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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Und mag den Strandenden geleiten,
Du wärst ein Fluch für alle Zeiten!
Doch wo der tolle Braunschweig sengt,
Da ist die Gnade gar verdrängt,
Wenn, des Corsaren Flagge gleich,
Sein Banner weht im Flammenreich,
Sein Banner, rothen Blutes helle,
Mit "Tout pour Dieu et tout pour Elle!"
Die Kirchen ihres Schmuckes baar,
Die Priester am Altar erschlagen,
Sie können ohne Worte sagen,
Daß hier der tolle Herzog war.
So diese stille Gegend auch
In ihrem Abendfriedenhauch;
Sie ruht, doch wie in Schreck erstarrt,
Und todtbereit des Schlages harrt.
Noch hat die Flur kein Feind betreten,
Noch zittert nur die fromme Luft
Vom Klang der Glocke, welche ruft
Die Klosterfrauen zu Gebeten,
Wo dort aus dichter Buchen Kranz
Sich Meteln4 hebt im Abendglanz.
Ach, mancher Seufzer quillt hinauf!
Und stöhnend manche Stimme bricht
Der schonungslosen Hora Pflicht.
Bei jeder Pause horcht man auf:
Und dann die Melodie sich hebt,
So angstvoll wie die Taube bebt,
Wenn über ihr der Falke schwebt.
Ein Landmann, heimgekehrt vom Pfluge,

Und mag den Strandenden geleiten,
Du wärſt ein Fluch für alle Zeiten!
Doch wo der tolle Braunſchweig ſengt,
Da iſt die Gnade gar verdrängt,
Wenn, des Corſaren Flagge gleich,
Sein Banner weht im Flammenreich,
Sein Banner, rothen Blutes helle,
Mit „Tout pour Dieu et tout pour Elle!“
Die Kirchen ihres Schmuckes baar,
Die Prieſter am Altar erſchlagen,
Sie können ohne Worte ſagen,
Daß hier der tolle Herzog war.
So dieſe ſtille Gegend auch
In ihrem Abendfriedenhauch;
Sie ruht, doch wie in Schreck erſtarrt,
Und todtbereit des Schlages harrt.
Noch hat die Flur kein Feind betreten,
Noch zittert nur die fromme Luft
Vom Klang der Glocke, welche ruft
Die Kloſterfrauen zu Gebeten,
Wo dort aus dichter Buchen Kranz
Sich Meteln4 hebt im Abendglanz.
Ach, mancher Seufzer quillt hinauf!
Und ſtöhnend manche Stimme bricht
Der ſchonungsloſen Hora Pflicht.
Bei jeder Pauſe horcht man auf:
Und dann die Melodie ſich hebt,
So angſtvoll wie die Taube bebt,
Wenn über ihr der Falke ſchwebt.
Ein Landmann, heimgekehrt vom Pfluge,

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[495/0509] Und mag den Strandenden geleiten, Du wärſt ein Fluch für alle Zeiten! Doch wo der tolle Braunſchweig ſengt, Da iſt die Gnade gar verdrängt, Wenn, des Corſaren Flagge gleich, Sein Banner weht im Flammenreich, Sein Banner, rothen Blutes helle, Mit „Tout pour Dieu et tout pour Elle!“ Die Kirchen ihres Schmuckes baar, Die Prieſter am Altar erſchlagen, Sie können ohne Worte ſagen, Daß hier der tolle Herzog war. So dieſe ſtille Gegend auch In ihrem Abendfriedenhauch; Sie ruht, doch wie in Schreck erſtarrt, Und todtbereit des Schlages harrt. Noch hat die Flur kein Feind betreten, Noch zittert nur die fromme Luft Vom Klang der Glocke, welche ruft Die Kloſterfrauen zu Gebeten, Wo dort aus dichter Buchen Kranz Sich Meteln4 hebt im Abendglanz. Ach, mancher Seufzer quillt hinauf! Und ſtöhnend manche Stimme bricht Der ſchonungsloſen Hora Pflicht. Bei jeder Pauſe horcht man auf: Und dann die Melodie ſich hebt, So angſtvoll wie die Taube bebt, Wenn über ihr der Falke ſchwebt. Ein Landmann, heimgekehrt vom Pfluge,

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/509>, abgerufen am 05.05.2024.