Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Ein leises Zittern sie umflogen,
Sie fassen krampfhaft, drücken fest --
Hinweg, hinweg! du hast die Pest
In deine Poren eingesogen!

Auch hat ein Dämon einst gesandt
Den gift'gen Pfeil zum Himmelsbogen;
Dort rührt ihn eines Gottes Hand,
Nun starrt er in den Aetherwogen.
Und läßt der Zauber nach, dann wird
Er niederprallen mit Geschmetter,
Daß das Gebirg' in Scherben klirrt,
Und durch der Erde Adern irrt
Fortan das Gift der Höllengötter.
Drum poche sacht, du weißt es nicht
Was dir mag überm Haupte schwanken;
Drum drücke sacht, der Augen Licht
Wohl siehst du, doch nicht der Gedanken,
Wirf nicht den Stein zu jener Höh'
Wo dir gestaltlos Form und Wege,
Und schnelltest du ihn einmal je,
So fall auf deine Knie und fleh',
Daß ihn ein Gott berühren möge.

Ein leiſes Zittern ſie umflogen,
Sie faſſen krampfhaft, drücken feſt —
Hinweg, hinweg! du haſt die Peſt
In deine Poren eingeſogen!

Auch hat ein Dämon einſt geſandt
Den gift'gen Pfeil zum Himmelsbogen;
Dort rührt ihn eines Gottes Hand,
Nun ſtarrt er in den Aetherwogen.
Und läßt der Zauber nach, dann wird
Er niederprallen mit Geſchmetter,
Daß das Gebirg' in Scherben klirrt,
Und durch der Erde Adern irrt
Fortan das Gift der Höllengötter.
Drum poche ſacht, du weißt es nicht
Was dir mag überm Haupte ſchwanken;
Drum drücke ſacht, der Augen Licht
Wohl ſiehſt du, doch nicht der Gedanken,
Wirf nicht den Stein zu jener Höh'
Wo dir geſtaltlos Form und Wege,
Und ſchnellteſt du ihn einmal je,
So fall auf deine Knie und fleh',
Daß ihn ein Gott berühren möge.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="3">
              <pb facs="#f0042" n="28"/>
              <l>Ein lei&#x017F;es Zittern &#x017F;ie umflogen,</l><lb/>
              <l>Sie fa&#x017F;&#x017F;en krampfhaft, drücken fe&#x017F;t &#x2014;</l><lb/>
              <l>Hinweg, hinweg! du ha&#x017F;t die Pe&#x017F;t</l><lb/>
              <l>In deine Poren einge&#x017F;ogen!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Auch hat ein Dämon ein&#x017F;t ge&#x017F;andt</l><lb/>
              <l>Den gift'gen Pfeil zum Himmelsbogen;</l><lb/>
              <l>Dort rührt ihn eines Gottes Hand,</l><lb/>
              <l>Nun &#x017F;tarrt er in den Aetherwogen.</l><lb/>
              <l>Und läßt der Zauber nach, dann wird</l><lb/>
              <l>Er niederprallen mit Ge&#x017F;chmetter,</l><lb/>
              <l>Daß das Gebirg' in Scherben klirrt,</l><lb/>
              <l>Und durch der Erde Adern irrt</l><lb/>
              <l>Fortan das Gift der Höllengötter.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="5">
              <l>Drum poche &#x017F;acht, du weißt es nicht</l><lb/>
              <l>Was dir mag überm Haupte &#x017F;chwanken;</l><lb/>
              <l>Drum drücke &#x017F;acht, der Augen Licht</l><lb/>
              <l>Wohl &#x017F;ieh&#x017F;t du, doch nicht der Gedanken,</l><lb/>
              <l>Wirf nicht den Stein zu jener Höh'</l><lb/>
              <l>Wo dir ge&#x017F;taltlos Form und Wege,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;chnellte&#x017F;t du ihn einmal je,</l><lb/>
              <l>So fall auf deine Knie und fleh',</l><lb/>
              <l>Daß ihn ein Gott berühren möge.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0042] Ein leiſes Zittern ſie umflogen, Sie faſſen krampfhaft, drücken feſt — Hinweg, hinweg! du haſt die Peſt In deine Poren eingeſogen! Auch hat ein Dämon einſt geſandt Den gift'gen Pfeil zum Himmelsbogen; Dort rührt ihn eines Gottes Hand, Nun ſtarrt er in den Aetherwogen. Und läßt der Zauber nach, dann wird Er niederprallen mit Geſchmetter, Daß das Gebirg' in Scherben klirrt, Und durch der Erde Adern irrt Fortan das Gift der Höllengötter. Drum poche ſacht, du weißt es nicht Was dir mag überm Haupte ſchwanken; Drum drücke ſacht, der Augen Licht Wohl ſiehſt du, doch nicht der Gedanken, Wirf nicht den Stein zu jener Höh' Wo dir geſtaltlos Form und Wege, Und ſchnellteſt du ihn einmal je, So fall auf deine Knie und fleh', Daß ihn ein Gott berühren möge.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/42
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/42>, abgerufen am 07.10.2024.