Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Hat alle Sinne aufgestört;
Er glaubte in des Windes Zuge
Zu horchen wüster Stimmen Schall,
Und war es Furcht was ihn bethört,
Doch hatte jedes Ohr gehört
Des donnernden Geschützes Hall.
Es ist gewiß, sie sind bedroht,
Die Hülfe fern und groß die Noth.

Und hier an diesem Weiher klar
Saß damals kleiner Mädchen Schaar;
Nichts wußten die von Furcht und Scheu,
Und spielten an dem Borde frei.
Sie warfen flacher Steinchen Scheiben,
Die tanzend blanke Tropfen sprühn;
Dann pflückten Blumen sie und Grün,
Und sah'n sie mit den Wellen treiben,
Und schauten in den Spiegel ein,
Und ordneten die Mützchen fein;
Denn sey ein Mädchen noch so klein,
Es mag sich gerne zierlich wähnen.
Auch haschten sie nach den Phalänen,
Die summend kreisen über'n Teich.
Es war ein holdes Friedensreich,
Der grüne Bord, die leisen Wellen
Und diese tändelnden Gesellen.
Doch still! -- Die Mädchen schauern auf. --
Was steigt dort hinterm Dickicht auf?
Es stampft und knackt, es schnaubt und klirrt,
Dazwischen es wie Sensen schwirrt.

Hat alle Sinne aufgeſtört;
Er glaubte in des Windes Zuge
Zu horchen wüſter Stimmen Schall,
Und war es Furcht was ihn bethört,
Doch hatte jedes Ohr gehört
Des donnernden Geſchützes Hall.
Es iſt gewiß, ſie ſind bedroht,
Die Hülfe fern und groß die Noth.

Und hier an dieſem Weiher klar
Saß damals kleiner Mädchen Schaar;
Nichts wußten die von Furcht und Scheu,
Und ſpielten an dem Borde frei.
Sie warfen flacher Steinchen Scheiben,
Die tanzend blanke Tropfen ſprühn;
Dann pflückten Blumen ſie und Grün,
Und ſah'n ſie mit den Wellen treiben,
Und ſchauten in den Spiegel ein,
Und ordneten die Mützchen fein;
Denn ſey ein Mädchen noch ſo klein,
Es mag ſich gerne zierlich wähnen.
Auch haſchten ſie nach den Phalänen,
Die ſummend kreiſen über'n Teich.
Es war ein holdes Friedensreich,
Der grüne Bord, die leiſen Wellen
Und dieſe tändelnden Geſellen.
Doch ſtill! — Die Mädchen ſchauern auf. —
Was ſteigt dort hinterm Dickicht auf?
Es ſtampft und knackt, es ſchnaubt und klirrt,
Dazwiſchen es wie Senſen ſchwirrt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="3">
                <pb facs="#f0510" n="496"/>
                <l>Hat alle Sinne aufge&#x017F;tört;</l><lb/>
                <l>Er glaubte in des Windes Zuge</l><lb/>
                <l>Zu horchen wü&#x017F;ter Stimmen Schall,</l><lb/>
                <l>Und war es Furcht was ihn bethört,</l><lb/>
                <l>Doch hatte jedes Ohr gehört</l><lb/>
                <l>Des donnernden Ge&#x017F;chützes Hall.</l><lb/>
                <l>Es i&#x017F;t gewiß, &#x017F;ie &#x017F;ind bedroht,</l><lb/>
                <l>Die Hülfe fern und groß die Noth.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>Und hier an die&#x017F;em Weiher klar</l><lb/>
                <l>Saß damals kleiner Mädchen Schaar;</l><lb/>
                <l>Nichts wußten die von Furcht und Scheu,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;pielten an dem Borde frei.</l><lb/>
                <l>Sie warfen flacher Steinchen Scheiben,</l><lb/>
                <l>Die tanzend blanke Tropfen &#x017F;prühn;</l><lb/>
                <l>Dann pflückten Blumen &#x017F;ie und Grün,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;ah'n &#x017F;ie mit den Wellen treiben,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;chauten in den Spiegel ein,</l><lb/>
                <l>Und ordneten die Mützchen fein;</l><lb/>
                <l>Denn &#x017F;ey ein Mädchen noch &#x017F;o klein,</l><lb/>
                <l>Es mag &#x017F;ich gerne zierlich wähnen.</l><lb/>
                <l>Auch ha&#x017F;chten &#x017F;ie nach den Phalänen,</l><lb/>
                <l>Die &#x017F;ummend krei&#x017F;en über'n Teich.</l><lb/>
                <l>Es war ein holdes Friedensreich,</l><lb/>
                <l>Der grüne Bord, die lei&#x017F;en Wellen</l><lb/>
                <l>Und die&#x017F;e tändelnden Ge&#x017F;ellen.</l><lb/>
                <l>Doch &#x017F;till! &#x2014; Die Mädchen &#x017F;chauern auf. &#x2014;</l><lb/>
                <l>Was &#x017F;teigt dort hinterm Dickicht auf?</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;tampft und knackt, es &#x017F;chnaubt und klirrt,</l><lb/>
                <l>Dazwi&#x017F;chen es wie Sen&#x017F;en &#x017F;chwirrt.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[496/0510] Hat alle Sinne aufgeſtört; Er glaubte in des Windes Zuge Zu horchen wüſter Stimmen Schall, Und war es Furcht was ihn bethört, Doch hatte jedes Ohr gehört Des donnernden Geſchützes Hall. Es iſt gewiß, ſie ſind bedroht, Die Hülfe fern und groß die Noth. Und hier an dieſem Weiher klar Saß damals kleiner Mädchen Schaar; Nichts wußten die von Furcht und Scheu, Und ſpielten an dem Borde frei. Sie warfen flacher Steinchen Scheiben, Die tanzend blanke Tropfen ſprühn; Dann pflückten Blumen ſie und Grün, Und ſah'n ſie mit den Wellen treiben, Und ſchauten in den Spiegel ein, Und ordneten die Mützchen fein; Denn ſey ein Mädchen noch ſo klein, Es mag ſich gerne zierlich wähnen. Auch haſchten ſie nach den Phalänen, Die ſummend kreiſen über'n Teich. Es war ein holdes Friedensreich, Der grüne Bord, die leiſen Wellen Und dieſe tändelnden Geſellen. Doch ſtill! — Die Mädchen ſchauern auf. — Was ſteigt dort hinterm Dickicht auf? Es ſtampft und knackt, es ſchnaubt und klirrt, Dazwiſchen es wie Senſen ſchwirrt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/510
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/510>, abgerufen am 25.11.2024.