, als eilends einige von den Plänke- rern zurückgesprengt kamen, mit der Nachricht, die Feinde ständen jenseits des Flusses in Schlachtordnung, und zwar die Reuter in ausgedehnter Linie längs dem steilen und lehmigen Flußufer, eine Strecke rückwärts das Fußvolk auf den Anhöhen, welche die Ebene jenseits beherrschten. Alexander durchschaute die Fehler der feindli- chen Disposition, welche die Waffe des ungestümen Angriffs zur Vertheidigung eines schwierigen Terrains, und die trefflichen Grie- chischen Söldner zu müßigen Zuschauern eines Kampfes machte, dem nur sie gewachsen waren; ein Angriff seiner ritterlichen Schaa- ren mußte hinreichen, das jenseitige Ufer und damit die Schlacht zu gewinnen, deren Erfolge zu sichern und zu benutzen ihm seine Phalangen und Bundesgenossen zu Gebot standen. Sofort ließ er rechts und links aufrücken in die Disposition der üblichen Schlacht- ordnung, während sich seine Generale um ihn zur Berathung versammelten. Einige widerriethen den Kampf, namentlich der vorsichtige Parmenion: es sei rathsam, sich vorerst an dem Ufer des Flusses zu lagern, denn der Feind, an Fußvolk schwächer, werde nicht wagen, in der Nähe der Macedonier zu übernachten, er werde sich zurückziehen und es so möglich machen, daß man am andern Morgen, bevor die Perser ausgerückt und aufgestellt seien, den
neigung gegen den Griechiſchen Fremdling, der ſchon zu viel beim großen Könige gelte, und den Krieg nur, um ſeine Unentbehrlichkeit zu zeigen, verlängern zu wollen ſchiene, wider ſeinen Plan; ſo rück- ten ſie den Macedoniern bis an den Granikus entgegen, und be- ſchloſſen, an den ſteilen Ufern dieſes Fluſſes gelagert, jedes Wei- terrücken Alexanders zu hindern; ſie hatten ſich an dem rech- ten Ufer ſo aufgeſtellt, daß unmittelbar am Fluſſe die Perſiſche Reuterei, in einiger Entfernung hinter ihr die Griechiſchen Söldner lagerten.
Indeß rückte Alexander über die Ebene Adraſtea dem Grani- kus zu, das ſchwere Fußvolk in die zwei Colonnen des rechten und linken Flügels getheilt, auf der rechten Flanke die Macedoniſche, auf der linken die Theſſaliſche und Griechiſche Reuterei; die Pack- thiere mit dem größeren Theil des leichten Fußvolkes folgten im Rücken; die Vorhut bildeten die Plänkerer und etwa fünfhundert Mann leichtes Fußvolk unter Hegelochus Führung. Schon näherte ſich die Hauptmaſſe dem Fluſſe, als eilends einige von den Plänke- rern zurückgeſprengt kamen, mit der Nachricht, die Feinde ſtänden jenſeits des Fluſſes in Schlachtordnung, und zwar die Reuter in ausgedehnter Linie längs dem ſteilen und lehmigen Flußufer, eine Strecke rückwärts das Fußvolk auf den Anhöhen, welche die Ebene jenſeits beherrſchten. Alexander durchſchaute die Fehler der feindli- chen Dispoſition, welche die Waffe des ungeſtümen Angriffs zur Vertheidigung eines ſchwierigen Terrains, und die trefflichen Grie- chiſchen Söldner zu müßigen Zuſchauern eines Kampfes machte, dem nur ſie gewachſen waren; ein Angriff ſeiner ritterlichen Schaa- ren mußte hinreichen, das jenſeitige Ufer und damit die Schlacht zu gewinnen, deren Erfolge zu ſichern und zu benutzen ihm ſeine Phalangen und Bundesgenoſſen zu Gebot ſtanden. Sofort ließ er rechts und links aufrücken in die Dispoſition der üblichen Schlacht- ordnung, während ſich ſeine Generale um ihn zur Berathung verſammelten. Einige widerriethen den Kampf, namentlich der vorſichtige Parmenion: es ſei rathſam, ſich vorerſt an dem Ufer des Fluſſes zu lagern, denn der Feind, an Fußvolk ſchwächer, werde nicht wagen, in der Nähe der Macedonier zu übernachten, er werde ſich zurückziehen und es ſo möglich machen, daß man am andern Morgen, bevor die Perſer ausgerückt und aufgeſtellt ſeien, den
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neigung gegen den Griechiſchen Fremdling, der ſchon zu viel beim
großen Könige gelte, und den Krieg nur, um ſeine Unentbehrlichkeit
zu zeigen, verlängern zu wollen ſchiene, wider ſeinen Plan; ſo rück-
ten ſie den Macedoniern bis an den Granikus entgegen, und be-
ſchloſſen, an den ſteilen Ufern dieſes Fluſſes gelagert, jedes Wei-
terrücken Alexanders zu hindern; ſie hatten ſich an dem rech-
ten Ufer ſo aufgeſtellt, daß unmittelbar am Fluſſe die Perſiſche
Reuterei, in einiger Entfernung hinter ihr die Griechiſchen Söldner
lagerten.
Indeß rückte Alexander über die Ebene Adraſtea dem Grani-
kus zu, das ſchwere Fußvolk in die zwei Colonnen des rechten und
linken Flügels getheilt, auf der rechten Flanke die Macedoniſche,
auf der linken die Theſſaliſche und Griechiſche Reuterei; die Pack-
thiere mit dem größeren Theil des leichten Fußvolkes folgten im
Rücken; die Vorhut bildeten die Plänkerer und etwa fünfhundert
Mann leichtes Fußvolk unter Hegelochus Führung. Schon näherte
ſich die Hauptmaſſe dem Fluſſe, als eilends einige von den Plänke-
rern zurückgeſprengt kamen, mit der Nachricht, die Feinde ſtänden
jenſeits des Fluſſes in Schlachtordnung, und zwar die Reuter in
ausgedehnter Linie längs dem ſteilen und lehmigen Flußufer, eine
Strecke rückwärts das Fußvolk auf den Anhöhen, welche die Ebene
jenſeits beherrſchten. Alexander durchſchaute die Fehler der feindli-
chen Dispoſition, welche die Waffe des ungeſtümen Angriffs zur
Vertheidigung eines ſchwierigen Terrains, und die trefflichen Grie-
chiſchen Söldner zu müßigen Zuſchauern eines Kampfes machte,
dem nur ſie gewachſen waren; ein Angriff ſeiner ritterlichen Schaa-
ren mußte hinreichen, das jenſeitige Ufer und damit die Schlacht
zu gewinnen, deren Erfolge zu ſichern und zu benutzen ihm ſeine
Phalangen und Bundesgenoſſen zu Gebot ſtanden. Sofort ließ er
rechts und links aufrücken in die Dispoſition der üblichen Schlacht-
ordnung, während ſich ſeine Generale um ihn zur Berathung
verſammelten. Einige widerriethen den Kampf, namentlich der
vorſichtige Parmenion: es ſei rathſam, ſich vorerſt an dem Ufer des
Fluſſes zu lagern, denn der Feind, an Fußvolk ſchwächer, werde
nicht wagen, in der Nähe der Macedonier zu übernachten, er werde
ſich zurückziehen und es ſo möglich machen, daß man am andern
Morgen, bevor die Perſer ausgerückt und aufgeſtellt ſeien, den
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/125>, abgerufen am 24.11.2024.
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