Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Die Sünderin. an dem Ufer eines See's unter das junge duftige Gründes Laubes. Die Nacht war so schön. Am Himmel funkelten die Sterne, und ihr Licht zitterte blitzend auf dem stillen Spiegel des See's, die nächtigen Gebüsche rauschten, die Blüthen hauchten einen wollüstigen Duft, und eine Nachtigall schlug aus der Ferne leise, schmel¬ zende Liebestöne. Das Mädchen saß in verzehrender, träumerischer Gluth, ihre Seele war ein flammendes, schwelgerisches Gebet. Der junge Mann schlug seinen Arm um ihren Leib, seine Worte tönten weich und ver¬ lockend in ihr Ohr, und als er einen Kuß, den ersten brennenden Kuß, auf ihre durstigen Lippen drückte, durch¬ zuckte ein banges und doch so süßes, schwellendes Zagen ihr ganzes Wesen. Sie schmiegte sich inniger und doch zitternd an ihn an. Das dunkle Laub rauschte mächtiger, die weißen Blätter fielen feucht und tro¬ pfend auf ihre warmen Schultern, eine Sternschnuppe fuhr durch den nächtigen Himmel und ihr Widerschein sprühte funkelnd über den leichtbewegten Spiegel des See's. Als die silberne Mondscheibe am Himmel auftauchte, Die Suͤnderin. an dem Ufer eines See's unter das junge duftige Gruͤndes Laubes. Die Nacht war ſo ſchoͤn. Am Himmel funkelten die Sterne, und ihr Licht zitterte blitzend auf dem ſtillen Spiegel des See's, die naͤchtigen Gebuͤſche rauſchten, die Bluͤthen hauchten einen wolluͤſtigen Duft, und eine Nachtigall ſchlug aus der Ferne leiſe, ſchmel¬ zende Liebeſtoͤne. Das Maͤdchen ſaß in verzehrender, traͤumeriſcher Gluth, ihre Seele war ein flammendes, ſchwelgeriſches Gebet. Der junge Mann ſchlug ſeinen Arm um ihren Leib, ſeine Worte toͤnten weich und ver¬ lockend in ihr Ohr, und als er einen Kuß, den erſten brennenden Kuß, auf ihre durſtigen Lippen druͤckte, durch¬ zuckte ein banges und doch ſo ſuͤßes, ſchwellendes Zagen ihr ganzes Weſen. Sie ſchmiegte ſich inniger und doch zitternd an ihn an. Das dunkle Laub rauſchte maͤchtiger, die weißen Blaͤtter fielen feucht und tro¬ pfend auf ihre warmen Schultern, eine Sternſchnuppe fuhr durch den naͤchtigen Himmel und ihr Widerſchein ſpruͤhte funkelnd uͤber den leichtbewegten Spiegel des See's. Als die ſilberne Mondſcheibe am Himmel auftauchte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0088" n="74"/><fw place="top" type="header">Die Suͤnderin.<lb/></fw>an dem Ufer eines See's unter das junge duftige Gruͤn<lb/> des Laubes. Die Nacht war ſo ſchoͤn. Am Himmel<lb/> funkelten die Sterne, und ihr Licht zitterte blitzend auf<lb/> dem ſtillen Spiegel des See's, die naͤchtigen Gebuͤſche<lb/> rauſchten, die Bluͤthen hauchten einen wolluͤſtigen Duft,<lb/> und eine Nachtigall ſchlug aus der Ferne leiſe, ſchmel¬<lb/> zende Liebeſtoͤne. Das Maͤdchen ſaß in verzehrender,<lb/> traͤumeriſcher Gluth, ihre Seele war ein flammendes,<lb/> ſchwelgeriſches Gebet. Der junge Mann ſchlug ſeinen<lb/> Arm um ihren Leib, ſeine Worte toͤnten weich und ver¬<lb/> lockend in ihr Ohr, und als er einen Kuß, den erſten<lb/> brennenden Kuß, auf ihre durſtigen Lippen druͤckte, durch¬<lb/> zuckte ein banges und doch ſo ſuͤßes, ſchwellendes Zagen<lb/> ihr ganzes Weſen. Sie ſchmiegte ſich inniger und<lb/> doch zitternd an ihn an. Das dunkle Laub rauſchte<lb/> maͤchtiger, die weißen Blaͤtter fielen feucht und tro¬<lb/> pfend auf ihre warmen Schultern, eine Sternſchnuppe<lb/> fuhr durch den naͤchtigen Himmel und ihr Widerſchein<lb/> ſpruͤhte funkelnd uͤber den leichtbewegten Spiegel des<lb/> See's.</p><lb/> <p>Als die ſilberne Mondſcheibe am Himmel auftauchte,<lb/> ordnete das Maͤdchen bang und bewegt ihr feuchtes Haar.<lb/> Sie war gefallen, eine Suͤnderin, — und aus Liebe?<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [74/0088]
Die Suͤnderin.
an dem Ufer eines See's unter das junge duftige Gruͤn
des Laubes. Die Nacht war ſo ſchoͤn. Am Himmel
funkelten die Sterne, und ihr Licht zitterte blitzend auf
dem ſtillen Spiegel des See's, die naͤchtigen Gebuͤſche
rauſchten, die Bluͤthen hauchten einen wolluͤſtigen Duft,
und eine Nachtigall ſchlug aus der Ferne leiſe, ſchmel¬
zende Liebeſtoͤne. Das Maͤdchen ſaß in verzehrender,
traͤumeriſcher Gluth, ihre Seele war ein flammendes,
ſchwelgeriſches Gebet. Der junge Mann ſchlug ſeinen
Arm um ihren Leib, ſeine Worte toͤnten weich und ver¬
lockend in ihr Ohr, und als er einen Kuß, den erſten
brennenden Kuß, auf ihre durſtigen Lippen druͤckte, durch¬
zuckte ein banges und doch ſo ſuͤßes, ſchwellendes Zagen
ihr ganzes Weſen. Sie ſchmiegte ſich inniger und
doch zitternd an ihn an. Das dunkle Laub rauſchte
maͤchtiger, die weißen Blaͤtter fielen feucht und tro¬
pfend auf ihre warmen Schultern, eine Sternſchnuppe
fuhr durch den naͤchtigen Himmel und ihr Widerſchein
ſpruͤhte funkelnd uͤber den leichtbewegten Spiegel des
See's.
Als die ſilberne Mondſcheibe am Himmel auftauchte,
ordnete das Maͤdchen bang und bewegt ihr feuchtes Haar.
Sie war gefallen, eine Suͤnderin, — und aus Liebe?
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