jungen, schmucken Kellnerin. Sie kamen öfter, und es kamen auch Andere regelmäßiger, die sonst nur zufällig gekommen waren. Der Wirth wußte das zu schätzen, und hielt das Mädchen fast wie sein eigenes Kind. Sie fühlte sich sehr zufrieden und glücklich.
Ihr Geschäft machte es nothwendig, daß sie sich mit den Gästen hin und wieder unterhalten mußte. Wenn sie ihnen die Getränke brachte, wurde sie gewöhnlich in's Gespräch gezogen, und die jungen Leute füllten ihr Ohr mit lustigen Geschichten und einschmeichelnden Reden. Unter ihnen war Einer, auf den sie vorzugsweise den offensten Eindruck machte. Er war stiller und gesetzter, als die Andern, seine Worte klangen so einfach und na¬ türlich, und seine Augen blickten so treuherzig, er schien eine reine brüderliche Theilnahme für sie zu empfinden. Er sprach ihr nie von Liebe, und sie selbst dachte nicht daran. Sie fand ein unschuldiges, fast unbewußtes Ge¬ fallen an ihm, ihre Seele träumte von keiner Gefahr. Sie saß wohl öfter und länger bei ihm, als bei den Andern, aber geschah es nicht unwillkührlich? Kam er nicht meist gerade zu solchen Stunden, wo das Lokal weniger besucht, wo sie geringer beschäftigt war? Sie hörte ihm gern zu, aber sprach er nicht so ruhig und
Die Suͤnderin.
jungen, ſchmucken Kellnerin. Sie kamen oͤfter, und es kamen auch Andere regelmaͤßiger, die ſonſt nur zufaͤllig gekommen waren. Der Wirth wußte das zu ſchaͤtzen, und hielt das Maͤdchen faſt wie ſein eigenes Kind. Sie fuͤhlte ſich ſehr zufrieden und gluͤcklich.
Ihr Geſchaͤft machte es nothwendig, daß ſie ſich mit den Gaͤſten hin und wieder unterhalten mußte. Wenn ſie ihnen die Getraͤnke brachte, wurde ſie gewoͤhnlich in's Geſpraͤch gezogen, und die jungen Leute fuͤllten ihr Ohr mit luſtigen Geſchichten und einſchmeichelnden Reden. Unter ihnen war Einer, auf den ſie vorzugsweiſe den offenſten Eindruck machte. Er war ſtiller und geſetzter, als die Andern, ſeine Worte klangen ſo einfach und na¬ tuͤrlich, und ſeine Augen blickten ſo treuherzig, er ſchien eine reine bruͤderliche Theilnahme fuͤr ſie zu empfinden. Er ſprach ihr nie von Liebe, und ſie ſelbſt dachte nicht daran. Sie fand ein unſchuldiges, faſt unbewußtes Ge¬ fallen an ihm, ihre Seele traͤumte von keiner Gefahr. Sie ſaß wohl oͤfter und laͤnger bei ihm, als bei den Andern, aber geſchah es nicht unwillkuͤhrlich? Kam er nicht meiſt gerade zu ſolchen Stunden, wo das Lokal weniger beſucht, wo ſie geringer beſchaͤftigt war? Sie hoͤrte ihm gern zu, aber ſprach er nicht ſo ruhig und
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Die Suͤnderin.
jungen, ſchmucken Kellnerin. Sie kamen oͤfter, und es
kamen auch Andere regelmaͤßiger, die ſonſt nur zufaͤllig
gekommen waren. Der Wirth wußte das zu ſchaͤtzen,
und hielt das Maͤdchen faſt wie ſein eigenes Kind. Sie
fuͤhlte ſich ſehr zufrieden und gluͤcklich.
Ihr Geſchaͤft machte es nothwendig, daß ſie ſich mit
den Gaͤſten hin und wieder unterhalten mußte. Wenn
ſie ihnen die Getraͤnke brachte, wurde ſie gewoͤhnlich in's
Geſpraͤch gezogen, und die jungen Leute fuͤllten ihr Ohr
mit luſtigen Geſchichten und einſchmeichelnden Reden.
Unter ihnen war Einer, auf den ſie vorzugsweiſe den
offenſten Eindruck machte. Er war ſtiller und geſetzter,
als die Andern, ſeine Worte klangen ſo einfach und na¬
tuͤrlich, und ſeine Augen blickten ſo treuherzig, er ſchien
eine reine bruͤderliche Theilnahme fuͤr ſie zu empfinden.
Er ſprach ihr nie von Liebe, und ſie ſelbſt dachte nicht
daran. Sie fand ein unſchuldiges, faſt unbewußtes Ge¬
fallen an ihm, ihre Seele traͤumte von keiner Gefahr.
Sie ſaß wohl oͤfter und laͤnger bei ihm, als bei den
Andern, aber geſchah es nicht unwillkuͤhrlich? Kam er
nicht meiſt gerade zu ſolchen Stunden, wo das Lokal
weniger beſucht, wo ſie geringer beſchaͤftigt war? Sie
hoͤrte ihm gern zu, aber ſprach er nicht ſo ruhig und
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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/86>, abgerufen am 07.07.2024.
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