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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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An die Weltverbesserer.
Pochest du an -- poch' nicht zu laut,
Eh du geprüft des Nachhalls Dauer.
Drückst du die Hand -- drück nicht zu traut,
Eh du gefragt des Herzens Schauer.
Wirfst du den Stein -- bedenke wohl,
Wie weit ihn deine Hand wird treiben.
Oft schreckt ein Echo, dumpf und hohl,
Reicht goldne Hand dir den Obol,
Oft trifft ein Wurf des Nachbars Scheiben.
Höhlen giebt es am Meeresstrand,
Gewalt'ge Stalaktitendome,
Wo bläulich zuckt der Fackeln Brand,
Und Kähne gleiten wie Phantome.
Das Ruder schläft, der Schiffer legt
Die Hand dir angstvoll auf die Lippe,
Ein Räuspern nur, ein Fuß geregt,
Und donnernd überm Haupte schlägt
Zusammen dir die Riesenklippe.
Und Hände giebts im Orient,
Wie Schwäne weiß, mit blauen Malen,
In denen zwiefach Feuer brennt,
Als gelt' es Liebesglut zu zahlen;
Ein leichter Thau hat sie genäßt,
An die Weltverbeſſerer.
Pocheſt du an — poch' nicht zu laut,
Eh du geprüft des Nachhalls Dauer.
Drückſt du die Hand — drück nicht zu traut,
Eh du gefragt des Herzens Schauer.
Wirfſt du den Stein — bedenke wohl,
Wie weit ihn deine Hand wird treiben.
Oft ſchreckt ein Echo, dumpf und hohl,
Reicht goldne Hand dir den Obol,
Oft trifft ein Wurf des Nachbars Scheiben.
Höhlen giebt es am Meeresſtrand,
Gewalt'ge Stalaktitendome,
Wo bläulich zuckt der Fackeln Brand,
Und Kähne gleiten wie Phantome.
Das Ruder ſchläft, der Schiffer legt
Die Hand dir angſtvoll auf die Lippe,
Ein Räuſpern nur, ein Fuß geregt,
Und donnernd überm Haupte ſchlägt
Zuſammen dir die Rieſenklippe.
Und Hände giebts im Orient,
Wie Schwäne weiß, mit blauen Malen,
In denen zwiefach Feuer brennt,
Als gelt' es Liebesglut zu zahlen;
Ein leichter Thau hat ſie genäßt,
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[27/0041] An die Weltverbeſſerer. Pocheſt du an — poch' nicht zu laut, Eh du geprüft des Nachhalls Dauer. Drückſt du die Hand — drück nicht zu traut, Eh du gefragt des Herzens Schauer. Wirfſt du den Stein — bedenke wohl, Wie weit ihn deine Hand wird treiben. Oft ſchreckt ein Echo, dumpf und hohl, Reicht goldne Hand dir den Obol, Oft trifft ein Wurf des Nachbars Scheiben. Höhlen giebt es am Meeresſtrand, Gewalt'ge Stalaktitendome, Wo bläulich zuckt der Fackeln Brand, Und Kähne gleiten wie Phantome. Das Ruder ſchläft, der Schiffer legt Die Hand dir angſtvoll auf die Lippe, Ein Räuſpern nur, ein Fuß geregt, Und donnernd überm Haupte ſchlägt Zuſammen dir die Rieſenklippe. Und Hände giebts im Orient, Wie Schwäne weiß, mit blauen Malen, In denen zwiefach Feuer brennt, Als gelt' es Liebesglut zu zahlen; Ein leichter Thau hat ſie genäßt,

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/41>, abgerufen am 07.10.2024.